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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht freiwillig gehen!“
    „So werde ich wiederkommen, und zwar mit Unterstützung, und Sie zudem anzeigen wegen Widersetzlichkeit gegen die Obrigkeit. Sie dürfen sich keineswegs für einen selbständigen Reichsfürsten halten!“
    Da griff der Hauptmann zur Klingel, und Ludewig trat ein.
    „Ludewig!“
    „Ja, Herr Hauptmann!“
    „Dieser Kerl hier wird hinausgesteckt, und wenn dies nicht rasch genug geht, so wird er hinausgeworfen und mit den Hunden über die Grenze von Rheinswalden gejagt!“
    „Zu Befehl, Herr Hauptmann!“ antwortete der Jäger schmunzelnd, denn ein solcher Auftrag war sehr nach seinem Geschmack.
    „Und wenn er sich noch einmal bei uns sehen läßt, ohne Legitimation zu besitzen, so arretiert Ihr ihn, oder wenn er ausreißen sollte, so schießt Ihr ihm eine Ladung Schrot in die dürren Beine!“
    „Zu Befehl, Herr Hauptmann!“ Und sich zu dem Fremden kehrend, zeigte er mit gebieterischer Handbewegung nach der Tür und sagte in strengem Ton: „Allons, marsch, Bursch!“
    Der Polizist fuhr vor diesem Ton zwar zurück, aber seine Augen leuchteten auf in grimmigem Trotz.
    „Das werdet ihr mir entgelten. Ihr alle zwei!“
    „Faß an!“ gebot der Oberförster, zornig mit dem Fuß stampfend.
    Sofort packte der Jäger den Mann bei der Schulter, warf ihn in den Korridor vor und dann zur Treppe hinunter. Unten standen einige Jägerburschen müßig im Hof. Sie sahen, daß es hier gute Arbeit für sie gab, und griffen sofort zu. Der Polizist kam mit der Geschwindigkeit eines Eilzuges zum Schloß hinaus. Draußen aber ballte er die Hände und schwor dem Oberförster grimmige Rache.
    Im Schloßhof stand ein kleiner Knabe in der kleidsamen grünen Tracht eines Jägers. Es war Kurt Helmers, der fünfjährige Sohn des Steuermannes der ‚Jeffrouw Mietje‘.
    „Ludewig“, sagte er, „warum wird dieser Mann hinausgeworfen? Was hat er getan?“
    „Er hat dahier den Herrn Hauptmann beleidigt“, lautete die Antwort.
    Da machte der Kleine ein höchst zorniges Gesicht und sagte:
    „Da soll ihm doch das Wetter leuchten! Ich werde sofort einen Hinterlader holen und ihm eins auf den Pelz brennen, daß er genug hat! Wer den Herrn Hauptmann beleidigt, den schieße ich tot!“
    Der Jäger lächelte sehr zufrieden; er sah es gern, wenn sein kleiner Liebling Mut zeigte.
    „Halt!“ sagte er, als Kurt wirklich Miene machte, das Gewehr zu holen. „Auf Menschen darf man nicht so mir nichts dir nichts schießen. Aber ich weiß ein Viehzeug, welches du schießen kannst.“
    „Ein Viehzeug? Was für eins?“
    „Einen Fuchs.“
    „Einen Fuchs!“ rief der Kleine, indem seine Augen funkelten. „Wo steckt denn der Kerl?“
    „Hinten im Eichenbühl. Ich habe ihn gestern ausgefunden und werde nachher mit den Dachseln aufbrechen, um ihn abzutun.“
    „Darf ich mit?“
    „Versteht sich, wenn deine Mama es erlaubt.“
    „Ich frage sogleich!“
    Er rannte in höchster Eile dem Vorwerk zu. Dort war seine Mutter beschäftigt, das Geflügel zu füttern. Sie war eine brünette, sympathische Erscheinung, die mit den sie umgackernden und umflatternden Hühnern und Tauben einen allerliebsten Anblick bot. Der Kleine sprang mitten unter die Vögel hinein, so daß sie rechts und links auseinanderstoben, und rief mit fröhlicher Stimme:
    „Mama, Mama, ich soll ihn totschießen!“
    „Wen denn, du Wildfang du?“ fragte sie lächelnd.
    „Den Fuchs, der uns die Hühner maust.“
    „Wo ist er denn?“
    „Im Eichenbühl. Der Ludewig hat ihn ausgefunden und geht nachher hin. Darf ich mit?“
    „Ja, weil der Ludewig dabei ist.“
    Der Kleine horchte auf, zog sodann eine schmollende Miene und sagte in stolzem Ton:
    „Oh, den Ludewig, den brauche ich doch eigentlich gar nicht. So einen Fuchs schieße ich schon selber!“
    Er ging in das Haus und kam bald wieder zurück, ein Gewehr über die Schulter gehängt. Es war ein Hinterlader mit Doppellauf, den der Oberförster eigens für den Knaben bestellt und ihm dann zum Geburtstag gegeben hatte. Kurt war für seine fünf Jahre körperlich und geistig ungemein entwickelt, und es machte dem Hauptmann ungemeine Freude, sein Geburtstagsgeschenk ganz über alle Erwartung vortrefflich angewendet zu sehen; denn der kleine Knabe war bereits ein Schütze, der sich sehen lassen konnte.
    „Ich gehe, Mama“, sagte er.
    „Aber doch nicht wieder in das Wasser, wie gestern“, erinnerte sie ihn.
    „Warum nicht?“
    „Jetzt im Winter, wo der Teich zugefroren ist. Man badet doch nicht

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