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43 Gruende, warum es AUS ist

Titel: 43 Gruende, warum es AUS ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Handler , Maira Kalman
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sie in Ausbruch im Morgengrauen oder Flucht im Mondlicht benutzen, um abzuhauen, während die Hunde hinter ihnen her sind und sich vor den Scheinwerfern der Stacheldrahtzaun abzeichnet? Al und ich hatten die Filme in einer Doppelvorstellung im Rahmen der Gefängnisthemenwoche des Carnelian gesehen, die genialerweise von Meyers’ Dokumentarfilm über Internate gekrönt wurde. Das Kino war an dem Tag so gut wie leer, und wen außer Al hätte ich auch fragen können? Die Angestellten vom Green Mountain mit ihren Westen und Kappen schon mal nicht. Ist diese Feile auch ofenfest? Ich habe mir uns vorgestellt, also uns beide, dich und mich, bei einem unfreiwilligen Doppelselbstmord durch Eisenvergiftung infolge der Überraschung, die ich für uns geplant hatte. Ich hätte Al so gern angerufen und ihm gesagt: »Ich weiß, dass wir beide so wütend aufeinander sind, vielleicht für immer und ewig, aber könntest du mir vielleicht eine einzige Frage beantworten zum Thema Metall und Kochen?«, doch natürlich hab ich’s nicht getan. Joan, dachte ich, vielleicht könnte ich Joan fragen, und in dem Moment kam sie um die Ecke.
    Â»Hey, Min.«
    Â»Annette, hi.«
    Â»Was machst du denn hier?«
    Â»Halloween-Einkäufe«, antwortete ich und hielt die Feile hoch.
    Â»Wow, ich auch«, sagte sie. »Ich brauch Ketten. Kommst du mit?«
    Wir gingen zusammen in den Gang, in dem rollenweise glitzernde Ketten hingen, die man vom Meter kaufen konnte. Annette musterte alle so gründlich, als handelte es sich um echten Schmuck, und hielt sich die billigen Ketten immer wieder prüfend an den nackten Arm. »Als was willst du gehen?«, fragte ich sie.
    Â»Ich will mal testen, wie die sich auf der Haut anfühlen. Ich weiß noch nicht genau, als was ich genau gehe, auf jeden Fall irgendwas mit Mittelalter, ich mach das zusammen mit einem Freund. Aber irgendwie sexy soll es auch sein.«
    Irgendwie sexy, klar, das hatte ich mir schon gedacht. Die Mädels, die mit Sportlern zusammen sind, kommen immer in nuttigen Kostümen – als nuttige Hexe, nuttige Katze, nuttige Nutte.
    Â»Was meinst du – kann ich die ohne BH drunter tragen?«
    Um ein Haar hätte ich aufgeschrien. »Echt jetzt?«
    Â»Ich würde die Kette fest um mich rumwickeln, wie so ein Schlauch-Top. Ich hab ja oben rum nicht so viel.«
    Â»Nach der Fete hast du vermutlich lauter blaue Flecken«, sagte ich.
    Sie drehte sich um und starrte mich an. »Willst du mir Angst machen?«
    Â»Was? Quatsch.«
    Â»War nur Spaß, Min. Ed hat mir erzählt, dass sonst er immer derjenige ist, der deine Witze nicht kapiert. Teufel auch, wie er sagen würde.«
    Â»Teufel auch«, echote ich dümmlich.
    Â»Und wofür soll das Ding da sein?«
    Â»Ich weiß es noch nicht genau«, sagte ich. »Ich hatte nur gedacht, weil Ed als Gefangener geht.«
    Â»Die Sträflingskolonne, ja.«
    Â»Hast du mal alte Filme gesehen, in denen die treue Ehefrau eine Feile in einen Kuchen einbackt? Mit der er dann die Gitterstäbe durchsägt, oder so? Und die Frau wartet dann am Hinterausgang mit laufendem Motor?«
    Annette betrachtete die Feile skeptisch. »Du gehst als Eds Frau an Halloween?«
    Sie lächelte, aber ich fühlte mich, als hätte sie mir eins mit dem Vorschlaghammer übergezogen. Dieser Blick unter dem Glitzerlidschatten machte, dass ich mich auf einmal so schludrig fühlte, so bescheuert in meinen Gammelhosen und ausgelatschten Schuhen. »Nein«, sagte ich, »ich wollte ihm nur einen Kuchen backen, um ihn an Halloween in Stimmung zu bringen.«
    Â»Soweit ich mich erinnere, ist er immer in Stimmung«, sagte Annette mit einem kleinen Lächeln.
    Â»Du weißt, wie ich das meine.«
    Â»Klar. Also, als was gehst du nun wirklich?«
    Â»Als Leiter.«
    Â»Als was??«
    Â»Als Gefängnisleiter.«
    Â»Ach so, cool.«
    Â»Ziemlich lahm, ich weiß, aber ich hab so einen Mantel von meinem Dad, der passt gut.«
    Â»Cool«, sagte sie wieder und wickelte die Kette, für die sie sich entschieden hatte, von der Rolle.
    Â»Ich könnte so was nicht, ich meine, ich bin nicht der Typ für, na ja, so ein sexy Kostüm.«
    Sie schwieg und betrachtete mich, vermutlich zum ersten Mal überhaupt. »Und ob, Min. Es ist bloß …«, und dann biss sie sich auf die Unterlippe, so als wollte sie Ach, egal

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