41 - Unter heisser Sonne
von dessen indischen Taten man mit jeder Post auch Neues hört. Ihr Held muß übrigens die Küste der Bretagne und den Hafen von Brest ganz genau kennen.“
„Dies ist der Fall, denn er ist in der Bretagne geboren.“
„Auch Robert Surcouf ist ein Breton. Wie ist der Name Ihres Mannes? Es ist sehr notwendig, ihn sich zu merken, denn man wird seinen Besitzer brauchen können.“
„Majestät haben ihn bereits zweimal genannt.“
„Ah! Surcouf ist es? Wirklich Surcouf?“
„Er selbst, Sire.“
„Dann glaube ich an die Wegnahme der Fregatte. Es ist dies ein Meisterstück, welches ihm niemand nachmachen wird. Man wird diesen Mann festzuhalten suchen, ihm einstweilen ein Linienschiff und dann eine Escadre geben. Merken Sie sich das; es ist mein Wille!“
„Ich danke Ew. Majestät in seinem Namen. Er bringt uns nicht nur die eroberte Fregatte, sondern auch Berichte, Briefe und Gelder von Isle de France und Isle Bourbon. Der Gouverneur von Isle de France meldet mir, daß er in den letzten drei Monaten elf Schiffe von Surcouf übernommen hat, welche dieser kühne Parteigänger den Engländern wegnahm. Frankreich hat Surcouf nicht nur diese außerordentliche Schädigung des Feindes, sondern auch die durch den Verkauf dieser Prisen und die Verwertung ihrer Ladungen erlangten großen Summen zu verdanken. Ich gestatte mir die Bemerkung, daß ich überzeugt bin, dieser noch so junge Breton könnte den Engländern furchtbar werden, wenn man ihm erlaubt, sich an der rechten Stelle zu befinden. Und dabei ist er bescheiden und anspruchslos, wie ich selten einen Mann von seinen Verdiensten gefunden habe.“
„Wie, Sie kennen ihn?“ fragte der Kaiser rasch.
„Verzeihung, Sire! Ich vergaß, zu sagen, daß er mich gestern um eine Audienz bat, die ich ihm heut gewährte.“
„So befindet er sich in Paris?“
„Er ist hier, um einen Prozeß gegen den Gouverneur von Isle de France zu betreiben, welcher sich weigert, ihm den Erlös einiger Prisen auszubezahlen.“
„Wie hoch ist die Summe?“
„Gegen anderthalb Millionen Francs. Er hat gegen den Gouverneur bereits einen ähnlichen Prozeß gewonnen, wo sich der gesetzgebende Körper für Surcouf entschied. Es handelte sich dabei um rund siebenmalhunderttausend Francs.“
„Solch ein Kaper verdient ja ungeheuere Summen!“
„Nur ein Kaper von dem Unternehmungsgeist und der Einsicht Surcoufs. Aber Majestät mögen geruhen, an die Summe zu denken, welche er braucht, um stets seetüchtig zu sein. Übrigens weiß man genau, daß Surcouf nicht einen Franken für sich behält; er ist der Vater, der Freund, der Schatzmeister unserer indischen Ansiedlungen, welche leider so oft allein nur auf seinen Schutz und seine Freigiebigkeit angewiesen sind.“
„Wird er seinen Prozeß gewinnen?“
„Ich zweifle keinen Augenblick!“
„So kann ich diese Angelegenheit selbst begleichen, ohne der Gerechtigkeit durch eine décision arbitraire Eintrag zu tun. Kann man diesen Surcouf einmal wie durch Zufall sehen?“
„Ich habe mit ihm zu sprechen. Wollen Ew. Majestät befehlen, wann dies bei mir zu geschehen hat?“
„Elf Uhr morgen. Sie werden dafür sorgen, daß er pünktlich ist. Wie steht es mit seinem Anteil an der Fregatte?“
„Man ist bereits daran, das Fahrzeug zu taxieren.“
„Man kann dies unterlassen; ich selbst werde Surcouf entschädigen!“ – – –
In der Vorstadt Poissonnière stand ein Gasthaus. Es war zwar kein feines Hotel, aber eine recht angenehme Auberge, und der Wirt desselben pflegte, wie allen seinen Besuchern bekannt war, sich nur mit anständigen Gästen zu befassen. Es war der gute Oncle Carditon, der einem jeden, welcher es hören wollte, sehr ausführlich erzählte, daß er zuvor eine Taverne in Toulon besessen habe, doch mit Hilfe des berühmten Kapitän Surcouf in seinen Verhältnissen so weit vorwärts gekommen sei, daß er nach Paris ziehen und sich die hübsche Auberge kaufen konnte.
Seit gestern abend befand sich Oncle Carditon in einer sehr gehobenen Stimmung und zugleich in einer ungewöhnlichen Geschäftigkeit: Robert Surcouf hatte Quartier bei ihm genommen, und zwar nicht allein, sondern mit seinem Lieutenant Bert Ervillard, seinem Segelmeister Holmers und noch einigen Leuten des ‚Falken‘. Dieser liebe Besuch mußte natürlich auf das beste und sorgsamste bedient werden, und darum ist es kein Wunder, daß Oncle Carditon für andere nicht gar viel Zeit übrig hatte.
Der gute Oncle Carditon war außerordentlich stolz
Weitere Kostenlose Bücher