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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von einem solchen Knirps zwingen zu lassen!“
    „Oho, Herr Hauptmann, ich bin kein Knirps! Und der Ludewig sagte auch, daß ich das Recht habe, den Fuchs nach Hause zu schaffen.“
    „Ein Recht? Ein Recht hätte ja nur der zu beanspruchen, der ihn geschossen hat.“
    „Das habe ich ja!“
    „Du –?“ fragte der Oberförster, indem er erstaunt einen Schritt zurückwich.
    „Ja, hier mitten durch den Kopf.“
    „Alle Teufel! Es wäre diesem Mordskerlchen allerdings zuzutrauen. Zeige einmal her.“
    Er nahm dem Knaben den Fuchs ab, um sich die Schußwunde genau zu besehen.
    „Wahrhaftig, er ist's gewesen!“ rief er. „Das Loch ist klein; es war eine Kugel aus deinem Gewehr. Und mitten durch den Kopf! Kerl, du bist ja der reine Spitzbube! Komm her, ich nehme dich bei den Ohren und gebe dir einen Schmatz, der wie eine Haubitze knallen soll!“
    Er nahm in seiner Freude den Knaben wirklich beim Kopf und küßte ihn herzhaft ab. Kurt ließ sich das mit einer Miene gefallen, als ob er ein heiliges Anrecht auf diese kraftvolle und anerkennende Liebkosung habe, doch benutzte er den ersten freien Augenblick, um zu sagen:
    „Du bist also mit mir zufrieden, Herr Hauptmann?“
    „Ja, Wetterjunge, vollständig!“
    „Nun, so kannst du mir auch den hübschen kleinen Revolver geben, den du mir versprochen hast. Mit dem Gewehr hier kann ich nun schießen; ich muß es auch mit dem Revolver lernen.“
    „Ja, Blitzkerl, du sollst ihn haben, und zwar sogleich.“
    Er öffnete ein Schubfach seines Schreibtisches und zog ein Etui heraus.
    „Hier, nimm! Er ist sehr gut und auch fein – mit Silber ausgelegt. Hier hast du auch einen Vorrat an Patronen. Der Ludewig mag dir zeigen, wie er gehandhabt wird.“
    Da faßte der Knabe den Oberförster bei den Ohren, zog seinen Kopf herab zu sich und gab ihm einige Küsse auf den Schnurrbart.
    „Da hast du auch von mir einen Schmatz, Herr Hauptmann. Ich danke!“
    „Junge“, rief der Hauptmann ganz gerührt, „du bist ja ein ganz und gar verteufelter Beelzebub! Du sollst noch etwas haben. Wünsche dir etwas.“
    Der Knabe sann gar nicht lange nach; er sagte auf der Stelle:
    „Gut, ich weiß etwas.“
    „Was denn?“
    „Wirst du es auch tun?“
    „Ja, wenn es gut für dich ist und auch keinem anderen schadet.“
    „Gib mir dein Ehrenwort!“
    „Donnerwetter, das klingt ja ganz ernsthaft! Kerl, du treibst mich aufs Notrecht. Es ist doch nicht etwa etwas Dummes oder Schlimmes?“
    „Nein, du sollst nur jemand etwas verzeihen.“
    „Ah, hm! Da kommt wieder einmal das gute Herz zum Vorschein. Wer ist es denn?“
    „Das sage ich erst, wenn ich dein Ehrenwort habe.“
    „Kerl, du bist ein Pfiffikus! Na, schadet es jemand, wenn ich verzeihe?“
    „Nein.“
    „Schön, so will ich dir mein Ehrenwort geben. Nun aber auch heraus mit der Bitte!“
    „Höre, Herr Hauptmann, zanke nicht mit dem Ludewig wegen dem Sauschuß, den er getan hat.“
    Der Oberförster runzelte die Stirn.
    „Einen Sauschuß hat er getan? Das glaube ich nicht. Er ist ein feiner Schütze.“
    „Es ist aber doch wahr. Er sagte es selbst, daß es ein Sauschuß ist.“
    „Hm! Was hat er denn geschossen?“
    „Den Hund.“
    „Den Hund!“ rief der Oberförster. „Alles will ich glauben, nur das nicht!“
    „Ja, den Hund“, wiederholte der Knabe. „Die Waldina.“
    „Die Waldina? Ah, wohl gar anstatt des Fuchses?“
    „Ja.“
    „Himmel, heiliges … Ist das wahr, ist das möglich! Kerl, flunkere mich nicht etwa an!“
    „Ich flunkere nicht, Herr Hauptmann. Also du zankst ihn nicht aus?“
    Der Oberförster schritt im höchsten Zorn im Zimmer auf und ab; er erging sich in den kräftigsten Waidmannsflüchen und Redensarten, beruhigte sich aber nach und nach und meinte dann:
    „Junge, du hast mich überrumpelt, du hast mich geleimt, total geleimt! Ich sollte diesem Ludewig eigentlich ein Wetter auf den Hals puffen, daß ihm angst und bange würde, aber du hast mich überlistet, du hast mich von hinten herum gekriegt, und nun muß ich mein Wort halten. Ja, ich werde ihn nicht auszanken, aber du nimmst deinen Fuchs und packst dich auf der Stelle, daß du fortkommst! Ich mag dich nicht wiedersehen, niemals, in meinem ganzen Leben nicht! Ich danke für einen Buben, der einem erst den Revolver abschwatzt und hernach überlistet, daß einem die Augen übergehen. Marsch! Hinaus!“
    Er stand mit seinem grimmigsten Gesicht da und deutete mit hoch erhobenem Arm nach der Tür. Kurt schob sehr gleichmütig den

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