43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
Mann finden!“
„Sie meinen sich?“
„Ja.“
„Wie wollen Sie beweisen, daß Sie wirklich derjenige sind, den ich suche?“
„Indem ich Sie an mein Herz nehme und nimmer davon lasse; indem ich Sie im Triumph nach Rodriganda führe und meinen Vorfahren anreihe; indem ich Sie von der Bühne hinweg bis hinauf zu den höchsten Stufen des Thrones geleite; indem ich für Sie wage, opfere und vollbringe, alles, was ein Großer der Erde für das Weib seiner Wahl und Liebe nur zu tun vermag.“
„Weib sagen Sie?“
„Ja.“
„Und Ihre beiden Söhne?“
„Diese werden Sie anbeten, ganz so wie ich.“
„Fast möchte ich Vertrauen fassen. In meinem Herzen wohnt ein ganzes Meer von Glück und Liebe, fast möchte ich es wagen für das, was Sie mir versprachen.“
„Tun Sie es, Señorita!“ bat er.
„Nun wohl, Sie sind kein Knabe mehr, sondern ein Mann, der mit dem Leben gerungen hat. Ich will mich prüfen, ob ich Ihnen vertrauen kann. Gehen Sie jetzt und kommen Sie heute abend wieder.“
Die Tänzerin erhob sich und schob ihn nach der Tür zu. –
Hatte schon der Sturz der Ballerina gestern bedeutendes Aufsehen erregt, so wurde dieses Aufsehen geradezu verzehnfacht durch die Nachricht, daß Graf Manfredo Rodriganda, der Vizekönig von Indien, die Tänzerin in seiner eigenen Equipage habe nach Hause fahren lassen. Heute früh nun verbreitete sich gar die Kunde, daß er die ganze Nacht bei ihr zugebracht habe, und so war es gar nicht zu verwundern, daß bereits vor der gewöhnlichen Visitenstunde ein Mann vor ihrer Wohnung aus dem Wagen sprang, dem diese Gerüchte nicht gleichgültig sein konnten – der Herzog von Olsunna.
Er eilte in förmlicher Hast die Treppe hinan, und als Elvira hineinging, um ihn anzumelden, wartete er gar nicht, bis das Mädchen wieder zurückkehrte, sondern trat sofort ein.
Er fand die Ballerina angekleidet auf der Ottomane sitzen.
„Hanetta!“ rief er, die Arme ausbreitend.
„Eusebio!“ antwortete sie, ziemlich kalt, beinahe ironisch.
„Was, du fliegst mir nicht entgegen?“ fragte er.
„Nein“, antwortete sie sehr ernsthaft.
„Nicht? Was habe ich dir getan?“
„Nichts, mein Lieber.“
„Aber einen Grund muß es doch haben!“
„Allerdings!“
„Darf man ihn erfahren?“
„Gewiß. Ich fliege dir heute nicht entgegen, weil ich gestern während der Vorstellung erfahren habe, wie gefährlich das Fliegen ist.“
„Gut, so werde ich mir erlauben, an dein Herz zu fliegen!“
„O bitte, lassen wir lieber alles Fliegen!“ wehrte sie ihn ab.
„Aber weshalb auf einmal so kalt, Hanetta? Tod und Teufel, so ist es wirklich wahr, was die Leute reden?“
„Was reden sie?“
„Daß du nach dem Grafen Rodriganda angelst!“
„Hm! Oder er nach mir. Du weißt, mein lieber Eusebio, daß ich nie nötig habe, die Angel auszuwerfen!“
„Ja, eine verdammte Hexe bist du“, lachte er gepreßt. „Also du gibst zu, daß etwas Wahres an dem Gerücht ist?“
„Ja, ich gebe es zu.“
„Donnerwetter! So hole der Teufel den Rodriganda!“
„Ich wünsche ihm im Gegenteil alles Gute, weil er es ehrlich mit mir meint.“
„So! Meine ich es etwa nicht ehrlich und gut mit dir? Ich liebe dich zum Rasendwerden und bin zu jedem Opfer bereit.“
„Nun gut, so heirate mich!“
Der Herzog blickte sie groß an und rief:
„Dummheit!“
„Ah, du hältst also eine Heirat zwischen uns für eine Dummheit?“
„Natürlich! Verlange, was du willst von mir, nur das nicht! Übrigens weißt du ja selbst ebensogut wie ich, daß eine Tänzerin in unseren Kreisen eine Unmöglichkeit ist.“
„Ich werde dir das Gegenteil beweisen. Graf Rodriganda würde mich heiraten.“
„Unsinn!“
„Ich versichere es dir! Er, der Vizekönig!“
„Abermals Unsinn!“
„Und wenn ich dir nun sage, daß er mir bereits den Antrag gemacht hat?“
„Ich glaube es nicht!“
„Er hat sich für heute abend meine Antwort erbeten.“
„So ist er einfach ein Tor!“
„Nein, er ist sehr bei Sinnen. Er trägt eine große, wirkliche Liebe im Herzen, deren Gegenstand ich bin. Leider aber möchte ich um seinetwillen wünschen, daß ich einer solchen Liebe würdiger wäre.“
„Na, siehst du!“
„Ich will aufrichtig sein: Er ist ein alter Mann, keiner kommt aus Indien zurück, ohne durch Beulen und dergleichen Schaden an seinem Körper gelitten zu haben; er ist kein Mann für ein schönes junges Weib. Wolltest auch du mich heiraten, so hätte ich die Wahl zwischen euch beiden, und ich
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