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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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begab er sich nach der Expedition, klopfte an und trat ein, ohne die Aufforderung dazu abzuwarten.
    Der Beamte sah ihn halb freundlich, halb mißbilligend an und fragte:
    „Sie scheinen es sehr eilig zu haben, Monsieur? Wollen Sie mir vielleicht melden, daß Sie mit der gestrigen Genugtuung zufrieden sind?“
    „Ja, das will ich, mein Herr. Also meinen besten Dank! Aber ich komme in einer noch viel, viel wichtigeren Angelegenheit.“
    „Ah!“ sagte der Maire, indem er sich erhob und erwartungsvoll die Brille von der Nase auf die Stirne schob. „Es muß allerdings sehr wichtig sein, denn Sie sind ganz echauffiert!“
    „Das hat seinen guten Grund. Ich komme, um mir in einer kriminellen Angelegenheit Ihre amtliche Hilfe zu erbitten.“
    „Kriminell?“ fragte der Beamte, indem er schnell die Brille wieder auf die Nase rückte und den jungen Mann forschend anblickte. „Ach, kriminell! Wissen Sie, was das zu bedeuten hat?“
    „Ich denke.“
    „Kriminell kommt her von crimen, Verbrechen; es handelt sich also um ein Verbrechen?“
    „Ja. Sie haben schleunigst eine Zigeunerin, namens Zarba, verfolgen zu lassen, respektive dem Präfekten sofort telegraphisch Meldung zu tun, daß er diese Verfolgung in seinem ganzen Kreis anbefiehlt. Sie ist gestern hier gewesen. Ferner haben Sie –“
    „Pst, Monsieur!“ unterbrach ihn der Maire. „Nicht so hitzig! Was ich tue, oder was ich zu tun habe, das werde ich selbst entscheiden, nachdem ich gehört habe, um was es sich handelt. Bis jetzt hatten Sie nicht die Güte, es mir mitzuteilen.“
    Otto verbeugte sich ein wenig.
    „Verzeihen Sie, Monsieur!“ sagte er. „Ich bin so aufgeregt, daß ich wirklich die schuldige Höflichkeit verletzt habe. Gestatten Sie mir also, Ihnen das Nötige in kurzen Worten zu sagen!“
    „Gut, setzen wir uns!“
    Sie nahmen Platz, und Otto begann:
    „Der spanische Graf Emanuel de Rodriganda y Sevilla wurde plötzlich geisteskrank, und einer der bedeutendsten Ärzte konstatierte, daß dies die Folge einer Dosis Curaregift oder Pohon Upas sei, die ihm verbrecherischerweise beigebracht worden war. Es gab Personen, die Veranlassung hatten, den Grafen zu töten, oder wenigstens seiner Selbstbestimmung zu berauben, um sein Erbe anzutreten. Der betreffende Arzt nahm ihn in Behandlung; er hätte ihn hergestellt, aber des anderen Morgens war der Graf verschwunden. Später fand man in einem nahen Abgrund eine Leiche. Die betreffenden Leute rekognoszierten dieselbe als diejenige des Grafen, der Arzt aber behauptete, es sei der Körper eines ganz anderen Menschen. Die Personen, von denen ich spreche, waren mächtig, die Aussage des Arztes wurde nicht berücksichtigt, und man setzte die Leiche als die des Grafen in der Familiengruft bei. Auch Gräfin Rosa, die Tochter des Grafen, war durch eine Dosis des erwähnten Giftes um den Gebrauch ihres Verstandes beraubt worden, der erwähnte Arzt aber entriß sie mit Gewalt den Händen ihrer Feinde, entführte sie in das Ausland und stellte sie vollständig wieder her.“
    „Parbleu! Das ist ja ein Kriminalroman, wie er im Buch steht! Aber was habe ich als französischer Maire mit einem Verbrechen zu tun, das in Spanien vollbracht wurde?“
    „Was ich jetzt sagte, betrifft Sie nicht, mein Herr; es war nur die Einleitung. Der Arzt war überzeugt, daß man eine falsche Leiche untergeschoben und den wahnsinnigen Grafen entfernt habe. Er sucht ihn jetzt überall, sogar auf der See, kann ihn aber nicht finden, denn der Wahnsinnige ist mit Gewalt nach Frankreich geführt worden und wird dort gefangen gehalten.“
    „Donnerwetter! Das ginge uns nun allerdings etwas an! Aber warum kommen Sie gerade zu mir?“
    „Weil sich das Versteck in Ihrem Amtsbereich befindet.“
    „Teufel! Ein crimen, ein ordentliches, regelrechtes crimen! Ich werde sofort einschreiten. Wo befindet sich der Graf?“
    „Auf dem Leuchtturm?“
    Der Maire fuhr einige Schritte zurück und rief entsetzt:
    „Unmöglich!“
    „Nein, wirklich! Sie können in arge Verlegenheit geraten, Monsieur! Sie haben einen wahnsinnig Gemachten aufgenommen, ohne nach seiner Legitimation zu fragen. Derjenige, den Gabrillon für seinen Verwandten ausgibt, ist der Graf Emanuel de Rodriganda.“
    Dem Maire stand bereits der Angstschweiß auf der Stirn.
    „Höchst fatal!“ sagte er. „Ich werde diesen Gabrillon coram nehmen! Aber, mein Herr, können Sie beweisen, daß dieser Mann wirklich der Graf ist?“
    „Ja. Als er vom Wahnsinn befallen wurde, verging

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