44 - Die Intrige von Antares
Sklaven eingesammelt worden waren, flog die aus Gitterstäben bestehende Tür wieder auf. Ein Kataki trat ein und hielt nach Opfern Ausschau, während er mit der Peitsche spielte. Hinter ihm baute sich eine prächtige Auswahl der sogenannten Wache auf; es waren schmierige, unrasierte Männer mit grellen, übermäßig verzierten Gewändern. Die Gefangenen wichen zur Seite, manche auf allen vieren. Einige schluchzten vor Angst, und sie alle teilten das schreckliche Wissen, daß sie verloren waren.
Neben den Wachen stand ein einfältiger junger Relt, ein Schreiber, der überhaupt nicht ins Bild paßte. Er trug einen sauberen weißen Shamlak mit Kilt, und am Gürtel hingen die Beutel, in denen er sein Handwerkszeug verwahrte, also Feder, Tinte und Papier. Sein Gesicht mit dem spitzen Schnabel und den hellen Augen paßte absolut nicht zu dem Schrecken dieses Ortes. Er hielt sich die ganze Zeit ein parfümiertes Taschentuch unter den Schnabel.
»Die Messinglilie? « grollte der Kataki. »Wir haben sie gleich sortiert, Schreiber.«
Die Wachen bahnten sich rücksichtslos einen Weg zwischen den Gefangenen hindurch. Sie wußten genau, wen sie wo erwischt hatten. Ich wurde mit etwa einem Dutzend anderer Männer herausgegriffen, und man trieb uns zu einer Zweierreihe zusammen. Die Peitsche knallte.
»Grak!«
Die Gefangenen erschauderten bei diesem verhaßten Wort sichtlich.
Wir grakten und stolperten los. Die Peitsche schnitt ein paar Mal in meine Haut. Es war weder die Zeit noch der Ort, um einen Fluchtversuch zu unternehmen. Es würde sich schon eine Gelegenheit bieten, falls man uns aus diesem elenden Verlies brachte.
Unter den Männern entdeckte ich keinen, der Olivgrün trug. Doch das war nicht weiter verwunderlich und lag in der Gossenpolitik der Gräben begründet; zweifellos hatte die Wache mit einigen der Banden Übereinkünfte getroffen. Ich sah weder einen von Dagerts noch von Brannomars Männern. Diese armen Teufel hier waren alles Gäste der Messinglilie gewesen und ins Kampfgetümmel geraten, als die Wache eingegriffen hatte. Und ich war mit ihnen aufgegriffen worden.
Lingurd der Polsim war nicht dabei. Ich konnte nur hoffen, daß er so klug gewesen war, Kordens Schwert sofort Naghan dem Faß zu übergeben.
Wir stiegen Steintreppen hoch, marschierten Gänge entlang und mußten Gittertore passieren. Gefängnisse sind alle gleich. Der Schreiber ging voraus. Der Gestank ließ in dem Maße nach, in dem wir höher kamen und die Luft frischer wurde.
In einem Raum, der vermutlich der Anklageniederschrift diente, wurden die Formalitäten erledigt. Der Schreiber unterzeichnete für uns die Papiere, und wir wurden Wachmännern eines ganz anderen Formats übergeben. Es waren alle möglichen Diffs vertreten, und sie trugen eine Halb-Rüstung mit vielen schwarzroten Verzierungen. Ihre Waffen waren solide, und sie marschierten wie ehemalige Soldaten, die zur persönlichen Leibwache eines Adeligen geworden waren. An der Spitze gab ein dicker Deldar mit vielen Ordenfedern das Tempo vor. Wir stolperten zwischen den Bewachern dahin. Sie gingen kein Risiko ein.
Das Gefängnistor, das sich in einer langen, schmucklosen grauen Wand befand, führte auf einen Kyro. Einige der Passanten drehten sich nach uns um und starrten uns an, doch die meisten wandten die Augen von dem unangenehmen Anblick. Man zwängte uns nacheinander unter Bewachung in eine Seilbahnkabine und transportierte uns an zwei Hügeln vorbei. Der Duft der frischen Brise war nach dem Kerkergestank eine wahre Erleichterung. An unserem Ziel wurden wir wieder zusammengetrieben. Dann ging es im Laufschritt breite Straßen entlang, bis wir durch einen niedrigen Torbogen in einen Hof kamen. Es handelte sich um den Hintereingang eines prächtigen Palastes. Wir marschierten durch Korridore, die von Mal zu Mal prunkvoller wurden, kamen zu Türen, vor denen noch prächtiger gekleidete Wachen standen, die uns jedesmal überprüften. Schließlich gelangten wir in einen großen Saal, in dem das strömende, vermengte Licht der frühen Morgensonnen auf Marmor, vergoldete Oberflächen und Gobelins fiel. Hier also würde sich unser Schicksal entscheiden.
Wir wurden in die Saalmitte getrieben. Dort blieben wir stehen, scharrten mit den Füßen und sahen uns um. Auf einem Podest stand die Art von throngleichem Stuhl, auf dem ich Brannomar hatte sitzen sehen. Dahinter hingen pflaumenfarbene Vorhänge. Ein paar Bedienstete kamen herein und leerten die Säcke, die sie trugen, auf
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