42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers
so, wie ein junger Wüstling mit seinem Associé und Maitre de plaisir zu verkehren pflegt.
Heute stand der Herzog in einem seiner prunkvoll eingerichteten Zimmer, rauchte eine kostbare Zigarette und wartete auf Cortejo, zu dem er einen Diener geschickt hatte.
Da trat er ein. Gasparino Cortejos Gesicht zeigte damals noch die Fülle und Rundung des jugendlichen Alters; er verstand es, Toilette zu machen, und so war es nicht zu verwundern, daß er mit seinem Äußeren und einer sorgfältig überwachten Tournure keinen unangenehmen Eindruck erzielte.
Er grüßte den Herzog mit einer tiefen Verbeugung, aber dabei mit jenem Lächeln, welches hinter der zur Schau gestellten Demut eine schlecht verborgene Vertraulichkeit verrät. Der Herzog erwiderte die Verbeugung mit einem leichten, gnädigen Kopfnicken und fragte:
„Nun, wie steht es mit den Maskenanzügen?“
„Sie liegen bereit, Don Eusebio.“
„Kann man sich darin sehen lassen?“
„Oh!“ Diesen Ausruf begleitete Cortejo mit einem verheißungsvollen Schnalzen seiner Finger.
„So! Was hast du für mich noch gewählt?“
„Einen Perser.“
„Schön. Das gibt eine Figur und erlaubt, glänzende Waffen und Steine zur Geltung zu bringen. Und du?“
„Ich kleide mich als Mexikaner.“
„Alle Teufel, er hat doch das Beste für sich gewählt! Aber, mag es sein. Wirst du in einer Stunde fertig sein können?“
„Sicher.“
„So sende mir den Kammerdiener. Es versteht sich ganz von selbst, daß niemand ahnen darf, daß wir miteinander gehen. Wo treffen wir uns?“
„Hm. Ich habe Lust, meine Maske außerhalb des Hauses anzulegen.“
„Ganz recht. Auf diese Weise erfahren die Leute gar nicht, daß du dich verkleidest. Aber wo?“
„Oh“, lächelte Cortejo zynisch, „ich habe da eine kleine, allerliebste Bekanntschaft.“
„Ah, ein Kartäusermönch?“ fragte der Herzog spöttisch.
„Nein, sondern ein süßes, allerliebstes Cousinchen.“
„Teufel! Süß und allerliebst! Den Grad der Verwandtschaft darf man doch wohl nicht näher prüfen?“
„Es würde zu keinem Resultat führen, Exzellenz.“
„Ist dieses Cousinchen sehr alt?“
„Zwanzig.“
„Klein?“
„Hoch.“
„Blond?“
„Schwarz.“
„Hager?“
„Dick.“
„Kerl, lüge nicht! Du willst mir Appetit machen! Wo wohnt sie?“
„In der Strada el Amenio.“
„Hoch?“
„Eine Treppe.“
„Was ist sie?“
„Sie macht am liebsten Putz, der sie und andere ausgezeichnet kleidet.“
„Und wie heißt sie?“
„Clarissa Margony.“
„Ein französischer Name. Und du willst verwandt mit ihr sein, Lügner?“
„Die heilige Bibel lehrt ja, daß alle Menschen Brüder und Schwestern sind. So weit aber gehe ich gar nicht, sondern ich nenne sie nur meine Cousine.“
„Gut. Trolle dich von dannen! In einer Stunde werde ich in der Strada el Amenio sein. Welche Nummer?“
„Nummer fünfzehn. Aber, Exzellenz, die Cousine ist mein. Ich bitte sehr!“
„Kerl, ich glaube gar, du bist eifersüchtig!“ lachte der Herzog. „Ich kann dir aber noch nichts versprechen. Erst werde ich sie sehen und wissen, was ich tun und lassen werde. Übrigens hat man heute die Wahl; es ist freier Zutritt in alle Häuser und Zimmer, und ich hoffe, daß es uns an liebenswürdiger Unterhaltung nicht fehlen wird. Vielleicht knüpfen wir heute einen Faden, dessen Fortsetzung uns noch später amüsiert. Jetzt packe dich!“
Cortejo gehorchte diesem nicht sehr höflichen Gebot, und in kurzer Zeit trat der Kammerdiener ein, mit dem Maskenanzug auf dem Arm, um seinen Herrn anzukleiden.
Der Herzog besaß eine ungewöhnlich hohe und kräftige Figur, wie man sie in Spanien selten findet, infolgedessen bildete er in seinem diamantengeschmückten persischen Habit eine Erscheinung, welche Aufsehen erregen mußte.
Unterdessen packte Cortejo seine Maske zusammen und machte sich auf den Weg. Während seines Ganges begegnete ihm ein junger Mann, welcher sehr einfach nach französischem Schnitt gekleidet war. Die Straße war hier eng, und da gerade ein Arriero (Maultiertreiber) mit seinen Tieren vorüberkam, so gab es nicht genug Raum zum Ausweichen.
„Packe dich zur Seite!“ gebot Cortejo dem Fremden.
Dieser antwortete nicht und blieb stehen, um den Maultierzug vorüberzulassen.
„Hast du gehört, daß du ausweichen sollst?“
Bei diesen Worten gab Cortejo dem anderen einen Stoß mit der Faust in die Seite; aber ohne ein einziges Wort zu erwidern, versetzte der Gestoßene dem unverschämten
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