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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wohlwollend. Er antwortete:
    „Ich will nach Rheinswalden. Ist es noch weit bis dahin?“
    „Nein, es ist gleich dort hinter den Eichen. Ich werde dich führen.“
    „Schön. Soll ich dir dafür den Fuchs tragen?“
    „Gott bewahre. Fällt mir gar nicht ein!“ erklärte Kurt mit energischem Kopfschütteln.
    „Aber er ist schwer!“
    „Mir nicht!“
    „Ja, ich sehe wohl, daß du stark bist. Wie alt bist du denn? Acht Jahre?“
    „Acht? Nein, das fällt mir auch nicht ein. Fünf!“
    „Fünf?“ rief der Fremde erstaunt, indem er die entwickelte Figur des Knaben betrachtete. „Das ist ja fast unmöglich!“
    „Denkst du etwa, daß ich dich belüge?“ fragte Kurt spitz.
    „Nein. Aber, wahrhaftig, du hast ja ein Gewehr!“
    „Natürlich!“ antwortete der Knabe stolz. Und mit herablassender Miene fügte er hinzu: „Willst du es dir vielleicht einmal betrachten? Hier ist es. Aber nimm dich in acht; es ist geladen!“
    Der Fremde ergriff das Gewehr und meinte verwundert:
    „Ah, das ist ja ein richtiger, wirklicher Hinterlader, extra für deine Größe angefertigt!“
    „Nun freilich! Du dachtest wohl, es wäre nur so eine Spielflinte für kleine Jungens?“
    „Ja.“
    „Na, da bist du dumm! Mit so einer Flinte kann man doch im Leben keinen Fuchs totschießen!“
    „Du willst doch nicht etwa sagen, daß du diesen Fuchs geschossen hast!“
    „O ja, gerade das will ich sagen!“
    „Du – du?!“ fragte der Mann, jetzt in höchster Verwunderung.
    „Freilich! Ich werde doch keinen Fuchs schleppen, den ich nicht selbst geschossen habe!“
    „Aber da bist du ja ein wahrhaftiger kleiner Held!“
    Der Knabe nickte dem Fremden freundlich zu; das Wort gefiel ihm, der Mann hatte damit sein Herz gewonnen, und darum sagte Kurt mit der Miene eines Gönners:
    „Du willst wohl einige Zeit auf Rheinswalden bleiben?“
    „Vielleicht.“
    „Nun, dann kannst du einmal mit mir gehen. Ich werde dir zeigen, wie man einen Fuchs schießt.“
    „Ich danke dir, du kleiner Mann!“ sagte der Fremde. „Das sollst du allerdings tun, und ich werde dir dafür erzählen, wie man Bären, Büffel, Löwen, Tiger und Elefanten schießt.“
    Da blieb der Knabe erstaunt stehen und fragte:
    „Hast du solches Viehzeug geschossen?“
    „Ja.“
    „Hm, die Gestalt hast du dazu!“ sagte er mit Kennermiene. „Ich weiß einen, der auch welche geschossen hat.“
    „Wer ist das?“
    „Der Herr Doktor Sternau.“
    „Du kennst ihn?“
    „Ja. Ich habe ihn noch nicht gesehen, aber die Felle von den Löwen und Bären, die er geschossen hat, die habe ich gesehen. Sie liegen in der Wohnung meiner lieben Frau Sternau. Das ist seine Mutter, und die hat mir viel erzählt von seinen Jagden. Ich will auch einmal ein so berühmter Jäger werden wie er!“
    „Meinst du? Ja, das Zeug dazu scheinst du zu haben.“
    „Laß mich nur erst so groß wachsen, wie du bist! Ich kann schon reiten und schießen. Der Ludewig lehrt mich fechten und turnen; schwimmen lerne ich auch, wenn es warm wird. Aber wenn du meine Frau Sternau einmal sehen willst, so kann ich sie dir sogleich zeigen.“
    „Wo?“ fragte der Fremde, indem er schnell nach der Richtung herumfuhr, welche der ausgestreckte Arm des Knaben andeutete.
    „Siehst du dort das Schloß?“
    „Ja.“
    „Und die vielen Glasscheiben, die nach dem Garten gehen?“
    „Ja.“
    „Das ist der Wintergarten. Siehst du auch die beiden Damen darin?“
    „Ja.“
    „Das ist Frau Sternau und Fräulein Helene Sternau. Sie winden einen Strauß zusammen, den der Herr Hauptmann alle Tage bekommt.“
    Das Gesicht des Fremden glühte freudig auf; sein Auge hing an den beiden Frauengestalten, als er fragte:
    „Gibt es hier nicht ein Pförtchen im Zaun?“
    „Ja. Aber du bist ein Fremder, du solltest eigentlich durch das große Tor eintreten!“
    „Aber ich will ja zu Frau Sternau!“
    „Da mußt du dich anmelden lassen!“
    „Sie kennt mich bereits!“
    „Gut?“
    „Oh, sehr gut!“
    „Hm, das ist etwas anderes! Und weil du mir gefällst, so werde ich dir das Pförtchen zeigen.“
    „So! Ich gefalle dir?“
    „Ja“, antwortete der Knabe treuherzig.
    „Du mir auch. Wie heißt du?“
    „Kurt.“
    „Ah, Kurt Helmers?“
    „Ja. Du kennst meinen Namen?“
    „Ja, sehr gut. Dein Vater ist Steuermann auf einem Schiff, welches ‚Jeffrouw Mietje‘ heißt!“
    „Wahrhaftig, du weißt auch das!“
    „Frau Sternau hat es mir geschrieben. Aber komm schnell! Wo ist die Pforte?“
    „Hier rechts, bloß noch

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