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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und man entfernte sich. Otto nahm Flora am Arm, die ihm mitteilte, daß auch ihr Diener den Grafen de Rodriganda genau kenne. Er hatte früher sogar in dessen Diensten gestanden und erinnerte sich genau eines kleinen Males, das die Erlaucht gerade unterhalb des linken Ohres habe. Das war ein Zeichen mehr.
    Ungefähr eine halbe Stunde, bevor sich die Beteiligten in Bewegung setzten, huschte eine Frauengestalt hart am Gestade längs der Küste hin, so daß man sah, daß sie nach dem Turm wolle. Es war Zarba. Sie hatte keine Ahnung von der Gefahr, die ihr drohte, sondern sie schlug diesen abgelegenen Weg nur deshalb ein, weil sie nicht mehr vor dem von dem Herzog bewohnten Häuschen vorüber wollte. Die ihr gestern von Flora und dann von dem Diener gegebene Lektion wollte sie nicht noch erneuert haben.
    Als sie den Turm erreichte, trat sie ein, stieg die Treppe empor und wollte eben klingeln, als die Tür geöffnet wurde. Gabrillon war es.
    „Ich sah dich kommen“, sagte er. „Warum kommst du so früh?“
    „Es ist besser, ich bin bei dir, wo mich niemand sieht, als draußen auf der Straße oder im Feld, wo man mich bemerken könnte. Es gibt Leute hier, die mich kennen“, sagte sie.
    „Wann kommen deine Leute?“
    „Gleich nach Beginn der Dunkelheit. Sie bringen ein Boot mit. Man hat nichts gesehen, als der Graf gebracht wurde, so soll man auch nichts sehen, wenn wir ihn wieder fortschaffen.“
    „Es wird Zeit!“ brummte der Wärter. „Sogar dieser Fremde schien Verdacht zu schöpfen.“
    „Wer ist es? Kennst du ihn?“
    „Nein, ich habe vom Turm aus beobachtet, daß er in das Haus des Herzogs ging.“
    „Dann ist er uns gefährlich!“ sagte sie rasch. „Hast du die Papiere, die ich dir mit dem Grafen sandte, hervorgesucht?“
    „Ja. Sie liegen oben beim Ofen schon bereit.“
    „So laß sie uns sogleich verbrennen. Man weiß nicht, was geschehen kann. Wie befindet sich der Graf, Gabrillon?“
    „Wie immer. Er war mir eine große Last, und ich bin froh, daß ich ihn los werde.“
    Sie stiegen empor bis zu dem Gemach, das dem Wärter als Wohnung diente. Dort stand ein Ofen, und auf einem Schemel daneben lag ein altes, geöffnetes Kästchen, in dem sich einige Papiere befanden. Sie enthielten den Ausweis über die Person des Grafen, über den Leichenraub und die Verwechslung des Toten mit dem Grafen. Es wäre durchaus manches klar geworden, vor allen Dingen aber die Absicht der Zigeunerin, dem Grafen nicht am Leibe und Leben zu schaden, sondern ihn nur zum Werkzeug ihrer Rache zu gebrauchen.
    Sie las den Inhalt durch und steckte dann die Papiere in den Ofen, ein daran gehaltenes Zündhölzchen versetzte sie in lodernden Brand.
    „So“, sagte sie. „Und wenn selbst in diesem Augenblick etwas passierte, so könnte man uns doch nichts beweisen. Dein Vetter Marcello ist gestorben, ihn können sie nicht anfassen, und so würdest du sagen, daß er es gewesen ist, der dir den Wahnsinnigen brachte. Jetzt komm' wieder hinab in die niedere Stube. In dieser schwindelnden Höhe wird es mir angst.“
    Sie stiegen hinab, und eben, als sie in den Raum kamen, klingelte es; Gabrillon öffnete und blickte hinaus. Er sah Otto, hinter dem Flora auf der steilen Treppe stand.
    „Was wollen Sie schon wieder?“ fragte er zornig.
    „Ich wünsche, dieser Dame von der Höhe des Leuchtturmes aus die See zu zeigen“, antwortete er und trat ohne alle weiteren Umstände ein und die Dame mit ihm. Er kannte Zarba nicht; er hatte sie noch nie gesehen, darum beachtete er sie mit keinem Blick. Die Zigeunerin aber, die ihre Zurechtweisung nicht vergessen konnte, fühlte sich unter dem Schutz Gabrillons sicher, wandte sich an Flora und sagte:
    „Das ist ja die schöne, stolze Dame, die mich nicht anhören wollte! Jetzt wird sie wohl erlauben müssen, daß ich rede. Ihr Vater ist –“
    Otto, der sofort begriff, wen er vor sich hatte, unterbrach sie rasch, indem er die Geliebte fragte:
    „Ist diese Person die Zigeunerin Zarba, von der wir sprachen?“
    „Ja, ich bin Zarba“, antwortete die Alte hastig selbst. „Also der stolze Herr hat bereits von mir gehört? Nun, so werde ich ihn zum Zeugen meiner Mitteilung machen, die ihn sehr interessieren wird.“
    „Ich verzichte auf deine Mitteilungen, Alte!“ antwortete er ihr stolz. „Mach' Platz, wir wollen nach oben.“
    „Ich mache nicht eher Platz, als bis ich gesprochen habe“, sagte sie hartnäckig, indem sie vor der zweiten Treppe stehen blieb. „Und wenn der Herr meint,

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