42 - Die Trommeln von Scorpio
zweifellos den Unannehmlichkeiten zu, die mit der gesamten Erfahrung verbunden war.
Sie trat vor und hob das Schwert. Der Stangsi war völlig hilflos.
»Ist das nötig?« sagte ich in hartem, steinernem Ton, und sie zuckte zusammen. Der Magor lag mit meinen Pfeilen gespickt auf der Seite. »Das Ding kann dir jetzt nichts mehr tun.«
Mit haßerfüllter Stimme sagte sie: »Dafür werde ich sorgen.« Sie schlug zu, hob das Schwert, und hieb erneut zu. Sie zerstückelte den Stangsi.
»Also hast du dich erholt«, sagte ich. »Dann können wir jetzt das Pappatu machen.«
Sie hielt das mit einer schmierigen Substanz beschmierte Schwert von sich weg. Ihre Augenbrauen hoben sich. »Bist du außer einem toten Mann auch noch ein Narr?«
Ich wollte eine respektlose Antwort geben, als sie das Schwert ausstreckte und fortfuhr: »Hier. Mach es sauber. Grak!«
Nun bin ich jederzeit gern bereit, das Schwert einer jungen Dame zu säubern. Es gehört zu der zweifelhaften Ritterlichkeit, die in meinem alten Voskschädel von Kopf herumspukt. Doch man kann Bitten auf verschiedenste Arten äußern. Ich sagte nichts. Ich ging zu dem Magor hinüber, zog mein altes Seemannsmesser und schnitt die Pfeile aus dem Fleisch. Dabei war ich nicht so verrückt, sie aus den Augen zu lassen.
Sie steigerte sich in einen Wutanfall hinein. Wie gesagt, es war eine verständliche Reaktion. Ich arbeitete schweigend weiter. »Shint!« stieß sie hervor. »Ich habe dir einen Befehl gegeben! Reinige das Schwert!«
Einer der Pfeile war tief eingedrungen, und ich mußte genauso tief schneiden, um sie herauszuziehen. Einer war an einer Schuppe zerbrochen, und das ärgerte mich. Ich sagte: »Du siehst, das es notwendig ist, die Pfeile zu retten. Es kann noch mehr Magors geben.«
»Ich sage es dir nicht noch einmal! Du beschmutzt meine Person, und nun verweigerst du mir den Gehorsam.« Sie fuchtelte wild mit dem dreckigen Schwert herum. »Was bist du nur für eine Art von Mann?«
Eine leise, schmächtige Stimme ertönte flüsternd. »Majestrix. Er ist ein Jikai – ein großer Jikai.«
Wir drehten uns beide um und sahen, daß sich das kleine Sybli-Mädchen gerade aufsetzte. Es war hübsch, da gab es keinen Zweifel. Wie Syblis so sind. Die gelbe Stickerei auf ihrem Lendenschurz und die schwarzen Perlen waren Hinweis auf einen hohen Sklavenrang.
»O Folly, du hast dich also dazu entschieden, deiner Herrin zu helfen, statt zu schlafen. Nun, säubere das Schwert, oder du wirst ausgepeitscht.«
»Ja, Herrin.«
Wenigstens schaffte das die Auseinandersetzung ums Schwertreinigen aus der Welt.
Nun hatte die Sybli-Sklavin namens Folly sich dem Magor mit einem langen, schmalen Dolch in der Faust entgegengestellt. Von dem Dolch war jetzt nichts mehr zu sehen. Anscheinend vertraute man ihr Waffen zum Reinigen an. Ich sah, daß Folly den Lendenschurz dazu benutzte, die Klinge von dem Belag zu säubern. Sie schien mit dem Schwert umgehen zu können, ohne sich zu dabei zu schneiden.
Folly hatte das Mädchen mit der Rüstung Majestrix genannt. Nur Frauen königlicher Familien werden als Majestrix angesprochen. Entweder war die hochnäsige kleine Dame Königin oder Herrscherin, zumindest aber Prinzessin. Wieder eine dieser verdammten Prinzessinnen!
Dem letzten Wortwechsel nach zu urteilen schien meine logische Verteidigung, aus welchem Grund ich ihre geheiligte Person berührt hatte, zu funktionieren. Das mit dem Schwertreinigen war Pech gewesen, schien aber vergessen zu sein. Am besten vergewisserte ich mich.
Ich sagte: »Ich bedauere, daß ich noch nicht die Ehre deiner Bekanntschaft gemacht habe. Ich bin Drajak, den man Drajak den Schnellen nennt. Lahal.«
Sie starrte mich an, aber nicht so, als hätte ich den Verstand verloren, sondern so, als wäre ich ein Rüpel, der eine Schau abzieht oder betrunken ist.
»Was soll das heißen, du kennst mich nicht?«
»Genau das, was ich damit gesagt habe.«
»Du sprichst mich als Majestrix an und verbeugst dich bis zum Boden, oder ...«
»Hör zu, Frau! Hast du noch immer nicht begriffen, daß ich nicht zu deiner Expedition gehöre? Ich weiß nicht, wer du bist! Ich weiß nur, daß du ein übellauniges kleines Mädchen bist!«
Sie keuchte, und Folly kreischte: »Oh!«
Das hübsche Gesicht der Sybli wandte sich zu mir um, wie eine Blume zur Sonne. Dabei polierte sie während der ganzen Zeit, in der sie sprach, das Schwert mit dem Lendenschurz. »Jikai, du stehst Prinzessin Licria gegenüber ...«
»Prinzessin Licria,
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