43 Gründe, warum es AUS ist
ich Laubstückchen und Gras auf meiner Haut, die sich durch die Kleidung in die Haut drückten, so wie ich das mal bei einer Töpferarbeit gemacht habe. Im Spiegel auf der Toilette entdeckte ich sogar etwas Erde an meinem Hals und wischte sie schnell ab, aber weil das billige Papierhandtuch so rau war, wollte ich nachsehen, ob es einen Kratzer auf der Haut hinterlassen hatte, und in dem Moment begegnete mir mein eigener Blick im Spiegel, und so stand ich einen Moment lang da und versuchte – wie alle Mädchen in allen Spiegeln überall auf der Welt – den Unterschied herauszufinden zwischen einer Liebenden und einer Schlampe. Doch der Spiegel hatte nur eine Antwort für mich parat: FÜR ALLE MITARBEITER GILT – HÄNDE WASCHEN! Also ging ich zurück an unseren Tisch. Die anderen Gäste ignorierten uns oder blickten neidvoll oder bewundernd oder entrüstet zu uns herüber, vielleicht waren aber auch außer uns keine da, ich weiß es nicht. Um dich nicht immer anzustarren, fing ich an, mit dem Zuckerstreuer zu spielen, bis du deine Hand auf meine legtest, damit ich aufhörte.
»Hat das nicht was von der Rückkehr an den Ort des Verbrechens?«
»Nur dass das Verbrechen noch nicht begangen wurde.«
»Trotzdem solltest du vielleicht nicht die Aufmerksamkeit auf den Zucker lenken, der gleich verschwinden soll.«
Ich hörte auf. »Ich bin noch Jungfrau.«
Du hast fast deinen Orangensaft verspritzt. »Okay.«
»Ich dachte bloß, ich sollte es dir vielleicht sagen.«
»Okay.«
»Bisher hatte ich dir ja nichts davon gesagt.«
»Hör zu, das ist ganz okay.« Du hast leicht gehustet. »Einige meiner besten Freunde sind noch Jungfrau.«
»Wirklich?«
»Hm – nein. Inzwischen vermutlich auch nicht mehr.«
»Alle meine Freunde sind noch Jungfrau«, sagte ich.
»Oh!«, sagtest du. »Jetzt weiß ich: Bill Haberly – Mist, das sollte doch niemand wissen.«
»Siehst du, die Tatsache, dass es so viel bedeutet –«
»Nein, nein, ich habe viele Mädchen kennengelernt, die noch Jungfrauen waren.«
»Danach waren sie dann keine mehr, soll das heißen.«
Du bist knallrot angelaufen. »Das habe ich nicht gesagt, das geht dich auch nichts an – warte mal, du wolltest mich nur aufziehen, stimmt’s? Das sollte ein Witz sein?«
»Anscheinend war’s nicht witzig.«
»Hör mal, ich kann über solche Sachen nicht so locker reden wie du.«
»Bist du überrascht?«
»Dass du darüber redest? Ja.«
»Nein, ich meine, dass ich –«
»Ja, irgendwie schon. Ich meine, du hattest doch letztes Jahr einen Freund, diesen John.«
»Joe.«
»Genau.«
»Das hast du gewusst?« Was ich eigentlich meinte, war: Heißt das, du hast mich damals schon wahrgenommen, Ed?
»Annette hat es mir gesagt. Deswegen war ich jetzt schon überrascht.«
»Tja, also nein. Wir haben nicht.«
»Okay, völlig okay.«
»Ich meine, wir wollten. Ich meine, er wollte. Wir beide. Aber ich war mir nicht sicher.«
»Ist ja gut.«
»Ja?«
»Ja. Was denkst du denn? Dass ich irgend so ein – Arsch bin?«
»Nein. Ich weiß nicht, es ist nur – es ist wieder genau wie damals.«
»Was?«
»Dass ich mir nicht sicher bin.«
»Mensch, wir müssen doch nicht.«
»Nein?«
»Nein«, hast du gesagt. »Wir sind ja auch noch, ich meine, ziemlich am Anfang. Findest du nicht?«
»Für mich fühlt es sich schon so an, aber du bist so anders. Mit deiner Clique und den Lagerfeuern und alldem.«
»Das beim Lagerfeuer, das ist alles nur Gerede. Das meiste jedenfalls.«
»Okay.«
»Warte mal, willst du damit sagen, das im Park oder, du weißt schon, gestern Abend – dass du das nicht gewollt hast?«
»Nein, nein.«
»Nein? Du wolltest das nicht?«
»Nein«, sagte ich. »Doch. Ich wollte einfach nur sagen, was ich dir gesagt habe.«
»Okay.«
»Weil ich dir bisher noch nichts davon gesagt hatte. Wie gesagt.«
»Okay«, sagtest du, doch dann war dir klar, dass das nicht ging. Du machtest einen neuen Versuch: »Danke.« Es klang wie eine Frage.
Fast hätte ich »Ich liebe dich« gesagt. Stattdessen schwieg ich, und du auch.
Die Kellnerin kam, um Kaffee nachzuschenken, und legte die Rechnung auf den Tisch. Wir teilten sie auf. Dann, mit dem Häufchen einzelner Bestellzettel zwischen uns, sahen wir einander an. Vielleicht hast du dich einfach nur satt und zufrieden gefühlt, aber ich war – glücklich. Dankbar war ich, vermute ich, leicht habe ich mich gefühlt. Sogar hübsch und mit dem frischen Kaffee in mir auch leicht zittrig. Wieder hätte ich es um ein
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