43 Gründe, warum es AUS ist
Ich dachte, ich verhielte mich ganz still, aber mit der Zeit war mein Hals ganz heiß und heiser von dem Gebrüll. Ich schaltete innerlich ab, bis ich auf einmal merkte, dass du wieder auf mich zeigtest. Ich hoffte bloß, dass mir zwischendurch nichts entgangen war, das wäre ja was gewesen, wenn du lächelnd hochgeschaut und mein Gesicht gesucht hättest und ich mürrisch und gelangweilt Löcher in die Luft gestarrt hätte. Ich gab mir einen Ruck, wedelte mit meinem Wimpel wie eine Geisel. Ich schenkte dir meinen Kampfgeist, und ihr habt gewonnen.
Das Spiel endete eine Milliarde zu sechs, und keiner war überrascht. Weil wir gewonnen hatten, würde kein Mensch auf der Welt mehr hungern, alle würden Liebe und ewiges Glück finden, aber hätten wir verloren, dann hätten sie uns die Augen ausgestochen und uns nackt auf Giftschlangen und glühende Kohlen geworfen – so haben die Leute am Ende gejubelt und sich umarmt, selbst Fremde fielen sich in die Arme, so wie am Schluss von Das Omegavirus, als Steve Sturmine das Gegengift entdeckt. Die heftigsten Umarmungen bekamst du, Ed, und als ihr eure Ehrenrunde drehtet, fiel mir ein, ich hätte Blumen mitbringen und irgendwo verstecken müssen, um sie auf dich niederregnen zu lassen, jetzt, wo die Beavers gewonnen und nach Ansicht aller (bis auf das zu Tode gelangweilte, mit zu vielen Cantuccini vollgestopfte, künstlerisch angehauchte Mädchen auf einem der reservierten Plätze) die gesamte Menschheit gerettet hatten. Es tut mir leid – das heißt, damals tat es mir leid, jetzt nicht –, aber ich fand es wirklich langweilig. »Nicht zu spät!«, erinnerte mich Joan aus ihrem Auto heraus, als die Menge aus der Halle strömte und ich dir zuwinkte, während ich darauf wartete, dass du sauber, aufgeregt und glücklich im Kreis deiner Mannschaftskameraden herauskamst, mein kämpferischer Junge mit der neuen Freundin. Aber es war zu spät. Ich musste warten, und ich wartete, aber ich wusste nichts, verstand nichts, und konnte dem Ganzen absolut nichts abgewinnen. Erst als die anderen Spielerfreundinnen die Stöckchen von ihren Wimpeln lösten, begriff ich, dass ich meins zu den anderen in den Müll schmeißen musste. Dann rollte ich meinen Wimpel auf, so wie die anderen Mädels ihre, sagte, ja, es war wirklich ein tolles Spiel, hat echt Spaß gemacht, völlig okay, so meinen Freitagabend zu verbringen. Ich hab auf dich gewartet, Ed, damit sich der ganze Aufwand endlich lohnen würde, und als du mich dann küsstest und meintest: »Hab doch gewusst, dass es dir gefällt!«, da war dieser Moment das Einzige, was mir gefallen hat. Aber ich habe dich auch geküsst und dir erlaubt, dir meinen Rucksack zusätzlich zu deinem eigenen auf die schönen Schultern zu laden, und bin neben dir hergelaufen, den zusammengerollten Wimpel in den verschwitzten Fingern. Ich wusste nicht, wohin mit meiner Hand, als wir mit den anderen auf dem Parkplatz standen, um in Fahrgemeinschaften zum Cerrity Park zu fahren. Was hätte ich auch sonst machen sollen? Ich hatte keine Wahl, jedenfalls kam es mir so vor. Du hattest das Spiel gewonnnen, wir hatten das Spiel gewonnen, und so folgten die Party, das Besäufnis, das große Feuer und ganz am Schluss, zu spät, ein Ort, an dem wir allein waren. Ich hatte keine Wahl, schon seit dem Moment nicht, als ich diesen Wimpel zum ersten Mal flattern sah. Ich hatte keine Wahl. Wir würden uns nicht still und heimlich verdrücken, um stattdessen ins Kino zu gehen oder einfach zu reden, irgendwo anders, egal wo. Aber natürlich nicht der Co-Kapitän, nicht an dem Abend, nicht mit mir, seiner neuen Freundin, und deshalb ist es aus.
Das hier ist genau wie das Auto, in dem ich gerade sitze, fällt mir gerade auf. Ich schreib dir aus einem ratternden Truck, während ich einen winzigen Truck, diesen hier, in der anderen Hand halte. Al neben mir ist still, lässt mir Zeit, die Sache zu Ende zu bringen, in Ruhe mit dir Schluss zu machen, und so sitze ich hier, das Spielzeug in der Hand, und frage mich, ob ich wirklich alles darüber sagen kann, die ganze Wahrheit. Im Moment fühle ich mich wie in einem experimentellen Animationsfilm, den ich mal im Carnelian gesehen habe, im Rahmen eines Festivals, ein Mädchen in einem Truck, das einen Truck hält, in dem ein anderes Mädchen mit einem anderen Truck sitzt, und so. Dich fallen lassen, unendliche Male. Und selbst das reicht noch nicht.
Wer weiß denn schon wirklich, wo etwas anfängt? Als wir an dem Abend in
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