43 Gründe, warum es AUS ist
weiterspielten.
»Bier«, sagte Al, offenbar selbst überrascht von seinem Entschluss. »Ich brauch jetzt eins, willst du auch? Meine Eltern haben ein paar Flaschen Scarpia’s, die merken das gar nicht.«
» Al, du kennst mich doch. Ich und Bier!«
»Ich kenne dich, klar.« Er lehnte sich zum offenen Kühlschrank hinüber, griff sich eine Flasche, öffnete sie mit dem Handtuch und warf den Kronkorken ins Spülbecken – was sonst so gar nicht seine Art ist. Dann trank er einen großen Schluck.
»Wenn du nicht darüber reden magst«, sagte ich.
»Schon okay«, sagte er und setzte sich neben mich aufs Sofa. Das Scarpia’s sprudelte, die Band spielte immer weiter.
»Ich hab sonst niemanden, den ich fragen kann.«
»Okay.«
»Wirklich nicht. Und wir sind doch Freunde.«
»Ja«, sagte er und trank noch einen Schluck.
»Also raste jetzt bitte nicht aus!«
»Okay.«
»Bestimmt nicht?«
»Okay, hab ich gesagt.«
»Irgendwen muss ich nämlich fragen.«
»Min, das hier kommt mir langsam vor wie dieser Film eben. Du sagst ununterbrochen dasselbe. Frag einfach, was du –«
»Bin ich«, fragte ich, »ist es okay, wenn man keine Jungfrau mehr ist?«
Al setzte sich kerzengerade auf und stellte das Bier auf dem Couchtisch ab. »Soll das heißen, du –?«
»Nein«, sagte ich, »ich bin’s. Noch.«
»Das wäre nämlich ziemlich schnell.«
»Okay«, sagte ich. »Vielleicht hast du meine Frage damit schon beantwortet.«
»Min, ich meine ja nur.«
»Nein, nein, du hast ja recht.«
»Es sind doch erst ein paar Wochen, oder?«
»Ja. Aber ich hab ja auch nicht. Ehrlich. Also du würdest denken –«
»Ich würde das nicht bewerten, Min.«
»Sag das nicht. Eben hast du noch schnell gesagt.«
»Wär’s ja auch.«
»Schnell ist eine Bewertung.«
»Nein, Min.« Al trank sein Bier leer, starrte aber weiter auf die Flasche. »Schnell ist ein Adjektiv.«
Wir sahen einander mit einem kleinen Lächeln an. »Was ich fragen will, ist wahrscheinlich –«
»Ich glaube, ich weiß, was du fragen willst, Min. Aber ich weiß nicht, Min.«
»Ob es okay ist, das meine ich.«
»Ob es okay ist, nicht mehr Jungfrau zu sein, ja. Die meisten Menschen sind es nicht mehr. Sonst gäbe es ja überhaupt keine Menschen.«
Ich zappelte mit dem Bein auf dem Sofa. Um diese Menschen ging es mir ja gar nicht, dachte ich, mir ging es nur um dich. »Wie findest du das denn?«, fragte ich. »Das will ich doch wissen. Du bist doch ein Junge.«
»Ja.«
»Also weißt du doch auch, wie du darüber denkst. Wenn ein Mädchen, du weißt schon, in einem Auto oder in einem Park mit jemandem rummacht.«
»Jesses, Min. Was für einem Park denn?«
»Nein, nein, nur so als Beispiel. Falls.«
»Okay, dann also: In was für einem Auto? Nämlich wenn es der neue M-3 –«
Ich knallte ihm ein Kissen an den Kopf. »Wie denken die Leute darüber?«
»Die Leute?«, fragte Al.
» Al. Irgendwelche Leute. Du weißt doch, was ich meine!«
»Unterschiedliche Leute denken unterschiedliche Dinge.«
»Ich weiß, aber – sagen wir mal, Jungs.«
»Manche Jungs fänden es gut, denke ich mal. Ich meine – logisch. Sexy würden sie es ja wohl finden, oder? Andere würden Schlimmeres denken. Und wieder andere würden vermutlich noch was anderes denken, vermute ich. Keine Ahnung, Min, das ist doch Blödsinn. Ich hab keine Meinung dazu.«
»Gar nicht blöd«, sagte ich. »Nicht für mich. Al. Was ich die ganze Zeit zu fragen versuche: Was ist mit dir?«
Al stand auf, so leise und vorsichtig, als wäre er voller Glassplitter. Oder als hielte er ein Baby. Ich war so dumm, blöd und bescheuert. Ich bin bescheuert, Ed, und das ist auch ein Grund, weswegen es aus ist mit uns. »Was soll mit mir sein?«, fragte er.
»Was du meinst, will ich wissen«, sagte ich, »und sag jetzt nicht, du hast keine Meinung.«
Al sah sich im Zimmer um. Die Musik wartete. »Ich glaube, Min, was ich meine, ist das: Wenn ich an Sex denke, dann möchte ich, dass es sich gut anfühlt. Nicht gut, sondern richtig. Dass man nicht nur rumvögelt, sondern glücklich dabei ist. Ich meine, man sollte es nicht nur tun, um es zu tun. Du solltest den Typen schon lieben.«
»Das tu ich«, sagte ich leise, »ich liebe den Typen.«
Einen Moment lang stand Al ganz still. Dann seufzte er ganz, ganz leise, etwa so, wie ein Keks zerkrümelt. »Das soll sich jetzt nicht anhören wie dieser Film, den wir uns ansehen mussten«, sagte er, »aber woher weißt du, Min, dass du nicht bloß …«
»Ich
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