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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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KAPITEL
    Die Weihnacht des Gefangenen
    „Und der Priester legt die Hände
   Segnend auf des Toten Haupt:
Selig ist, wer bis ans Ende
   An die ew'ge Liebe glaubt.
    Selig, wer aus Herzensgrunde
   Nach der Lebensquelle strebt
Und noch in der letzten Stunde
   Seinen Blick zum Himmel hebt.
    Suchtest du noch im Verscheiden
   Droben den Versöhnungsstern,
Wird er dich zur Wahrheit leiten
   Und zur Herrlichkeit des Herrn.
    Darum gilt auch dir die Freude.
   Die uns widerfahren ist.
Denn geboren wurde heute
   Auch dein Heiland, Jesus Christ!“
    Als Doktor Sternau Rodriganda verlassen hatte, führte ihn die Spur des Wagens, welcher er folgte, nach der großen Heerstraße, welche Lérida mit Barcelona verbindet. Hier nun verlor sich diese Spur unter den vielen Geleisen der Straße, so daß ein Verfolgen im wörtlichen Sinn nicht denkbar war.
    Es gab für Sternau nur einen Anhaltspunkt; er kannte aus den Fußstapfen, welche er im Park beobachtet hatte, die ungefähre Anzahl der Leute, welche auf dem Wagen Platz genommen hatten. Doch war dies auch sehr unsicher.
    Glücklicherweise hielt da, wo der Weg von Rodriganda her in die Heerstraße einbog, ein Schäfer, welcher seine Merinoschafe auf dem abgebauten Acker weidete. Er hatte eine Karrenhütte bei sich, und so ließ sich vermuten, daß er auch während der Nacht auf dem Feld gewesen sei. Sternau ritt zu ihm hin und fragte nach einem kurzen Gruß:
    „Hast du in vergangener Nacht hier geschlafen?“
    „Ja, Señor“, lautete die Antwort.
    Der Arzt hielt ihm ein Silberstück entgegen und fragte weiter:
    „War es hier während der Nacht sehr belebt?“
    „Nein. Nur ein einziger Wagen passierte.“
    „Woher?“
    „Da von der Straße her.“
    „Und wohin?“
    „Nach Rodriganda zu.“
    „Wieviel Uhr?“
    „Eine Stunde vor Mitternacht, vielleicht auch bereits früher.“
    „Kehrte er zurück oder nicht?“
    „Ja.“
    „Wann?“
    „Vielleicht zwei Stunden später.“
    „Wer saß darin?“
    „Es waren mehrere.“
    „Kanntest du einen?“
    „Nein.“
    „Was waren für Tiere angespannt? Maultiere?“
    „Nein, Pferde.“
    „Von welcher Farbe?“
    „Ein Brauner und ein Schimmel.“
    „Weißt du dies genau?“
    „Ja. Ich hatte mir hart an der Straße ein Feuer angebrannt, um mir Kastanien zu rösten, als sie vorüberfuhren. Ich habe die Pferde ganz gewiß erkannt.“
    „Hast du nicht gesehen, wie die Männer gekleidet waren?“
    „Sie fuhren schnell vorüber, aber ich denke, sie hatten Jacken an und Mützen auf, wie man sie bei den Seeleuten sieht.“
    „Gut, ich danke dir. Mit Gott!“
    Er ritt weiter. Was er gehört hatte, gab ihm doch einigen Anhalt. Er hielt nun bei allen an der Straße liegenden Einkehrhäusern an und erkundigte sich, ob der Wagen hier vorübergefahren sei, konnte aber nichts Genaues erfahren. Auf diese Weise kam er sehr langsam vorwärts. Endlich, als er vielleicht drei Stunden weit geritten war, kam er an eine einsam liegende Venta, vor welcher mehrere Krippen standen, zum Zeichen, daß man hier mit Pferd und Geschirr Obdach erhalten könne. Er stieg ab, band sein Pferd außen an und trat in die niedrige Stube, in welcher er sich ein Glas Wein geben ließ.
    Der Wirt schien ein alter, freundlicher und sehr gesprächiger Mann zu sein, denn er begann sofort mit Sternau eine Unterhaltung über das Wetter und tausend Dinge, für welche sich der Arzt kaum interessieren konnte. Endlich fragte der Alte auch:
    „Wohin will der Señor reiten?“
    „Nach Barcelona vielleicht.“
    „Vielleicht? So ist es noch nicht ganz gewiß?“
    „Nein.“
    „Aha! Geschäfte unterwegs?“
    „Eigentliche Geschäfte allerdings nicht. Ich suche jemand.“
    „Wo?“
    „Hier auf der Heerstraße.“
    „O Gott! Ein so feiner Señor sucht etwas auf der Heerstraße!“ lachte der Redselige.
    „Versteht mich recht! Ich suche einen Wagen, der hier vorübergefahren sein muß.“
    „Einen Wagen? Hm! Vielleicht habe ich ihn gesehen. Ich bin alt, kann nicht viel mehr verrichten und sitze daher stets hier am Fenster. Was war es für ein Wagen?“
    „Es waren ein Brauner und ein Schimmel vorgespannt. Es saßen mehrere Männer darauf, welche wie Seeleute gekleidet gewesen sind.“
    „Aha!“ nickte der Alte. „Wann ist dies geschehen?“
    „Vielleicht drei Stunden vor Mitternacht sind sie hier aufwärts und ungefähr vier Stunden später wieder abwärts hier vorübergekommen.“
    „Stimmt!“ nickte der Wirt.
    „Habt Ihr sie

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