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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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familiärem Ton:
    „Sie sind der Herr Oberförster Rodenstein?“
    Jetzt endlich hatte der Hauptmann eine triftige Veranlassung, seine Blitze an den Mann zu bringen. Er stand auf, öffnete die Tür und winkte hinaus:
    „Treten Sie doch einmal zurück!“ blitzte er den Mann an.
    „Warum?“
    „Warum? Nun, sehr einfach, weil ich es wünsche!“
    „Aber ich sehe doch keinen –“
    „Hinaus!“ unterbrach ihn der Hauptmann, und zwar mit einer Stimme, welche dem Fremden durch alle Glieder fuhr.
    „Nun, wenn Sie es wünschen, so kann ich es ja wohl tun.“
    Mit diesen Worten zog er sich bis vor den Eingang zurück.
    „So ist's recht“, sagte der Oberförster. „Nun, bitte, treten Sie nochmals ein, und grüßen Sie, wie es jeder anständige Mann zu machen hat, selbst wenn er zu einem Taglöhner kommt.“
    Der Mann sperrte vor Erstaunen den Mund auf, nahm die Brille ab, putzte sie, setzte sie wieder auf und betrachtete ganz konsterniert den Hauptmann.
    „Aber, Herr Oberförster, wie kommen Sie dazu, mir hier eine Lehre geben zu wollen, die –“
    „Papperlapapp!“ unterbrach ihn der Hauptmann. „Wie kommen Sie dazu, bei mir eintreten zu wollen, ohne mich zu grüßen!“
    „Weil ich das Recht dazu habe.“
    „Das Recht? Donnerwetter! Das Recht, bei mir einzutreten, ohne mich zu grüßen, habe nur ich selber!“
    Da warf sich der Fremde in Positur und sagte mit wichtiger Miene:
    „Und ich habe das Recht, einzutreten, wo es mir beliebt.“
    „Ah! Wer sind Sie denn?“
    „Ich bin großherzoglich-hessischer Polizeikommissar. Verstanden, Herr Oberförster!“
    „So? Was ist das weiter! Und selbst wenn Sie großherzoglich-hessischer Polizeinudelmacher wären, müßten Sie dennoch grüßen. Verstanden!“
    Er schob den Mann noch weiter hinaus in den Gang und zog dann die Tür zu. Es dauerte auch kaum eine Minute, so klopfte es.
    „Herein!“ sagte der Hauptmann.
    Der Fremde öffnete und trat ein. Der höhnische Zug um seinen Mund sagte deutlich, daß die jetzige Demütigung eine scheinbare und vorläufige sei.
    „Herr Oberförster“, sagte er, „ich habe meine guten Gründe, Ihnen nachzugeben. Ich wünsche Ihnen also einen guten Morgen.“
    „Guten Morgen! Was weiter?“
    „Darf ich Sie um eine amtliche Unterredung bitten?“
    „Ich habe nicht viel Zeit übrig, machen wir es also kurz. Setzen Sie sich. Was wollen Sie?“
    „Es wohnt eine gewisse Frau Sternau in Ihrem Haus?“
    „Ja.“
    „Mit ihrer Tochter?“
    „Ja.“
    „In welcher Eigenschaft?“
    „Donnerwetter! In der Eigenschaft als Menschen wohnen sie hier bei mir. Punktum!“
    „Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß ich befugt bin, mir höfliche Antworten zu erbitten.“
    „Die bekommen Sie ja, Herr großherzoglich-hessischer Polizeikommissar!“
    „Sind außer dieser Tochter noch Kinder da?“
    „Kinder nicht, aber ein Sohn.“
    „Was ist dieser?“
    „Er ist Arzt.“
    „Wo?“
    „Hören Sie, mein Freund, ich habe weder Zeit noch Lust, ein Verhör mit mir anstellen zu lassen, dessen Grund und Zweck ich gar nicht kenne. Was ist es mit Doktor Sternau?“
    „Er wird steckbrieflich verfolgt.“
    „Steck – brief – lich!“ rief der Hauptmann. „Wie kommen Sie mir vor!“
    „Ich sage die Wahrheit. Man verfolgt ihn polizeilich von Spanien aus.“
    „Weshalb?“
    „Wegen Mordversuchs, Diebstahls, Entführung und Mitgliedschaft mit einer Räuberbande.“
    Es war ein eigentümlicher Blick, den der Hauptmann auf den Kommissar warf. Er sagte:
    „Weiter nichts? Bloß wegen solcher Lappalien?“
    „Herr Oberförster, sind dies Lappalien?“
    „Na, Sie scheinen mich also doch nicht zu verstehen; ich werde Ihnen daher meine Meinung sagen: Doktor Sternau ist ein braver Kerl wie nur irgendeiner. Ich könnte viel eher glauben, daß Sie selbst ein Mörder, ein Entführer oder das Mitglied einer Räuberbande seien als er. Ihre Behauptung ist ein purer Unsinn, und mit Unsinn habe ich nichts zu schaffen. Sind Sie wirklich großherzoglich-hessischer Polizeikommissar?“
    „Ja.“
    „Haben Sie Ihre Legitimation mit? Ich kenne Sie nicht.“
    „Herr, wie können Sie mir eine Legitimation abverlangen?“ brauste der Mann auf.
    „Weil ein jeder Schwindler auf den Gedanken geraten kann, sich für einen Polizeikommissar auszugeben. Gehen Sie, und kommen sie nicht eher wieder, als bis Sie sich legitimieren können!“
    „Wissen Sie auch, was Sie tun?“
    „Ja, das weiß ich ganz genau. Ich werde Sie nämlich hinauswerfen, wenn Sie

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