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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Bevölkerung der Hauptstadt sich auf dem beliebtesten Vergnügungsort Mexikos zu ergehen pflegt. Es war immerhin der möglichste Fall, daß Wilson in Mexiko sein konnte. Er hatte einen Vorsprung von nur einem Tag, und dann war anzunehmen, daß er jetzt diesen Ort, die Alameda, auch besuchen werde. Sie beschlossen daher, sich getrennt dahin zu begeben, um nach ihm zu forschen.
    Summerland ging zuerst. Forster wußte, daß er der vornehmen und schönen Welt der Stadt begegnen werde, und machte sorgfältig Toilette. Er hatte von dem Hotel nicht weit bis zu dem Gittertor dieser öffentlichen, mit Parkanlagen, Springbrunnen und Ruheplätzen versehenen Promenade, und war gleich beim Eintritt überrascht von dem prächtigen Schauspiel, welches sich ihm bot.
    Die Großen und Reichen Mexikos durchschritten lustwandelnd die sauberen Wege der Alameda, und die reichen, strahlenden Toiletten der Damen zeugten genügsam von dem Luxus, an welchen sich die Nachkommen der spanischen Eroberer gewöhnt hatten. In Seide rauschend, von luftigen Spitzengewändern umwogt, mit der reizenden malerischen Basquiña angetan und mit Diamanten und Perlen geschmückt, promenierten die schönen Frauen und Mädchen, teils nach altem Brauch verhüllt, teils auch mit offenem Visier, und dann enthüllten die zurückgeworfenen Mantillen den ganzen Zauber ihres reichsten Schmucks, ihrer funkensprühenden schwarzen Augen. Elastisch und leicht wiegten sie sich auf ihren wunderbar zierlichen Füßen; geschmeidig war jede Bewegung ihres Körpers, und das Fächerspiel, in welchem diese Damen die höchste Virtuosität besitzen, entfaltete seine größte Beredsamkeit. Wie ein Gewinde von Blumen des sonnendurchglühten Tropenlands schwebte der Strom dieser reizenden Neuspanierinnen durch den Park, und zwischen ihnen hervor prunkten die reichen Uniformen der Militärs und die minder strahlende Tracht der nicht militärischen Stände. Je mehr die Sonne sich zu den westlichen Gebirgen herniedersenkte; je feuriger im Süden die eisigen Spitzen der beiden Vulkane erglühten, desto größer und zahlreicher wurde die Menge, die sich hier spazierend bewegte oder auf den Ruheplätzen niedergelassen hatte. Sie sind reizend und schön, diese Mexikanerinnen, intrigant und untreu in der Ehe, wild und unbändig in ihrer Leidenschaft, sei es in Liebe, sei es in Haß, und wehe dem, welcher ihrer Glut mit kalter Ruhe begegnet oder sich eines Treuebruchs schuldig macht; dann scheuen ihre kleinen, weißen Hände nicht vor dem Dolch zurück, und sie wissen ihn so sicher zu führen, daß er sein Ziel fast niemals verfehlt.
    Forster wanderte langsam unter ihnen dahin und musterte jeden Begegnenden, denn eine innere Stimme sagte ihm, daß er die Reise nicht umsonst gemacht habe. Er mußte bemerken, welches Aufsehen seine prächtige, in vornehmer Nonchalance dahinschreitende Gestalt hervorrief. Hunderte von Augen blieben an ihm hängen, und ebensoviele Fächer versuchten, ihre Sprache an ihn zu richten. Er mußte an das reine, heilige Wesen denken, welches er in Stenton zurückgelassen hatte, und glitt mit gleichgültigem Blick über diese Aufmerksamkeit hin.
    Eine außerordentlich reich und vornehm gekleidete Dame begegnete ihm am Arm eines viel älteren, jedenfalls den höhern Ständen angehörenden Herrn. Sie war eine Schönheit, wie man sie nur selten zu finden vermag, und warf im Vorüberschreiten einen langen, vielsagenden Blick auf ihn. Eine Minute später kehrte er am Ende des Weges wieder um und hatte noch keinen großen Teil der Promenade wieder zurückgelegt, so erblickte er sie wieder. Auch sie hatte sich gewandt. In seiner Nähe hielt sie den Fächer, von ihrem Begleiter unbemerkt, küssend an die Lippen und traf ihn mit der ganzen Glut ihres großen, wie aus verborgenen Tiefen hervorleuchtenden Auges.
    Wie durch Zufall entfiel der Fächer ihrer Hand. Forster hob ihn auf und überreichte ihr ihn. Er war von außerordentlich feiner Arbeit und reich mit kostbaren Steinen geschmückt. Sie nahm ihn und berührte dabei mit ihren kleinen Fingern seine Hand.
    „Danke, Señor! Seid Ihr ein Fremder, da Ihr so allein promeniert?“
    Er verbeugte sich zustimmend gegen sie und ihren Begleiter, welcher diese Bewegung mit vornehmer Zurückhaltung erwiderte.
    „So ist es, Doña“, antwortete er im reinsten Spanisch.
    „Und wie findet Ihr Mexiko?“
    „Es ist die Heimat der Feen, das Land der Seligkeit, von welchem die Dichter erzählen, daß keiner zurückkehrt und jeder verloren

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