Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
von Sternaus Mut und Tapferkeit erwähnte; wie verhielten sie den Atem, wenn er berichtete, daß sein Freund sich in Gefahr befunden habe! Es war so vieles, so Unglaubliches! Und nun war dieser Held gar zur See gegangen, um den Knoten der Verwicklung zu zerhauen, wie einst der mazedonische Alexander.
    Hunderte von Ausrufungen der Freude, des Schmerzes, des Staunens, der Bewunderung, des Entzückens, des Schreckens unterbrachen ihn. Es verging weit über eine Stunde, ehe Otto bis an den gestrigen Tag und seinen Besuch auf dem Leuchtturm gelangt war. Als er geendet hatte, schlug der Herzog die Hände zusammen und rief:
    „Welch ein Mensch ist dieser Sternau, mein Sohn! Ich werde ihn mit Freuden in meine Arme schließen, wenn Gott mir die Gnade gewährt, ihn wiederzusehen.“
    „Und ich werde stündlich für ihn beten“, fügte Flora bei, „daß der gute Gott ihn beschützen möge auf seinem gefahrvollen Weg. Zürne ihm nicht, mein Vater, daß er sein schönes Weib verlassen hat, um den Bösewicht zu verfolgen.“
    „Zürnen? O nein!“ sagte Olsunna. „Wenn meine Stimme hinaustönen könnte über die weite See, so würde ich ihm nachrufen, daß ich ihn für diesen kühnen Entschluß segne. Nun ich weiß, was ihn auf seiner kleinen Nußschale hinausgetrieben hat in die Wüste des Meeres, bin ich überzeugt, daß er zurückkehren wird. Gott muß einen solchen Mann beschützen; er kann den Gerechten nicht untergehen lassen, um den Ungerechten mit Glück zu überschütten. Jetzt aber liegt uns der Graf Emanuel nahe. Was werden wir tun, mein Sohn?“
    „Wir gehen sofort nach dem Leuchtturm und rekognoszieren den Wahnsinnigen“, erwiderte Flora. „Man kann nicht begreifen, wie er hierher kommen konnte, aber nun ich deine Erzählung gehört habe, Otto, ist mir selbst das Allerunglaublichste glaubhaft geworden.“
    „Wir wollen nicht unvorsichtig sein“, antwortete der Maler. „Dieser Wärter Gabrillon ist mir sehr verdächtig erschienen, aber –“
    „Ach“, unterbrach ihn der Herzog, dem ein neuer Gedanke kam, „was hat diese Zarba bei ihm gewollt?“
    „Zarba, die Zigeunerin, von der Sternau mir erzählte?“ fragte Otto.
    „Ja, dieselbe.“
    „Sie war gestern auf dem Leuchtturm?“
    „Gestern. Sie sprach ja auch mit uns. Ach, das zu erzählen, hatte ich vergessen, mein Sohn.“
    „Da gewinnt meine Vermutung sehr an Wahrscheinlichkeit. Diese Zarba hat überall die Hand im Spiel. Wenn sie hier gewesen ist, so steht zu erwarten, daß sie einen Faden der uns jetzt interessierenden Begebenheiten bis hierher gesponnen hat. Dieser Gabrillon hat ganz das Aussehen eines Zigeuners; sie soll ja die Königin der Gitanos sein. Und warum hat er keine Legitimation über den Wahnsinnigen auf der Mairie niedergelegt?“
    „Wir müssen sofort zu ihm!“ rief Flora.
    „Nein, jetzt noch nicht. Wir müssen erst die Antwortdepesche aus Rheinswalden erwarten, dann können wir mit um so größerer Sicherheit auftreten. Wie gut, daß ich mein Telegramm als dringend bezeichnet habe! Wir können die Antwort bereits in zwei Stunden erhalten, und ich werde um diese Zeit mich nach meiner Wohnung verfügen, um sie empfangen zu können.“
    Es wurden nun die Einzelheiten besprochen, die vorher nicht ausführlich zu behandeln gewesen waren. Der Herzog fühlte sich gar nicht mehr krank. Durch die Schicksale seines Sohnes hatte sein Geist eine Spannkraft erhalten, die sich auch seinem Körper mitteilte. Er war nicht müde, er sah zwar hager, aber sehr wohl aus, und als die Zeit gekommen war, trieb er selbst den Maler fort, damit die Eröffnung der erwähnten Depesche ja keinen Augenblick verzögert werde.
    Otto ging nach seinem Hotel, aber noch war keine Antwort da. Er wartete von Viertelstunde zu Viertelstunde – da endlich klopfte es an, und der Bote des Telegraphenamtes trat ein. Er riß, als dieser die Tür kaum hinter sich geschlossen hatte, das Telegramm auf und verschlang die Worte. Ja, da stand sie, nach vorheriger Angabe seiner Adresse, die wichtige, verhängnisvolle Antwort:
    „Ich bin der treue, gute Alimpo.
    Gott, warum fragen Sie? Haben Sie eine Spur gefunden? Teilen Sie es mir ja sogleich mit.
    Rosa Sternau.“
    Er steckte das Telegramm ein, nahm den Hut und stürmte zur Tür hinaus und die Treppe hinab, ohne sich erst Zeit zu nehmen, die Tür zu verschließen. Die Leute blickten ihm verwundert oder lächelnd nach, als sie ihn im Sturmschritt vorüberlaufen sahen. Erst vor dem Eingang der Mairie holte er Atem, dann

Weitere Kostenlose Bücher