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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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möglichen Gegenstände. Der Waldhüter erzählte, daß er trotz seiner Jugend in Spanien, Frankreich, Italien, Deutschland, Polen und anderen Ländern gewesen sei, und da fragte Gerard:
    „Aber sprechen Sie denn auch die Sprachen dieser Länder?“
    „So ziemlich!“
    „Und schreiben und lesen?“
    „So ziemlich!“
    „Lesen Sie spanisch?“
    „Ja.“
    „Ich habe da ein altes Heft gefunden, das spanisch sein muß. Wollen Sie es einmal ansehen?“
    „Zeigen Sie!“
    Gerard gab dem Hüter das Buch hin, das er bei sich stecken hatte, dieser nahm und las es. Je weiter er hinein kam, desto eifriger wurde er, bis er es endlich, als er ganz damit fertig war, ruhig in seine eigene Tasche steckte.
    „Nun?“ fragte Gerard.
    „Es ist spanisch.“
    „Was ist der Inhalt?“
    „Das ist nichts für Sie.“
    „Oho! Sie haben wohl die Güte, mir das Heft zurückzugeben!“
    „Nein, diese Güte werde ich nicht haben.“
    Da richtete sich Gerard, der Garotteur, langsam auf und fragte:
    „Darf ich erfahren, warum Sie mir die Rückgabe verweigern?“
    „Weil dieses Heft nicht Ihr Eigentum ist“, antwortete Tombi gleichmütig.
    „Ach! Wem sollte es denn sonst gehören?“
    „Dem Grafen Alfonzo de Rodriganda. Ich ersehe es aus dem Inhalt.“
    „Nun gut, so habe ich es ihm wiederzugeben, denn er hat es verloren.“
    „Das ist nicht wahr!“
    „Nicht wahr?“ rief Gerard zornig. „Mein Herr, reizen Sie mich nicht; ich bin nicht gewohnt, Widerstand zu finden.“
    „So haben wir beide ganz dieselben Gewohnheiten, wie es scheint“, sagte Tombi ruhig. „Eine solche Handschrift hat kein Graf; man sieht, daß dies hier nur eine Abschrift ist. Sie haben das Buch gefunden und abgeschrieben. Dem Grafen gaben Sie das Original zurück, die Abschrift aber behielten Sie, um sie zu verwerten.“
    Der einfache Waldhüter stand wie ein Examinator vor dem riesigen Garotteur. Dieser blickte ihn mit zornig glühenden Augen an und erwiderte:
    „Und selbst wenn es so wäre, gehörte doch diese Abschrift mir. Sie ist ein Produkt meiner Arbeit, und Sie werden sie mir herausgeben!“
    „Nein, das werde ich nicht“, antwortete Tombi.
    „So werde ich Sie zu zwingen wissen!“ rief Gerard, indem er die mächtigen Fäuste ballte und drohend erhob.
    Da lächelte der Waldhüter und sagte:
    „Sie kennen mich nicht, sonst würden Sie in einem anderen Ton mit mir sprechen. Aber im Gegenteil habe ich das Glück, Sie zu kennen, und das kommt mir sehr zu statten. Sie werden nie wagen, Hand an mich zu legen. Ich erkannte Sie sofort, als ich Sie sah, obgleich ich mich wundere, Sie hier in Deutschland zu sehen.“
    „Ach, wirklich? Sie wollen mich kennen?“ fragte Gerard erschrocken.
    „Ja. Sie sind ein Schüler unseres famosen Friseurs, den wir Papa Terbillon nennen! Habe ich recht?“
    Mason trat einen Schritt zurück und rief:
    „Bei Gott, Sie kennen Terbillon!“
    „Ja. Sie sind Gerard Mason, der berühmte Garotteur.“
    Gerard erbleichte; Tombi aber fuhr in beruhigendem Ton fort:
    „Erschrecken Sie nicht, wir sind ja Freunde! Papa Terbillon gehört zu uns. Ich bin Zigeuner; ich bin Tombi, der Sohn der Mutter Zarba. Sie kennen sie doch?“
    „Zarba?“ rief der Franzose erstaunt. „Oh, wer sollte diese nicht kennen! Sie ist überall und nirgends; sie ist nicht nur die Königin der Zigeuner, sondern sie beherrscht alle Leute, die vom Gesetz aus der Gesellschaft gestoßen sind.“
    „Ja, sie hat ein Verzeichnis aller ihrer Verbündeten. Ihr Name, Monsieur Gerard, ist auch mit dabei. Ich war längere Zeit in Paris, daher kenne ich Sie. Sie wissen nun, daß Sie mir vertrauen können. Wie sind Sie zu diesem Buch gekommen?“
    „Das darf ich nicht sagen.“
    „Warum nicht?“
    „Ich habe nicht das Recht, einem Mann zu schaden, dem ich diene. Sollte ich aber seinen Dienst verlassen, so bin ich bereit, Ihnen alles mitzuteilen.“
    „Gut. Sie sind mir sicher. Ich will nicht forschen, was Sie nach Deutschland führt, es hat ein jeder das Recht, seine Geheimnisse zu bewahren. Muß ich es dennoch später wissen, so werden Sie es mir doch sagen. Für jetzt genügt mir der Besitz dieses Buches, das für mich sehr wichtig ist, und ich bin überzeugt, daß Sie es mir nun, da Sie mich kennen, freiwillig überlassen werden. Wie lange gedenken Sie sich in Deutschland aufzuhalten?“
    „Ich reise baldigst ab.“
    „So weiß ich, daß Sie bald in Paris zu finden sind. Der Sohn Zarbas, der zukünftige König der Gitanos, hat das Recht, eine solche

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