44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
waren?“
„Ich lernte Miß Amy in Rodriganda kennen.“
„Ah“, sagte Josefa überrascht, „sie ist eine Freundin von Contezza Rosa gewesen?“
„Gewiß.“
„War das Leben in Rodriganda ein gesellschaftlich bewegtes, Señor?“
„Ich habe das strikte Gegenteil gefunden.“
„Das glaube ich nicht. Sie sagen, Miß Amy sei zugegen gewesen, und in einem Brief an uns wurde ein französischer Offizier erwähnt. Ich glaubte aus diesem Grund, daß man nicht einsam gelebt hat.“
Sternau merkte sehr wohl, daß er jetzt über Mariano ausgefragt werden solle. „Ja, es war fast einsam“, sagte er kalt.
„Aber diesen Offizier lernten Sie auch kennen?“
„Ja.“
„Können Sie sich seines Namens erinnern?“
„Er nannte sich Alfred de Lautreville.“
„Und war er lange in Rodriganda?“
„Einige Tage.“
„Dann kehrte er nach Frankreich zurück?“
„Hm! Er reiste ab, ohne uns ein Ziel zu nennen, Señorita.“
Josefa sah, daß Sternau so nicht zu fassen war. Er sagte ihr zwar keine direkte Unwahrheit, aber er gab ihr auch die gewünschte Auskunft nicht. Sie stand eben im Begriff, eine neue Frage zu formulieren, als Helmers eintrat. Dies war Sternau sehr lieb. Er konnte sich somit auf kurze Zeit entfernen, da Helmers als Seemann genug Spanisch gelernt hatte, um sich leidlich verständlich machen zu können. Er stellte daher den Seemann vor und entfernte sich unter einem schnell gesuchten Vorwand.
Dann eilte er zu dem Lord, bei dem er Amy und Mariano fand.
„Was bringen Sie?“ fragte ersterer. „Sie treten ja in einer ganz besonderen Eile ein.“
„Ich bringe Ihnen die Bestätigung meiner gestrigen Mutmaßung; Cortejo ist da.“
„Unmöglich! Bei Ihnen?“
„Ja, er und seine Tochter.“
Der Lord schüttelte den Kopf und entgegnete lachend:
„Und Sie haben beide sitzen lassen?“
„Nein, Helmers ist bei ihnen. Ich komme nur, um Ihnen eine Bitte vorzutragen.“
„Sprechen Sie!“
„Laden Sie die beiden zum Frühstück ein.“
Der Lord machte ein sehr erstauntes Gesicht.
„Die beiden Cortejos?“ fragte er. „Nehme an, daß Sie im Scherz sprechen.“
„O nein, ich spreche im vollsten Ernst. Zwar sehe ich, daß auch Miß Amy sich über meine Bitte wundert, aber ich ersuche dennoch um die Erlaubnis, sie aufrechterhalten zu dürfen.“
„Aber, beim Teufel, aus welchem Grund denn?“ fragte Lindsay. „Dieses Geschmeiß ist mir so verhaßt und widerwärtig, daß ich es gar nicht sehen mag!“
„Ich muß wissen, welchen Eindruck der Anblick Marianos auf dasselbe macht.“
„Ah so, das ist etwas anderes! Aber so nehmen Sie ihn doch mit hinüber zu ihnen.“
„Nein, Mylord. Sie beide sollen ja Zeugen dieses Eindruckes sein!“
Der Lord nickte leise vor sich hin, und da er jetzt auch auf dem Angesicht seiner Tochter die Gewährung von Sternaus Bitte las, so erwiderte er:
„Gut, das kann von Wert für uns sein. Sie mögen also zum Frühstück kommen.“
„Aber ich kann sie nicht einladen, Mylord!“ meinte Sternau.
„Hm, auch das noch! Nun wohl, gehen Sie in Gottes Namen; ich werde das besorgen.“
Sternau kehrte in sein Zimmer zurück, wo er jetzt von unbequemen Fragen verschont blieb, da die Anwesenheit des Seemannes dem Gespräch eine allgemeine Richtung gab. Nach einiger Zeit trat der Lord ein. Sich den Anschein gebend, als ob er geglaubt habe, Sternau allein zu treffen, und als sei er von der Anwesenheit Cortejos und Josefas gar nicht unterrichtet, begrüßte er sie mit vornehmer Freundlichkeit, blieb einige Zeit und lud sie dann ein, am Frühstück mit teilzunehmen, was sie bereitwilligst annahmen.
Nach kurzer Zeit versammelte man sich im Speisesalon. Es waren alle da, und nur Marianos Stuhl war unbesetzt; dennoch aber wurde begonnen, und ein lebhaftes Gespräch würzte die reichlich aufgetragenen mexikanischen Delikatessen.
Da, nach einer ziemlichen Weile erst, trat Mariano ein. Man hatte Cortejo und seine Tochter so placiert, daß sie ihn jetzt nicht sofort sehen konnten. Erst als er näher trat und sich bei seinem leeren Stuhl, der neben dem Sitz Cortejos stand, aufstellte, merkte der letztere, daß ein neuer Gast eingetreten sei, und blickte auf. Kaum aber hatte er in das Gesicht Marianos gesehen, so fuhr er erschrocken von seinem Stuhl empor und rief:
„Graf Emanuel!“
Sein Gesicht war bleich geworden, und seine Augen standen weit geöffnet. Auch seine Tochter hatte sich erhoben und starrte Mariano an. Es befand sich im Palast der Rodriganda ein Bild
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