43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
nicht um einen Spitzbuben!“
„Weiß ich es?“
Da nahm auch der Herr das Wort:
„Papa Terbillon, wollt Ihr oder wollt Ihr nicht? Ich bin nicht gewohnt, so lange Zeit gute Worte zu geben!“
Erst jetzt erhob sich der Alte und machte eine Art von Verbeugung. „Ah, das klingt wirklich, als ob Sie ein echter Edelmann seien. Werden Sie gut zahlen, wenn ich Ihnen diene?“
„Was verlangst du?“
„Das richtet sich ganz nach der Arbeit. Was wünschen Sie also?“
„Ich wünsche, vollständig unkenntlich gemacht zu werden. Wie du das anfängst und wie du es fertigbringst, das ist deine Sache.“
„Unkenntlich für welche Zeit?“
„Hm“, sagte der Fremde nachdenklich. „Wenn ich es für längere Zeiten sein will, und ich hätte Veranlassung, mein echtes Gesicht wieder zu zeigen, ehe diese Zeit verflossen ist, kann man dann die Imitation entfernen?“
„Sofort.“
„Und welches ist die längste Zeit?“
„Fünf bis sechs Wochen. Später wird der Bart zum Verräter.“
„So wollen wir es für diese Zeit versuchen. Was verlangst du?“
„Zweihundert Franken.“
„Alle Teufel, das ist viel“, meinte der Fremde.
„So gehen Sie zu einem anderen.“
„Pah, ich bleibe! Ich werde sie dir zahlen, aber nach beendigter Arbeit.“
„Und ich beginne die Arbeit nicht vorher. Es kommt mancher zu mir, der mich betrügt.“
Der Fremde machte eine verächtliche Handbewegung und entgegnete:
„Es handelt sich nur darum, ob deine Arbeit zweihundert Franken wert ist.“
„Tausend Franken ist sie wert“, beteuerte der Alte.
„Nun gut, so zahle ich dir jetzt die Hälfte und die andere Hälfte dann, wenn ich mit dir zufrieden bin.“
„Ich will es gelten lassen, Monsieur.“
„So nimm, hier.“
Der Fremde zog eine Portefeuille hervor, öffnete es und nahm eine der darin liegenden Hundertfrankennoten hervor, die er dem Alten gab.
Dieser tat gar nicht, als ob er das Portefeuille beachte, aber es war doch ein blitzschneller scharfer Blick gewesen, den er darauf geworfen hatte.
„Ich danke“, sagte er, indem er die Note in die Tasche seines Schlafrocks schob. „Setzen Sie sich gefälligst auf diesen Stuhl.“
Während der Fremde Platz nahm, verschwand der Alte hinter einer dritten Tür und kehrte bald mit einem großen Kasten zurück, der Messer, Scheren, Kämme, Haare, Bartwolle, Farben und Beizen und verschiedene Flaschen, Schachteln und Büchsen enthielt.
„Sie sind dunkelblond“, sagte er. „Soll ich Sie brünett oder schwarz machen?“
„So, daß man mich nicht erkennt, weiter verlange ich nichts.“
„Also schwarz.“
„Aber daß keine nachträglichen Spuren bleiben.“
„Keine Sorge, Monsieur.“
Papa Terbillon begann nun sein Werk. Es ging höchst langsam vorwärts, aber es gelang ihm ausgezeichnet, er mußte eine ganz besondere Übung besitzen. Endlich trat er auf einen Augenblick in den Raum, in dem der Schmied saß.
„Hast du dir ihn genau angesehen?“ flüsterte er ihm zu.
„Ja“, antwortete Gerard ebenso leise.
„Er hat Geld, viel Geld.“
„Ich habe es gesehen.“
„Ich muß es haben, und zwar durch die Garotte. Wenn du es mir bringst, erhältst du zweihundert Franken Gratifikation.“
„Ich werde es versuchen und ehrlich sein.“
„Du hast deinen Tagelohn, du hast den Mann bei mir kennengelernt, folglich gehört sein Geld nun nur mir allein.“
„Mache dir keine Sorge, Papa Terbillon.“
„Gut, so verlasse jetzt das Haus und warte draußen auf ihn. Dann folgst du ihm und läßt ihn heute nicht wieder aus den Augen.“
„Wie kann ich das Haus verlassen, ohne daß er mich sieht?“
„Komm!“
Terbillon zog Gerard weiter in das Dunkel hinein, bis an eine Treppe, die nach oben ging. Diese stieß an eine Tür, und als der Alte diese öffnete, stand Gerard auf dem Flur des Hinterhauses.
„So, nun gehe! Ich werde heute warten, bist du kommst“, sagte Terbillon.
„Und wenn er mir nun erst spät in die Hände gerät?“
„So kommst du morgen früh.“
„Und wenn er heute vorsichtig ist?“
„So wird er morgen unvorsichtig sein. Adieu.“
Terbillon schloß hinter dem jungen Mann wieder zu und kehrte dann nach seinem Atelier zurück. Hier tat er, als habe er noch einiges hinzuzufügen, und endlich sagte er:
„Fertig! Das war eine tüchtige Geduldprobe.“
„Allerdings“, entgegnete der Fremde. „Ich hoffe, daß dein Werk desto besser geraten ist.“
„Ich bin zufrieden“, sagte der alte Terbillon wohlgefällig.
„Wie steht es?“
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