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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Eulenaugen bekamen einen milderen Ausdruck, ihre bleichen Wangen röteten sich, und endlich erhob sie sich wieder und schritt hinauf in das Bibliothekzimmer ihres Vaters, wo das Jugendbild des Grafen Emanuel an der Wand hing. Sie nahm es herab, trat damit an das Fenster und betrachtete es.
    „Es gleicht ihm auf das Haar“, sagte sie leise. „O, was ist Alfonzo gegen ihn! Was ist der falsche gegen den echten Rodriganda!“
    Ohne es zu wissen, drückte sie ihre Lippen auf das Bild.
    „Wie erschrak ich, als ich ihn erblickte!“ dachte sie laut. „Es gab mir einen Stich durch das Herz, aber dieser Stich tat nicht weh, er brachte keinen Schmerz. Und dann, als er sprach, da drang seine Stimme mir bis in die Tiefe meiner Seele. Was war das? War das etwa die Liebe?“
    Und abermals drückte sie ihre Lippen auf das Bild.
    „Und er saß neben dieser blonden Amy, und er hatte sie lieb! Ihre Augen suchten und fanden sich in jedem Augenblick. Ihre Hände begegneten einander unter dem Tisch; ich habe es gesehen. Da gab es mir abermals einen Stich durch das Herz; aber dieser Stich tat weh, er brachte mir Schmerz. War das die Eifersucht?“
    Josefas Blick senkte sich inniger und inniger auf das Bild.
    „Gibt es wirklich eine Liebe, die keine Jahre, keine Monate und Wochen braucht, um zu entstehen? Gibt es eine Liebe, die beim ersten Blick erwacht und dann nimmer wieder vergehen und sterben kann? Ja, es gibt eine solche, es gibt eine, ich fühle es, und diese Liebe ist bei mir erwacht, für ihn, der dir gleicht, du süßes, süßes Angesicht!“
    Sie küßte wieder und immer wieder das Bild, bis eine Stimme sie aus ihrer Verzückung weckte. Ihr Vater war unbemerkt eingetreten und rief verwundert:
    „Josefa, Mädchen, was machst du? Was fällt dir ein? Ich glaube gar, du küßt das alte Bild! Willst du es gleich wieder an den Nagel hängen!“
    Von diesem Tag an ging eine eigentümliche Veränderung mit Josefa Cortejo vor. Sie war für ihren Vater nur wenig zu sprechen. Aber ihr Mädchen erzählte ihm, daß die Señorita stets am Spiegel stehe, um sich zu schmücken, dann aber immer wieder die Blumen und den Schmuck herabreiße und dabei zornig ausriefe:
    „Wie häßlich, wie häßlich! Kein Gold, kein Stein, keine Rose macht das anders!“
    Und wenn Cortejo sich nach dem Zimmer seiner Tochter schlich, so hörte er sie sprechen, als ob jemand bei ihr sei; aber er wußte, daß sie allein war. Und legte er dann lauschend das Ohr an die Tür, so hörte er sie sagen:
    „O, wie lieb, wie so lieb habe ich dich. Komm, küsse, o küsse mich!“
    Und wenn er wieder kam und horchte, so vernahm er sie zornig sprechen: „Unbarmherziger, ich töte dich, ich erwürge dich! Ich hasse dich, denn du hast mir das Herz aus der Brust gerissen!“
    Er wußte gar nicht, was er sich dabei denken sollte. Darum erzwang er sich einmal Zutritt zu ihr, um ernstlich mit ihr zu reden. Er fand sie vor dem Spiegel stehen. Sie hatte sich ganz dekolletiert angekleidet und musterte sich, ob sie schön sei. Aber ihre hageren Arme, ihr dürrer Hals, ihr scharfer Nacken traten nur um so häßlicher hervor.
    „Was tust du hier?“ fuhr er sie zornig an. „Ich glaube gar, du bist von Sinnen!“
    Josefa wandte sich schnell um und warf, als sie ihn erblickte, errötend ein Tuch über.
    „Was ich tue, ich probiere meine Toilette an“, entschuldigte sie sich.
    „Das soll eine Toilette sein? Wo willst du dich so zeigen?“
    „Ich war ja noch nicht fertig. Ich will heute zur Phantasia gehen.“
    „Ah, endlich ein vernünftiges Wort! Also ausgehen willst du? Und zwar zur Phantasia? Das ist gut. Die ganze Noblesse wird zugegen sein. Der erste Preis besteht in einem kostbaren Reitzeug, das die Gräfin Móntala dem Sieger übergeben wird.“
    „Die Gräfin Móntala? Warum diese? Gibt es keine andere?“
    „Sie ist die Schönste. Oder willst du die Preise verteilen?“ fragte er.
    Josefas Augen glühten zornig, aber sie biß die Zähne zusammen und wandte sich ab.
    „Hast du dir überlegt, was ich dir gestern sagte?“ fuhr er fort.
    „Nein“, entgegnete sie kalt.
    „Warum nicht?“
    „Ich habe keine Zeit.“
    „Keine Zeit!“ rief er zornig. „Wann hast du jemals Zeit gehabt, dich mit unseren Feinden zu beschäftigen? Vorhin habe ich es erfahren, wann sie abreisen.“
    Bei diesen Worten drehte sie sich im Nu zu ihm herum und fragte mit bebender Stimme:
    „Wann reisen Sie?“
    „Übermorgen.“
    Es war, als ob ihr blasses Gesicht noch blasser werde, aber

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