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43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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berauben.“
    „Berauben, ah!“ sagte er.
    Erst jetzt bemerkte er, daß ihm die Handschuhe abgezogen seien. Er griff in die Taschen und erschrak.
    „Sie erschrecken“, sagte die Wirtin. „Fehlt Ihnen etwas, Monsieur?“
    „O ja, leider“, stöhnte er. „Es fehlt mir alles. Meine Brillantringe, Uhr und Kette sowie meine Börse mit einigen hundert Franken; dann auch mein Portefeuille, das achtzehnhundert Franken enthielt.“
    „Das ist ja ein ganzes Vermögen“, jammerten die Anwesenden.
    „Ich möchte dies gern verschmerzen“, sagte er, „aber es enthielt auch ein Notizbuch mit sehr kostbaren Bemerkungen, die mir ganz unersetzlich sind.“
    „Welch ein Unglück! Aber da kommt der Wein. Trinken Sie, Monsieur.“
    Alfonzo nahm das Glas, und nun erst während des Trinkens ließ er sein Auge forschend über die Umgebung schweifen. Er bemerkte sofort, in welch einem Haus er sich befand, und fragte:
    „Wie komme ich zu Ihnen, Madame?“
    „Sie lagen vor unserer Tür.“
    „Und Sie haben sich meiner angenommen?“
    „Ja. Dieser Herr fand Sie.“
    „Ich danke Ihnen. Wem gehört dieses Zimmer?“
    „Mir“, antwortete Mignon.
    „So bleiben Sie hier, während ich mich ein wenig erhole. Die andern aber bitte ich, sich nicht länger zu bemühen.“
    Die Mädchen verschwanden sofort mit der Wirtin und dem ersten Gast, und Alfonzo befand sich nun mit Mignon allein, die ihm gegenübersaß. Er verfiel in ein finsteres Nachdenken. Die Bemerkungen seines Notizbuches waren zwar nicht so unersetzlich, wie er gesagt hatte, aber sie enthielten gewisse Enthüllungen, die er unter Umständen fürchten mußte.
    „Grämen Sie sich nicht, mein Herr“, bat das Mädchen nach einer Weile. „Vielleicht ist es möglich, den Täter zu entdecken.“
    „Wer sollte ihn entdecken?“
    „Die Polizei. Oh, wir haben in Paris eine sehr schlaue Polizei.“
    „Wohin müßte man sich da wenden?“
    „An die Mairie des Arrondissements; sie liegt gleich hier an der Straße St. Honoré – zwischen der Straße de l'Arbre sec und der Rue du Roule.“
    „So werde ich dort Anzeige machen. Aber ich glaube nicht, daß es etwas hilft. Dieser Garotteur wird sich nicht fangen lassen.“
    „So lassen Sie sich einen Vorschlag machen, Monsieur. Sie sagen, daß es Ihnen am meisten um das Notizbuch zu tun ist. Machen Sie in einigen Blättern bekannt, daß Sie den Diebstahl nicht verfolgen werden, wenn der Dieb wenigstens das für ihn nutzlose Taschenbuch an Ihre Adresse sendet.“
    „Ah“, rief Alfonzo, „der Gedanke ist gut!“
    „Ich glaube, daß Sie auf diese Weise Erfolg haben werden, denn diese Garotteure sind zwar sehr gewalttätige, aber sonst oft gute Menschen.“
    „Meinen Sie?“
    „Ja“, sagte sie. „Ein Garotteur ist ehrenhafter als ein Taschendieb oder Einbrecher.“
    Das war nun allerdings eine eigentümliche Ansicht, und darum sagte Alfonzo mit einem leichten Lächeln:
    „Das dürfte schwer zu beweisen sein.“
    „Nein, das ist leicht, wenn ich nur wollte.“
    „Ah! Erklären Sie sich, Mademoiselle.“
    „Nun“, entgegnete sie, leicht errötend, „Sie wissen vielleicht nicht, in welch einem Haus Sie sich gegenwärtig befinden.“
    „Ich ahne es“, antwortete er.
    „So werden Sie auch glauben, daß hier Männer aller Stände verkehren, sogar Verbrecher, auch Garotteure.“
    Mignon dachte dabei an Gerard, ihren Geliebten, von dem sie ganz genau wußte, daß er sich durch die Garotte seinen Unterhalt erwarb.
    „Und das sind gute Menschen?“ lächelte er.
    „Wenigstens einer von ihnen. Er ist gut und treu, tapfer und verschwiegen. Er ist ein braver Kamerad, der zwar weiß, wie man einen festen Griff oder einen Hieb anzubringen hat, aber der Freund kann sich auf ihn verlassen!“
    Alfonzo horchte auf. Bei den Worten des Mädchens kam ihm ein Gedanke. Dieser Mensch war vielleicht mit anderen Garotteuren bekannt und konnte ihm zu seinem Notizbuch verhelfen. Ja, noch weiter. Dieser Mensch war vielleicht auch später zu gebrauchen.
    „Kennen sich die Verbrecher untereinander?“ fragte er.
    „Meist, und die Garotteure sicher. Eine jede Abteilung kennt ihre Angehörigen genau.“
    „Vielleicht könnte der, den Sie meinen, mir behilflich sein, mein Notizbuch zu erlangen?“
    „Ah, Monsieur, das ist sehr leicht möglich.“
    „Wenn ich ihn nur einmal sprechen könnte. Kommt er öfter zu Ihnen?“
    „Ja, aber heute nicht, denn er war erst gestern da.“
    Alfonzo blickte das Mädchen schweigend an, dann sagte

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