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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ah, Gott sei Dank, das habe ich!“
    „Nun, warum mir die Zahlung verweigern?“
    „Es ist zuviel! Viel zuviel auf einmal!“
    Jetzt wurde das Lächeln Sternaus ein mitleidiges.
    „Don Salmonno“, sagte er, „bedenkt, daß ich das Gehalt von drei Vierteljahren in Eurer Kasse stehenließ. Ich bin nicht gewohnt, um mein Eigentum zu bitten und zu betteln.“
    „Ich werde Euch das Gehalt eines Monates geben!“
    Jetzt nahm das Gesicht des jungen Mannes den Ausdruck wirklicher Verachtung an.
    „Ich wiederhole, daß ich nicht bettele, wo ich zu fordern habe“, sagte er. „Ich sehe, daß ich Gefahr laufe, alle Dreivierteljahre nur ein Monatsgehalt ausgezahlt zu erhalten, und das kann ich ja umgehen. Ihr werdet die Güte haben, mir das bei Euch stehende Gehalt aller neun Monate auszuzahlen.“
    Da tat der Millionär vor Entsetzen fast einen Sprung in die Luft.
    „Das fällt mir nicht ein!“ schrie er voller Angst.
    „Nicht?“
    „Nein.“
    „Gut, so kündige ich!“
    „Das könnt Ihr tun.“
    „Und gehe sofort, noch in diesem Augenblick, um mein Gehalt klagbar zu machen.“
    Das hagere Gesicht Salmonnos nahm einen geradezu entsetzten Ausdruck an.
    „Das werdet Ihr nicht tun!“ zeterte er.
    „Das werde ich tun. Paßt auf! Adieu!“
    Er wendete sich nach der Tür, da aber sprang ihm der andere nach und faßte ihn am Arm.
    „Bleibt!“ bat er. „Ich werde Euch ein Vierteljahr bezahlen.“
    „Zu spät! Drei Vierteljahre – oder ich gehe zum Richter!“
    „Eins!“
    „Drei!“
    „Gut, Señor, ich bin mit Eurer Erziehung zufrieden; ich werde Euch ein halbes Jahr bezahlen, wenn Ihr die Summe in Wechseln nehmt.“
    „Das fällt mir nicht ein“, lachte Sternau. „Drei Vierteljahre, und zwar in klingender Münze!“
    „Gut, so geht und verklagt mich!“ schrie Salmonno, im höchsten Grade erbost.
    „Jawohl, Don Salmonno!“
    Er ging hinaus, hatte jedoch die Tür noch nicht geschlossen, so rief es hinter ihm mit ängstlicher Stimme:
    „Halt, Señor! Kommt herein! Ihr sollt es haben! Aber in Banknoten!“
    „Nein, in Gold und Silber!“ antwortete Sternau unerbittlich, die Tür noch in der Hand.
    Der Bankier stieß einen tiefen, herzbrechenden Seufzer aus und sagte dann, beinahe weinend:
    „Oh bei Gott, ich muß mich fügen! Was sind diese Deutschen doch für brutale Menschen. Kommt her!“
    Er öffnete einen der Geldschränke und zählte dem Erzieher die betreffende Summe vor, war aber dabei bemüht, ihm jedes irgendwie nur beschädigte oder unscheinbare Geldstück mitzugeben. Sternau sagte nichts dagegen und empfahl sich mit großer Höflichkeit, als er die Summe erhalten hatte.
    „Packt Euch! Packt Euch fort!“ rief der Bankier. „Und kommt mir ja nicht wieder unter die Augen!“
    Der Erzieher stieg mit einem befriedigten Lachen die Treppe empor, schloß den so schwer verdienten und noch schwerer errungenen Schatz in seinem Zimmer ein und begab sich dann nach der entgegengesetzten Seite des Hauses, wo die Wohnung der Gouvernante lag, welche auch eine Deutsche war.
    „Herein!“ erklang eine reine, liebliche Stimme, als er klopfte.
    Er trat in ein sehr einfaches, ja fast dürftig ausgestattetes Zimmer, dessen Besitzerin bei seinem Anblick sich von dem alten Sofa erhob, auf welchem sie gesessen hatte.
    „Herr Sternau?“ fragte sie freundlich, aber fast überrascht in deutscher Sprache.
    „Ja, ich bin es“, antwortete er. „Sie haben wohl ein Recht, sich zu verwundern, daß ich es wage, einmal Zutritt zu Ihnen zu nehmen. Es ist das erste Mal, seit uns das Schicksal in diesem Haus zusammengeführt hat.“
    „Wir sind ja Landsleute!“ sagte sie.
    Eine finstere Wolke ging blitzschnell über sein offenes, durchgeistigtes Angesicht. Er neigte leise den Kopf und antwortete:
    „Ja, Landsleute; das ist so viel und doch auch zu wenig!“
    Sie hatte Mühe, eine flüchtige Verlegenheit zu überwinden, und deutete auf einen Stuhl, der am entferntesten vom Sofa stand.
    „Nehmen Sie Platz, Herr Sternau, und lassen Sie mich erfahren, was Sie zu mir führt!“
    Er blickte ihr eine kurze Minute lang in die Augen; dann folgte er ihrem Fingerzeig.
    „Warum fürchten Sie sich vor mir, Fräulein?“ fragte er mit fast traurigem Ton.
    Sie errötete leise und antwortete:
    „Weshalb glauben Sie, daß ich mich vor Ihnen fürchte?“
    „Weil Sie mich, den Landsmann, in die entfernteste Ecke von sich verbannen. Das tut weh, Fräulein Wilhelmi! Wir sind jetzt die beiden einzigen Deutschen, welche es in Saragossa

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