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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aus des Grafen Emanuel Jugendzeit, und diesem Bild glich der junge Mann so genau, daß auch Josefa erschrak.
    „Sie irren“, sagte Sternau. „Dieser Herr ist nicht Graf Emanuel de Rodriganda, sondern der Leutnant de Lautreville, nach dem Sie mich gestern fragten.“
    „Sie scheinen überhaupt ältere Personen mit jüngeren gern zu verwechseln“, bemerkte der Lord. „Gestern hielten Sie Herrn Sternau für den Herzog von Olsunna und heute den Leutnant für den Grafen Rodriganda. Das ist merkwürdig!“ Jetzt endlich, hatten sich die beiden wieder gefaßt.
    „Verzeihung!“ sagte Cortejo. „Es liegt hier eine kleine Ähnlichkeit vor, die mich irreführte und nicht daran denken ließ, daß die Jahre vergehen.“
    „Und mich hast du förmlich erschreckt!“ entschuldigte sich Josefa.
    „Sie sagen, es liege eine Ähnlichkeit vor zwischen dem Leutnant und dem Grafen Emanuel?“ fragte Lindsay.
    „Allerdings, Mylord.“
    „So gab es wohl auch wirklich eine Ähnlichkeit zwischen Señor Sternau und dem Herzog von Olsunna?“
    „Sogar eine frappante.“
    „Haben Sie den Herzog gekannt?“
    „Sehr genau. Mein Bruder war Haushofmeister bei ihm. Darf ich vielleicht Señor Sternau fragen, wo er geboren ist?“
    „In Mainz“, antwortete der Gefragte.
    „Wunderbar! Eine solche Ähnlichkeit zwischen Angehörigen ganz verschiedener Nationalitäten! Es ist der reine Zufall. Ihr Vater war gewiß auch Arzt wie Sie?“
    „Nein. Er starb als Professor und war früher in Spanien Erzieher gewesen.“
    Der Frager warf seiner Tochter einen Blick zu, den nur sie verstand, und dann bewegte sich das Gespräch wieder in einem gewöhnlicheren Geleise.
    Während des weiteren Verlaufes ruhten die Augen Josefas fortwährend auf Mariano und Amy. Als das scharfsinnige Mädchen die Herzensverwandtschaft, die zwischen beiden bestand, bemerkte, zog ein nie geahntes Gefühl ihr das Herz zusammen.
    Wie oft hatte sie vor dem Bild des Grafen Emanuel gestanden! Sie hatte es als einen Inbegriff männlicher Schönheit zu betrachten gelernt, ihre Phantasie hatte sich mit demselben beschäftigt, sie hatte von diesen Zügen geträumt und es sich als das größte Glück vorgestellt, von einem solchen Mann geliebt zu werden. Und nun saß das Ebenbild dieses Gemäldes ihr gegenüber. Das waren ganz genau dieselben Züge. Josefa hätte aufjauchzen mögen vor Wonne, ihr Traumbild verkörpert zu sehen. Sie fühlte in diesem Augenblick, daß Graf Alfonzo ihr vollständig gleichgültig sei, sie erkannte, daß es eine Liebe gibt, die in einem einzigen Augenblick kommt und siegt. Sie verschlang die Züge Marianos förmlich und konnte sich nur gezwungen von diesem Anblick trennen, als das Frühstück beendet war.
    Als sie mit ihrem Vater nach Hause gekommen war, sagte er:
    „Weißt du nun, woran du bist?“
    „Nun?“ fragte sie abwesend.
    „Dieser Leutnant ist der echte Graf Alfonzo.“
    Sie nickte schweigend.
    „Sternau hat ihn befreit.“
    „Wahrscheinlich.“
    „Aber wie und wo? Was ist aus Landola und seinem Schiff geworden?“
    „Ich weiß es nicht.“
    Cortejo bemerkte in seinem Eifer das eigentümliche Verhalten seiner Tochter gar nicht und fuhr höchst zornig fort:
    „Und wie habe ich mich blamiert! Erst gestern abend, und dann heute! So eine zweimalige Verwechslung. Aber die Ähnlichkeit war zu groß. Und, Josefa, weißt du, wer jener Sternau ist?“
    „Ein ganz ungewöhnlicher und bedeutender Mensch!“
    „Das mag sein, aber ich meine etwas anderes. Erinnerst du dich, was Gasparino vom Herzog von Olsunna schrieb?“
    „Meinst du die Liaison mit der Gouvernante?“
    „Ja. Nun, diese Gouvernante ging mit einem deutschen Erzieher in ihr Vaterland zurück, und dieser Erzieher – caramba, es fiel mir vorhin wie Schuppen von den Augen – dieser Erzieher hieß Sternau. Ich hörte den Namen von meinem Bruder.“
    Josefa sah ihren Vater fragend an und erwiderte:
    „Nun, was weiter?“
    „Was weiter?“ rief er ganz ereifert. „Was ist's denn mit dir, Mädchen? Hast du denn deine Gedanken verloren, he? Was weiter? Dieser Sternau ist der Sohn, und noch dazu der einzige des Herzogs von Olsunna!“
    Jetzt wurde Josefa aufmerksam.
    „Du phantasierst wohl?“ fragte sie.
    „Das fällt mir gar nicht ein. Ich muß noch einen Brief von Gasparino da haben, in dem er auf jenes Abenteuer zurückkommt. Ich werde ihn sogleich suchen.“
    Damit eilte Cortejo fort. Josefa aber warf sich in die Hängematte und blickte lange sinnend ins Leere. Ihre

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