43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
Muße und Beleuchtung genug, um seinen Raub zu betrachten. Die Uhr war kostbar, und was die Kette betraf, so hatte Terbillon deren Wert heute sicherlich nicht unterschätzt. Die Ringe, deren er fünf hatte, waren sämtlich mit Brillanten besetzt; die Börse enthielt mehrere hundert Franken in Gold und wenig Silber, und in dem Portefeuille staken achtzehnhundert Franken in Staatsscheinen.
„Donnerwetter“, brummte der Schmied, „ist das ein Fang! Wie heißt der Kerl?“
Damit schlug er das Notizbuch auf, das in das Portefeuille eingebunden war, und las auf der ersten Seite desselben:
„Alfonzo Graf de Rodriganda y Sevilla.“
Er blätterte und schüttelte den Kopf. Die Notizen waren alle in spanischer Sprache abgefaßt.
„Das verstehe ich nicht; das ist eine fremde Sprache. Soll ich das Portefeuille fortwerfen?“
Er sann einen Augenblick nach.
„Nein. Wer weiß, wozu es nützen kann! Ich werde sehen, ob es Italienisch oder Spanisch ist; dann kaufe ich mir ein Wörterbuch und schlage so lange nach, bis ich mir den Inhalt übersetzt habe. Ich brauche mir ja nur eine Zeile abzuschreiben und einen Buchhändler zu fragen, welche Sprache es ist.“
Er steckte alles zu sich.
„Was nun?“ fragte er sich dabei. „Gebe ich das alles wirklich an Papa Terbillon ab? Ah, daß ich ein Tor wäre! Ich habe über zweitausend Franken bar; davon kann ich längere Zeit leben, ohne daß ich diesen alten Terbillon brauche. Und die Uhr und die Ringe? Pah, die behalte ich keine Viertelstunde bei mir. Etienne Lecouvert kauft sie mir sofort ab. Also fort, zu ihm!“
Er verließ den Kahn, schritt die Quais Voltaire, Malaquais, Conti, des Augustins und St. Michel hinauf und wandte sich dann durch die hier liegenden kleinen Gassen rechts bis zur Rue de Carmes hinüber.
In dieser Straße wohnte zu jener Zeit einer der berüchtigtsten Hehler von Paris. Er nannte sich Etienne Lecouvert und war der Besitzer einer vielbesuchten Bier- und Branntweinkneipe. Sein Lokal zerfiel in zwei Teile; der eine war öffentlich und der andere geheim. Zu dem letzteren hatten nur seine vertrauten Kunden Zutritt, zu denen auch der Schmied gehörte.
Dieser trat in den Flur des Hauses, schritt an der eigentlichen Gaststubentür vorüber und blieb im Hintergrund des dunklen Hausganges vor einem alten Schrank stehen, an dem er auf eigentümliche Weise klopfte. Es wurde wieder geklopft, und als er eine ähnliche Antwort gab, bewegte sich der Schrank auf unsichtbaren Rollen von seiner Stelle, und es kam nun eine offenstehende Tür zum Vorschein.
Der Schmied trat ein, und sofort rückte der Schrank an seine vorherige Stelle zurück.
Der Gast befand sich in einem nicht sehr großen Zimmer, in dem mehrere Tische mit Stühlen standen. Es gab da kein einziges Fenster, sondern nur ein Loch in der Decke, durch das die ungesunde Luft abziehen sollte.
Ein Gast war noch nicht anwesend; nur der Wirt saß vor dem Schanktisch, und am Eingang stand ein gnomenartiges Geschöpf, welches das Öffnen und Schließen des Einganges zu besorgen hatte.
„Guten Abend, Etienne Lecouvert!“ grüßte Gerard.
„Ah, Gerard l'Allemand!“ erwiderte der Wirt. „Willkommen!“
Er erhob sich von seinem Sitz und reichte dem Eingetretenen die Hand.
„Noch niemand hier?“ fragte dieser.
„Kein Mensch.“
„Ist mir lieb, da ich ein Geschäft habe.“
Der Wirt hatte das Aussehen eines Biedermannes, niemand hätte in ihm so leicht einen berüchtigten Hehler vermutet. Aber bei den letzten Worten des Schmiedes warf er einen Blick auf denselben, der gar nicht habgieriger sein konnte.
„Bringst du etwas, das lohnt?“ fragte er.
„Ich denke. Sind wir aber wirklich sicher?“
„Wie im Himmel!“
„Da, Etienne, sieh dir einmal diese Uhr an!“
Gerard zog die Uhr heraus und reichte sie dem Hehler hin.
„Verdammt!“ fluchte dieser, als er einen Blick darauf geworfen hatte. „Diese Uhr hat keinem Lumpen gehört! Seit wann hast du sie?“
„Seit zehn Minuten.“
„Alle Teufel, du gehst sehr schnell zu Werke. Was willst du haben?“
„Was bietest du?“
Der Wirt drehte Uhr und Kette nach verschiedenen Richtungen, untersuchte beide genau und sagte:
„Zweihundert Franken sollst du haben. Mehr nicht.“
„Dann verkaufe ich die Uhr an einen anderen“, entgegnete der Schmied kaltblütig.
„Es wird sie dir kein anderer abkaufen“, meinte der Wirt ebenso ruhig, „weil Papa Terbillon allen Kollegen heute verboten hat, von dir zu kaufen. Er schickte seine Alte, die
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