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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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lange mußt du heute bei Mutter Smolly sein?“
    „Bis zehn Uhr, dann bin ich frei.“
    „So sorge, daß ich von da an das Haus offen finde, und kleide dich sorgfältig um, damit ich nicht zu warten brauche. Es wohnt seit gestern ein Master Forster bei euch?“
    „Ja, ein sehr schöner und auch sehr lieber Gentleman.“
    „Ah, ich merke, daß es Zeit ist, dich von hier fortzunehmen. Du mußt auch ihn bedienen?“
    „Ja. Seine Zimmer sind mir von der Herrin übergeben worden, und ich führe einen separaten Schlüssel zu ihnen, damit ich während seiner Abwesenheit meine Arbeit verrichten kann.“
    „Sorge dafür, daß dieser Schlüssel hier ist, wenn ich komme.“
    „Warum? Mußt du in die Zimmer?“ fragte sie arglos.
    „Ja. Man kann von ihnen hinüber zu Olbers schauen, und ich muß einiges da drüben beobachten, ehe ich das Haus verlasse. Jetzt aber leb wohl, Sarah, und führe alles genau aus, was ich dir gesagt habe!“
    Nach einer innigen Umarmung stieg er, den Mantel zurücklassend, die Treppe wieder hinab und stand nach einigen Augenblicken wieder in dem Salon des Bankiers.
    Er war der erste Geladene und fand Marga allein vor.
    „Good evening, Miß. Master Olbers hat mir erlaubt, den letzten Abend, der mir für Stenton zugemessen ist, in Eurer Nähe zu verbringen. Darf ich mir einbilden, daß meine Gegenwart Euch nicht unangenehm ist?“
    „Die Einbildung ist eine weitverbreitete, aber schlimme Angewohnheit, Sir, und mein Gewissen läßt mir niemals zu, sie zu unterstützen!“
    Er zog die Spitze seines Schnurrbartes durch die Zähne und entgegnete:
    „Kein Mensch lebt von etwas anderem, als von dem, was er sich einbildet. Das ganze Dasein ist ein Kulissenspiel, zu dem die Täuschung ihre Lichter spendet. Reichtum und Schönheit, Geist, Macht und Ehre kommen und gehen, und nur der ist glücklich, der den Augenblick ausbeutet. Der jetzige ist einer der schönsten meines Lebens und ich darf ihn nicht vorüberlassen, ohne dies Euch gestanden zu haben.“
    Marga wollte antworten, wurde aber ihrer Rede durch den Eintritt des Vaters enthoben. Zugleich mit ihm erschienen Forster und Summerland. Ersterer hatte letzterem kein Wort über Wilson mitgeteilt; das Verhalten des Gefährten sollte ihm sagen, ob sein Verdacht auch nicht dem kleinsten Irrtum unterworfen sei.
    Der Trapper eilte auf das Mädchen zu und ergriff mit einfacher Herzlichkeit ihre Hand.
    „Da habt Ihr mich wieder, Miß, und bin ich Euch nicht willkommen, so dürft Ihr mich fortjagen, ohne daß ich Euch bös darüber bin!“
    „Bleibt nur da, mein lieber Master Summerland; ich sehe Euch herzlich gern!“
    Sie reichte auch Forster ihr Händchen entgegen.
    „Ein deutsches Willkommen, ohne Kompliment und Phrase, Sir!“
    Er wollte sich auf die zarten Finger niederbeugen, fuhr aber auf halbem Wege wieder empor. Neben ihm war ein Wort erklungen, welches für diese Umgebung verpönt sein sollte.
    „Zounds, Donnerwetter, wer ist denn das?“ Tim Summerland hatte sich von Marga hinweg zu Wilson gewandt und bei dessen Anblick diese Worte ausgestoßen. „Master Forster, seid doch so gut und seht einmal dieser Physiognomie in das Auge! Kennt Ihr ihn?“
    „Wer ist es, Tim?“
    „Ich will mich auf der Stelle zerhacken und einpökeln lassen, wenn das nicht der Pfahlmann ist, der uns überfiel, und dem Ihr später den Tomahawk über den Schädel zogt! Was hat der Mensch bei Euch zu schaffen, Master Olbers?“
    Der Bankier kam nicht zur Antwort, Wilson kam ihm zuvor.
    „Ist dieser Mann wahnsinnig?“ donnerte er. „Noch ein einziges solches Wort und ich sorge dafür, daß er die Zwangsjacke erhält!“
    „Oder du die Handschellen!“ erwiderte der Trapper in demselben Ton. „Hätte ich dich, du Bube, an einem anderen Ort gefunden, so wärst du in fünf Minuten in den Händen des Sheriffs.“
    „Geniere dich nicht! Trotzdem dich Master Olbers geladen hat, soll dir der Sheriff begreiflich gemacht werden. Da nimm hin!“
    Marga stieß einen Angstruf aus, und der Bankier retirierte in die Ecke des Salons. Wilson hatte die Faust erhoben; er trug bereits die Reisewaffen bei sich; ein Bowiemesser blitzte in seiner Rechten, während die Linke in die Brusttasche fuhr, um den Revolver hervorzunehmen. Aber schon stand Forster hinter ihm, faßte ihn bei den Hüften und schmetterte ihn mit solcher Gewalt an die Flügeltür, daß diese aufsprang und er in den Korridor stürzte. Ehe noch jemand bei ihm sein konnte, hatte Wilson sich wieder emporgerafft und

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