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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihrem Bruder zurück. Sie hatten unterwegs den Briefboten gefunden und von ihm mehrere Briefe und Zeitungen erhalten. Diese wurden an die Adressaten verteilt. Auch an den Advokaten fand sich ein Schreiben vor. Es trug den Poststempel Barcelona und lautete:
    „Señor, soeben bin ich mit meiner ‚Péndola‘ hier eingelaufen. Die Reise hat viel Geld gebracht. Ich erwarte Euch baldigst, denn ich möchte die Jahreszeit benützen und bald wieder in See stechen.
    Henricord Landola, Seekapitän.“
    Dieser Brief brachte einen sehr freudigen Eindruck auf den Advokaten hervor. Er ging sofort zu seiner Verbündeten, der Stiftsdame, und rief, als er kaum die Tür hinter sich geschlossen hatte:
    „Clarissa, eine frohe Nachricht!“
    Sie erhob sich aus der Chaiselongue, in der sie gesessen hatte, und meinte: „Froh? Das wird gebraucht. Wir haben lange Zeit hindurch nur lauter Betrübnis erfahren müssen. Was ist es, was du bringst?“
    „Landola ist da!“
    „Der Seekapitän?“
    „Ja, er ist glücklich in Barcelona eingelaufen und meldet mir, daß er gute Geschäfte gemacht habe.“
    „Hat er Mexiko mit angelaufen?“
    „Jedenfalls.“
    „Er war in Afrika?“
    „Ja, wie vorher.“
    „Hat er vielleicht diesen alten Don Ferdinando de Rodriganda getroffen, den wir so schön sterben ließen, damit Alfonzo ihn beerben konnte?“
    „Ich weiß es nicht; ich werde es erst erfahren, wenn ich mit ihm spreche.“
    „So gehst du nach Barcelona?“
    „Nein, ich werde den Kapitän benachrichtigen, nach Rodriganda zu kommen. Unsere Stellung hier ist jetzt so sehr gefährdet, daß ich keinen Tag abkommen kann. Übrigens habe ich auch bereits das Zeichen erhalten, daß der Capitano hier ist. Er will mit mir sprechen.“
    „Wann?“
    „Wie gewöhnlich, gerade um Mitternacht.“
    „Ah“, rief da die Stiftsdame, „da kommt mir ein Gedanke. Wir können jetzt erfahren, ob dieser Lieutenant mit dem Capitano in Beziehung steht.“
    „Wie?“
    „Gehört er zu den Briganten, so wird der Capitano die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, mit ihm zu sprechen. Wir müssen ihn beobachten, ob er heute noch nach dem Park geht.“
    „Das ist richtig! Dieser Einfall ist vortrefflich!“
    „Nicht wahr? Gott sorgt dafür, daß die Seinen nicht zuschanden werden. Gehe hinab, mein Freund, und sieh nach, wo der Lieutenant ist.“
    „Ich werde zunächst nach seinem Diener sehen, denn es läßt sich ja denken, daß der Capitano sich an diesen wenden wird und nicht direkt an den Lieutenant, was doch auffällig sein könnte.“
    Er ging und konnte keinen besseren Augenblick gewählt haben, denn gerade als er die Treppe niederstieg, kam der Husar sehr eilfertig dieselbe empor und verschwand in dem Zimmer des Lieutenants.
    „Ah, das ist genug“, murmelte der Advokat. „So einen Eifer legt man nur bei etwas Ungewöhnlichem an den Tag. Ich werde mich fortschleichen und aufpassen.“
    Er trat durch das Portal und schritt die von zwei großen Laternen erleuchtete Freitreppe hinab. Zu beiden Seiten derselben gab es dichte Busquets, in denen sich ein Mensch sehr leicht verbergen konnte. Gasparino Cortejo kroch zwischen die Büsche hinein und legte sich lang zur Erde nieder, so daß er nicht gesehen werden konnte.
    Von hier aus war es ihm leicht, jede Person zu erkennen, welche das Schloß nach derjenigen Seite, auf welcher der Park und der Wald lagen, verließ.
    Er mochte wohl über eine halbe Stunde gelegen haben, als er sporenklirrende Schritte hörte. Der Lieutenant de Lautreville trat unter das Portal, blickte sich vorsichtig um, schritt dann schnell die Freitreppe hernieder und wandte sich dem Park zu.
    „Ah!“ entfuhr es den Lippen des Advokaten. „Also doch! Ich muß zunächst sehen, wo sie sich treffen.“
    Er verließ sein Versteck, umging den Kreis, welcher von dem Licht der Laternen beschienen wurde, und huschte dem Lieutenant nach. Dieser letztere gab sich keine Mühe, den Schall seiner Schritte zu dämpfen; er hatte hier den Offizier zu spielen und durfte von keinem, der zufälligerweise im Park anwesend sein konnte, für einen Schleicher gehalten werden. Aus diesem Grund war es dem Advokaten leicht, ihm zu folgen.
    Nach einer Weile lenkte der Lieutenant in einen Seitenweg ein, welcher direkt nach einer einsamen Birkenhütte führte.
    „Richtig!“ brummte der Notar. „Dort im Birkenhäuschen treffen sie sich. Zufälligerweise kenne ich den Platz besser als sie und werde sie belauschen.“
    Er folgte dem Offizier nicht direkt,

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