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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gesehen?“
    „Ja, Señor.“
    „Vorüberfahren?“
    „Nein. Es war beide Male, als sie vorüberkamen, finster, ich hätte sie also nicht sehen können. Aber das erste Mal, als sie aufwärts fuhren, sind sie bei mir eingekehrt.“
    „Ah! Alle?“
    „Alle!“
    „Ich würde Euch dieses Goldstück geben, wenn Ihr mir sagen könnt, wem der Wagen gehört.“
    Die Augen des alten Mannes leuchteten vor Freude auf. Seine Venta war ein kleines, armseliges Häuschen; er schien nicht wohlhabend zu sein, und das Goldstück mußte ihm daher wohl recht willkommen sein.
    „Gebt her, Señor!“ sagte er schmunzelnd.
    „Später! Erst Auskunft!“
    „Ah, Ihr denkt, ich weiß nichts!“ lachte er listig. „Für dieses Goldstück werdet Ihr wohl mehr erfahren, als Ihr verlangt habt.“
    „Nun?“
    „Der Wagen gehört einem Wirt in Barcelona.“
    „Welchem?“
    „Sein Haus ist das Hotel Hotel ‚L'Hombre grand‘.“
    „Irrt Ihr Euch nicht?“
    „Nein. Ich kann es beschwören.“
    „War er selbst mit dabei?“
    „Wird sich hüten!“
    „Sich hüten! Wieso? Warum?“
    „Mit dem Landola ist nicht gut Kirschen essen.“
    „Wer ist dieser Landola?“
    „Ein Seekapitän, dessen Schiff ‚La Péndola‘ heißt.“
    „Was hat dieser Mann mit dem Wagen zu tun, den ich meine?“
    „Heilige Madonna! Er saß ja darauf; er machte den Kutscher!“
    „Ah!“
    „Jawohl. Er wird wohl nach Rodriganda gefahren sein.“
    „Zum Grafen?“
    „Fällt ihm nicht ein!“
    „Zum Teufel, nur heraus mit der Sprache!“ rief Sternau, ungeduldig über die kurzen Antworten.
    „Señor“, sagte der Wirt phlegmatisch, „ein Goldstück ist viel; dafür muß ich Euch sehr viel beantworten, und daher müßt Ihr auch viel fragen.“
    „Schön!“ lachte der Arzt. „Also zu wem denkt Ihr, daß dieser Landola gefahren ist?“
    „Zu Señor Gasparino Cortejo.“
    „Alle Wetter! Kennen sie einander?“
    „Das versteht sich. Sie machen sogar Geschäfte miteinander, wie sich die Leute so in die Ohren flüstern.“
    „Was für welche?“
    „Hm, sauber sind sie nicht. Dieser Henrico ist ein ganz verzweifelter Mensch. Ein Menschenleben gilt ihm nichts. Er soll ein halber Pirat sein, vielleicht auch ein ganzer; auch sagt man sich, daß er zuweilen eine Ladung Ebenholz (Neger) mit verhandelt.“
    „Und dabei soll Cortejo beteiligt sein?“
    „Ja“, nickte der Alte.
    „Inwiefern?“
    „Hm, das werde ich Euch erklären, Señor. Kennt Ihr den Grafen von Rodriganda?“
    „Ein wenig.“
    „Er ist blind?“
    „Ja, oder vielmehr, er war blind.“
    „Heilige Madonna, so ist es also wahr! Ich habe gehört, daß seine Tochter einen furchtbar klugen und geschickten Arzt hat kommen lassen, der hat ihm zuerst den Blasenstein aus dem Leib gebohrt und ihm sodann gar die Augen aufgeschnitten, so daß er nun sehen kann. Das ist also keine Lüge?“
    „Nein“, lächelte Sternau.
    „Das muß ja ein Ausbund von Kunst und Klugheit sein! Vielleicht hat er gar den Teufel, behüte mich der liebe Gott vor ihm! Ich will doch lieber sterben, als mir einen Blasenstein, der so groß ist wie hier dieser Fenstersims, aus dem Leib herausbohren lassen! Also, dieser Graf Emanuel von Rodriganda war blind und mußte sich ganz auf seinen Sachwalter verlassen.“
    „Das läßt sich leicht erklären.“
    „Der Graf ist unermeßlich reich.“
    „Ich habe es gehört.“
    „Und der Sachwalter, nämlich dieser Cortejo, ist ein Schurke.“
    „Könnt Ihr dies beschwören?“
    „Jedermann beschwört es, Señor. Nun aber passen dieser Reichtum und dieser Schurke so gut zusammen wie das Lamm zum Geier, von dem es zerrissen und gefressen wird. Verstanden?“
    „Sehr gut!“
    „Damit nun niemand merken soll, wie reich Cortejo mit dem Reichtum des Grafen geworden ist, hat er seinen Raub auf dem Seehandel angelegt. Er und Kapitän Landola besitzen das Schiff gemeinsam und teilen den Gewinn.“
    „Wißt Ihr das genau?“
    „Man sagt es. Aber ich habe auch gestern davon pfeifen hören, als die Matrosen hierbei mir einkehrten. Sie flüsterten so einiges, was ich recht gut verstanden habe, obgleich es nicht für mein Ohr bestimmt war.“
    „Habt Ihr nicht gehört, wem die gestrige Fahrt gegolten hat?“
    „Nein. Aber zu wem sollte Landola gefahren sein, wenn nicht zu Cortejo?“
    „Und bei ihrer Rückkehr habt Ihr sie nicht bemerkt?“
    „Nein.“
    „Gut. Hier ist das Goldstück, mein Lieber; Ihr habt es ehrlich verdient.“
    Der Wirt steckte es mit freudig glänzender Miene

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