43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
und seinen eigenen Bankert an dessen Stelle geschoben.“
„Alle Teufel!“ rief Alfonzo, jetzt noch mehr erschrocken als vorher.
„Ja, nun ist der Sohn dieses Cortejo der junge Graf de Rodriganda, aber Doktor Sternau wird dafür sorgen, daß er es nicht lange bleibt.“
Gerard warf einen Blick auf das Bild und dann auf seinen Herrn, er nickte leise mit dem Kopf, er wußte nun, woran er war; da er seinen Herrn gesehen hatte, bevor er noch bei Papa Terbillon in Paris sein Äußeres verändern ließ, war ihm wohl bekannt, wie ähnlich dieser Marchese dem Gasparino Cortejo war. Die Lehrerin freilich konnte dies nicht erkennen.
„Und hat Ihnen dies alles der Jäger erzählt?“ fragte Alfonzo.
„Ja.“
„Von wem weiß er es?“
„Auf Schloß Rheinswalden wissen es alle.“
„Bedientenphantasie!“
„Nein, Wahrheit! Wie der gute Ludewig es erzählte, mußte man es glauben, obgleich es allerdings einen Punkt gab, der lächerlich war. Er sagte nämlich, er kenne das Gift, das Graf und Gräfin bekommen haben.“
„Ah! Welches sollte es sein?“
„Die sogenannte spanische Fliege.“
„Bringt diese etwa den Wahnsinn hervor?“
„Möglich, obgleich die Wirkung vorher eine andere ist, aber der Wahnsinn des Grafen und der Gräfin scheint mir nicht derart gewesen zu sein, daß er durch den Genuß von Kanthariden hervorgebracht worden sein könnte.“
„Eine Geschichte, ein Roman“, meinte Alfonzo, indem seine Stimme immer müder wurde.
„Oh, Monsieur, Sie werden ohnmächtig!“ rief erschreckt die Lehrerin und wollte beispringen, aber Gerard hielt sie zurück.
„Lassen Sie!“ flüsterte er. „Die Ohnmacht wird ihn stärken. Bitte kommen Sie heraus.“
Damit führte er die Frau leise aus dem Zimmer und fuhr fort:
„Madame, wollen Sie mir versprechen, meinem Herrn nichts zu sagen, daß ich dieser Unterredung beigewohnt habe. Ich habe triftige Gründe zu dieser Bitte.“
„Und diese Gründe darf ich nicht erfahren?“
„Jetzt noch nicht, aber später werde ich sie Ihnen mitteilen.“
„Ihr Herr scheint der Familie Rodriganda nicht fernzustehen, vielleicht ist er verwandt mit ihr?“
„Das ist mir nicht wahrscheinlich. Sie sprachen von einem Jäger, von dem Sie das Erzählte erfahren haben, ist er noch in der Nähe?“
„Er wollte erst nächsten Mittag abreisen. Sie wollen mit ihm sprechen in dieser Angelegenheit?“
„Vielleicht.“
„Er hat Gevatter gestanden bei dem zweiten Bahnwärter von der Unglücksstätte aufwärts, und dort ist er jedenfalls noch zu finden.“
„Ah, es war auf der Unglücksstelle ein Mann, der Jägeruniform trug. Er kam mit einem Bahnwärter herbei.“
„Das ist er ganz sicher gewesen.“
„So werde ich warten, bis der Arzt hier gewesen ist, und dann zu ihm gehen.“
„Ich habe nichts dagegen einzuwenden, da ich glaube, Ihren Herrn bis zu Ihrer Rückkehr allein pflegen zu können.“
Als jetzt Gerard wieder in das Zimmer trat, lag Alfonzo mit offenen Augen im Bett. Er hatte einen abwesenden Blick, der aber wieder zu sich kam, als er auf den Diener fiel.
„Gerard?“ fragte Alfonzo leise.
„Monsieur!“
„Warst du fort?“
„Ja.“
„War die Wirtin jetzt bei mir?“
„Ja.“
„Hast du gehört, was ich mit ihr gesprochen habe?“
„Sie sehen ja, daß ich nicht hier gewesen bin.“
„Hm! Gib mir einmal deinen Taschenspiegel her!“
Gerard griff in die Tasche und gab ihm das Verlangte hin. Als Alfonzo nun sich sehr aufmerksam in dem Spiegel betrachtete, dachte sein Diener bei sich:
„Jetzt will er sehen, ob bei dem Zusammenprall die Toilettenkünste gelitten haben.“
Der Graf schien das Resultat seiner Forschung für ein befriedigendes zu halten, denn er gab den Spiegel zurück und meinte:
„Ich sehe nicht so leidend aus, als ich glaubte. Hast du schon einmal ein Glied gebrochen oder einer deiner Bekannten? Das Einrichten muß sehr wehtun.“
„Hm! Jacques Guijard, mein Meister, brach einst den Arm. Und als der Arzt denselben zurecht gezogen hatte, meinte er, das hätte nicht weher getan, als ob einen ein Floh sticht.“
„Das war ein Schmied?“
„Ja.“
„Aber kein Marchese. Du hättest das viel besser ausgehalten als ich. Warum mußte doch mein Wagen umstürzen und nicht der deinige! Du bist ja auch ein Schmied.“
„Sie fuhren erster Klasse und ich dritter, Monsieur, und der gute Gott scheint der dritten günstiger zu sein als der ersten.“
Das lange Gespräch mit der Wirtin hatte die Kräfte des Grafen doch zu
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