43 Gründe, warum es AUS ist
mit dir reden.«
Ich schwöre, ich stand schon bei dir in der Tür und sah dich an, bevor ich überhaupt aufgelegt hatte. Wie ein Wrack sahst du aus, unausgeschlafen, mit wütenden Augen. Ich stellte den Pensieri auf den Tisch, aber du hast ihn nicht einmal angesehen. Stattdessen hast du verschwitzt deine Runden gedreht, so als wärst du auf dem Spielfeld – Küche, Flur, Wohnzimmer, Küche. Es machte mich wahnsinnig, dich so zu sehen, jeder kurze Blick von dir eine Antwort, das Gegenargument, das ich brauchte – gegen Al, gegen meine Mutter, gegen die ganze Welt, all die Lügner, alle und jeden.
»Hör mal«, sagtest du, »ich wollte dir sagen, dass es mir leidtut, was Joan da gemacht hat. Ich war sprachlos, als ich aufwachte und du weg warst.«
Das hatte ich schon fast vergessen, mehr oder weniger jedenfalls. »Schon okay.«
Du hast mit der Hand gegen ein Bücherregal geschlagen. »Nein, das ist es nicht. Das hätte sie nicht tun dürfen, beschissen war das.«
»Ist schon in Ordnung, ihr hattet doch diese Familiensache.«
»Ha!«, machtest du, und ich musste einfach kichern. Du hast mich überrascht angegrinst und es gleich noch einmal gesagt: »Ha!«
»Ha!«
»Ha! Willst du wissen, was Joan unter einer Familiensache versteht? Das heißt nichts weiter, als dass sie mit mir reden will. Dafür schickt sie meine Freunde weg. Ein Scheiß ist das, so eine Familiensache. Von meiner Mom hat sie das, aber bei ihr läuft das nicht, sie ist schließlich nicht meine Mom.« Aus irgendeinem Grund gucktest du auf einmal ganz ängstlich, diesen Blick kannte ich vom Training – wenn der Coach pfiff und du dachtest, du könntest Mist gebaut haben und Ärger kriegen.
»Schon okay«, sagte ich.
»Sie hätte ja wohl warten und später mit mir reden können. Aber das ging natürlich nicht, heute ist sie nämlich den ganzen Tag unterwegs. Mit Andrea! Aber meine Freundin, die schmeißt sie einfach mal raus, weil wir reden müssen, und zwar sofort!«
»Und worüber wollte sie mit dir reden?«
Du hast aufgehört herumzutigern und hast dich ganz plötzlich auf einen Stuhl in der Ecke fallen lassen. Dann bist du wieder aufgestanden, und das sah schon fast komisch aus, wie in einem Film mit Piko & Sohn, nur dass du mit niemandem den Hut getauscht hast. »Hör zu«, sagtest du, »ich möchte dir was sagen.«
»Okay.« Es konnte jetzt nur um deine Mutter gehen, entschied ich und lag damit wieder einmal daneben, Ed, so wie immer, blöd wie ich bin.
»Sie wollte sagen, ich würde dich … wir würden zu schnell voranpreschen. Du hast ihr von dieser Filmstargeschichte erzählt, und sie weiß, dass ich nicht so bin. Mit … mit den anderen Mädchen, mit denen ich sonst zusammen bin, also war, ich meine früher, das sei eine Sache, aber du seist so klug und, was weiß ich, unerfahren , hat sie gesagt, aber so hat sie das nicht gemeint, verstehst du?«
»Ja«, sagte ich, und der Magen hing mir bis zum Boden. Du lässt mich fallen, bloß weil deine Schwester das sagt?
»Okay, ich weiß, was sie sagen will, aber sie hat keine Ahnung, Min. Sie ist so …, alle sind sie so dumm. Auch Christian und Todd, alle reden sie blödes Zeug. Du kämst aus einer anderen Welt, so als wärst du mit einem Raumschiff hier gelandet.«
Ich musste irgendwas sagen. »Ja«, sagte ich. »Und deshalb …?«
»Deshalb können sie mich alle mal«, sagtest du. »Das kümmert mich einen Scheiß, was die sagen.«
Ich spürte ein Lächeln in meinem Gesicht. Ein Lächeln und Tränen.
»Min, ich weiß, dass ich dumm bin, was schwule Filme angeht, oh, Scheiße, tut mir leid, was das angeht auch. Nichts für ungut! Ha! Aber ich bin fest entschlossen, Min. Zu jeder Party, auf die du Lust hast. Keine Lagerfeuer mehr. Was immer du vorhast zu diesem neunundachtzigsten Geburtstag, ich mach mit, auch wenn ich den Namen dieser Frau nicht mehr weiß.«
»Lottie Carson.« Ich trat dicht an dich heran, aber du wehrtest ab, du warst noch nicht fertig.
»Sie werden sich das Maul zerreißen, glaubst du nicht? Ich weiß es, natürlich werden sie das. Deine Freunde doch auch, oder?«
»Ja«, sagte ich. Etwas in mir kochte, vor Wut oder vor irgendetwas anderem. Ich lief neben dir auf und ab und wartete nur darauf, dir in die wild gestikulierenden Arme zu fallen.
»Ja«, sagtest du mit einem breiten Grinsen. »Lass uns zusammenbleiben. Ich will bei dir sein. Sag Ja! Ja?«
»Ja.«
»Mir ist das nämlich alles egal – ob du Jungfrau bist, ob du anders bist oder der
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