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43 Gründe, warum es AUS ist

Titel: 43 Gründe, warum es AUS ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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nah an deinem Hals, den Geruch von Aftershave und Schweiß in der Nase. Gehen wir einfach, dachte ich, der Film hatte wohl deutliche Spuren in mir hinterlassen. Wir werden ja sehen, wo uns das hinführt, dieses Abenteuer mit der klimpernden Musik im Hintergrund und dem Studio-Schneesturm, mit Lottie Carson, die aus ihrem Iglu tritt, und Will Ringer, der schimpfend umherstapft, bevor er (natürlich!) die Schlittenhunde weckt und anfeuert, damit Greta den Richtigen finden kann, ganz gleich, wie bescheiden sein Iglu auch sein mag, und ihre Glückstränen auf dem Grübchen zu Diamanten gefrieren, in diesem Licht, das nur einer wie Mailer so hinbekam. Gehen wir, gehen wir, schnell zum Happy End, an dem Greta den Pelz ihrer Träume trägt, einen schneeweißen, von Will Ringer selbst gegerbten Eisbärenpelz, in den sie sich so glückstrahlend kuschelt, in der Tasche die große Überraschung, den Verlobungsring, und dann, während in riesigen, triumphierenden Lettern schon das Wort ENDE auf der Leinwand erscheint, der Kuss, der lange Kuss. Das war meine Sternstunde, Chéri. An dem Tag, jenem 5. Oktober, hatte ich so ein Gefühl, das noch angefacht wurde von dem, was hinten auf der Lobby Card stand, den Infos zu Lottie Carsons Leben und Karriere. Ihr Geburtstag stand kurz bevor – sie war fast neunundachtzig. Das ging mir durch den Kopf, als ich gedankenverloren die Straße hinunterging. An jenem 5. Oktober, als wir nebeneinanderherliefen – los, gehen wir, gehen wir zusammen auf etwas Außergewöhnliches zu –, sah ich den 5. Dezember vor mir, und schon fing ich an, Pläne zu machen, weil ich dachte, wir schaffen es bis dahin.

     

 
     
    Wenn du diese Schachtel aufmachst und siehst, dass sie leer ist, fragst du dich vielleicht einen Moment lang, ob sie schon leer war, als du sie mir geschenkt hast – ich sehe es vor mir: noch so eine leere Geste, als würdest du mir eine jämmerliche Bestechung flüchtig in die Hand drücken. Doch die Wahrheit – und um die geht es hier – ist, dass die Schachtel voll war, vierundzwanzig Streichhölzer hübsch beieinander. Sie ist jetzt deswegen leer, weil die Streichhölzer aufgebraucht sind.
    Ich rauche nicht, auch wenn es in Filmen immer so toll aussieht. Aber ich zünde Streichhölzer an, in den Nächten, wenn mein Gehirn total leer ist und ich aufs Garagendach hinausklettere, unter den großen Himmel, während meine Mutter arglos schläft und nur ganz vereinzelt einsame Autos über weit entfernte Straßen rollen, wenn mein Kissen einfach nie kühl bleibt und die Decke mich stört, ganz egal, ob und wie ich mich bewege oder ob ich still liege. Ich sitze dann nur da, mit baumelnden Beinen, zünde Streichhölzer an und sehe zu, wie sie langsam abbrennen und verlöschen.
    Die Schachtel reichte gerade für drei Nächte (nicht hintereinander!), dann waren alle Streichhölzer aufgebraucht, und die Schachtel enthielt nur noch das Nichts, das du jetzt siehst. Die erste Nacht war die nach dem Tag, an dem du mir die Schachtel geschenkt hast. Als meine Mom endlich türenschlagend zu Bett gegangen war und Al und ich aufgelegt hatten. Vor lauter Glück war ich so aufgedreht, dass ich nicht schlafen konnte. Der Film jenes ganzen Tages lief ohne Pause in dem kleinen Vorführraum meines Gehirns. In Wenn die Lichter ausgehen: Eine kurze illustrierte Geschichte des Films gibt es ein Foto, auf dem Alec Matto rauchend in einem Sessel sitzt und ein schmaler Lichtstrahl auf eine Leinwand fällt, die wir nicht sehen können. »Alec Matto in seinem privaten Vorführraum, beim Betrachten der Dailys für Wo ist Julia? (1947)«. Joan musste mir erst erklären, was Dailys sind – das sind sämtliche Filmaufnahmen eines Drehtages, mit denen der Regisseur sich irgendwann abends hinsetzt, rauchend, um sie sich anzusehen, vielleicht auch nur eine einzige Szene – ein Mann öffnet eine Tür, immer wieder, eine Frau zeigt aus einem Fenster, zeigt aus einem Fenster, zeigt aus einem Fenster. Das sind Dailys, und an jenem Abend habe ich sieben oder acht Streichhölzer gebraucht, um mir unsere atemberaubenden Dailys dieses Tages immer wieder anzusehen: wie ich nervös vor dem Kino stand, die Karten in der Hand, wie Lottie Carson mit all den Zügen nach Norden fuhr, wie ich dich küsste, wie ich dich küsste, unsere seltsame Unterhaltung im A-Post Novelties , wegen der ich total nervös war, nachdem ich Al davon erzählt hatte, obwohl er sagte, er habe keine Meinung dazu. Die Streichhölzer waren so ein kleines

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