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43 Gründe, warum es AUS ist

Titel: 43 Gründe, warum es AUS ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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nicht einmal das konnte den Anblick toppen, wie du da lachend vor mir gestanden hast. Ich hab dir das nie erzählt, nicht einmal, nachdem ich Ich liebe dich zu dir gesagt hatte, so viele Male, immer wieder, den ganzen Tag lang, nie habe ich dir gesagt, wie schön es damals mit dir war, auch wenn alle Welt uns genau davor warnte, nie habe ich dir das gesagt, es war einfach zu gewaltig, um Worte dafür zu finden, bis jetzt, wo ich unter Tränen bei Leopardi sitze, mit meinem wiedergewonnenen Freund. Jetzt ist es etwas, das ich im Licht jenes wundervollen Morgens staunend betrachten kann, mit einem Lächeln für dich und für mich.
    »Und nun, Min«, hast du mich – noch immer kurzatmig – gefragt, »was möchtest du jetzt tun?«, und bei dem Gedanken daran, was ich dir geantwortet habe, werde ich noch heute rot.

     

 
     
    Unauslöschlich ist das Wort, das sie in dem Buch immer benutzen, in Wenn die Lichter ausgehen: Eine kurze illustrierte Geschichte des Films, unauslöschliche Bilder, der Ausdruck kommt ständig vor. Die Messingmaske des Herrschers in Reich der Rache, die mit dem Gesicht nach oben im Wasserstrudel treibt, bevor sie langsam in der schwarzen Tiefe versinkt. Oder Patricia Ocampos trauriger, verächtlicher Blick in Die letzten Tage von El Paso, als die Postkutsche sich in Bewegung setzt. Oder Paolo Arnold, der die Sphinx aus dem Gestein meißelt und wütende Schreie gen Himmel richtet. Auch Bette Madsens Beine gelten als unauslöschliches Bild, vor allem der Spagat, den sie in diesen unglaublichen Strümpfen in Zum Brüllen komisch! hinlegt, ebenso die Kinder in Der Körper ist eine Maschine (Le corps est une machine), die unbekümmert spielen, während auf der anderen Seite des Zauns der Mörder verblutet, die fliegenden Untertassen in Die Fliegenden Untertassen, auch sie unauslöschlich. Was nichts weiter heißen soll, als dass einem die Bilder im Kopf bleiben. Bisher kannte ich den Ausdruck nur im Zusammenhang mit Tinte.
    Ich hab so ein inneres Bild von mir, aus der leeren Konzertmuschel in den Bluebell Gardens, ich sehe mich vor mir, in Jeans und dem grünen Top, das dir angeblich gefällt, das du aber heute vermutlich nicht unter anderen Tops herausfinden könntest, dazu meine schwarzen China-Schläppchen, die mir fast von den Füßen fallen, der Pullover, den ich mir lässig um die Hüften gebunden habe, weil mir vom langen Fußweg von der Bushaltestelle so heiß geworden ist, und der schon auf Halbmast hängt. Ich sitze genau da, wo sie am Nationalfeiertag immer die Märsche spielen und wo Folk-Sänger, die vor ewigen Zeiten mal cool waren, gegen Ungerechtigkeit singen, wo aber außerhalb der Saison nichts zu sehen ist als kalter grauer Beton, altes Laub und ab und an mal ein aufgeregt vorbeihuschendes Eichhörnchen. Da habe ich gesessen, mit V-förmig ausgestreckten Beinen, und die Pistazien gefuttert, die deine Schwester gewürzt und für dich in diese elegante Blechdose gefüllt hat. Dieses Bild wird nie verblassen. Es ist nichts, was ich gesehen habe – nichts, was ich auf irgendeine Weise hätte sehen können –, denn wir waren zusammen da, aber wenn ich dieses Bild vor mir sehe, bist du nie mit darin. In diesem unauslöschlichen Bild sitze ich allein da, esse Pistazien und reihe die leeren Schalen in perfekten Halbkreisen auf, die immer kleiner werden, wie Klammern in Klammern. Wirklich, denn du warst die ganze Zeit damit beschäftigt, nachzusehen, ob Stromanschlüsse da waren.
    »Hier«, hast du glücklich hinter einem Stapel von Plastikplanen gerufen. »Eine ganze Reihe von Steckdosen gibt’s hier.«
    »Und ist auch Strom drauf?«
    »Soll ich vielleicht die Finger reinstecken? Bestimmt ist Strom drauf. Wer sollte den denn abschalten? Genug für Beleuchtung und Musik. Joans alter Ghettoblaster müsste uns reichen. Der ist hässlich, aber laut.«
    »Und was für Licht?«
    »Wir haben Lichterketten, für Weihnachten, die sind auf unserem chaotischen Dachboden nur immer so schlecht zu finden. Kommt man an eure besser dran?«
    Ich sah ihn an und wartete.
    »Oh – stimmt ja.«
    »Eben.«
    »Ihr feiert kein Weihnachten.«
    »Wir feiern kein Weihnachten.«
    »Aber vielleicht Chanukkah-Lichter«, hast du gefragt und warst mit ein paar großen Schritten bei mir. »So was gibt’s. Ich meine, Chanukkah ist doch das Lichterfest, oder?«
    »Woher weißt du das?«
    »Nachgelesen. Ich interessiere mich für jüdische Gebräuche.«
    »Mach mal halblang!«
    »Annette hat’s mir gesagt«, hast du

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