45 - Die Banditen von Antares
undeutlich. Sie besteht aus einem Kaleidoskop einzelner Bilder; viel Blut, Kerle, die mit ausgerissenen Armen und zerschmetterten Gesichtern zu Boden fallen, Dummköpfe, die sich voller Qual zusammenkrümmen: alles Eindrücke, die mit dieser schrecklichen Schlacht verbunden sind.
Ich war fest davon überzeugt gewesen, daß es um uns geschehen war.
Am Ende sah ich mit entzücktem Erstaunen – das dem freudigen Gefühl nahekam, wenn man am Morgen nach dem ersten, unerwarteten Schneefall aus dem Fenster blickt – Armbrustbolzen durch die Luft fliegen. Die vierkantigen Stahlspitzen gruben sich in die restlichen Meuchelmörder, und bei Krun, es waren nicht mehr viel!
Nandishas Wache stürmte ins Solarium, und die paar überlebenden Stikitche kletterten in den Schweber, der sofort startete und durch das Loch flog, das er in das Glasdach gestoßen hatte. Armbrustbolzen folgten ihm.
»Nun«, schnappte Ranaj kurz angebunden, »welch eine Sauerei!«
»Aye«, erwiderte Fweygo auf seine ruhige Art. »Man muß diesem Blintz Prinz Ortyg zugestehen, daß er es wenigstens versucht hat.«
Es bestand kein Zweifel, daß Ortyg dahintersteckte – der befehlshabende Cramph im Bug des Schwebers war erkannt worden. Jiktar Nath ti Fangenun war vor kurzem in Ortygs Dienste getreten. Ranajs Informationsquellen waren sich da sicher.
»Warum den Befehl einem Mann übergeben, den wir kennen?« wollte Ranaj wissen.
»Der kleine Narr scheint verzweifelt zu sein«, sagte Nandisha, ihre Kinder klammerten sich an ihrem Rock fest. »Diese Wendung der Ereignisse gefällt mir überhaupt nicht.« Sie war außer sich.
Ranaj strich sich über die goldenen Schnurrbarthaare. »Wir sollten die Wachen verdoppeln, Prinzessin.«
Ich hegte die ganze Zeit über finstere Gedanken über die miserable Qualität tolindrinischen Stahls. Wie Sie wissen, habe ich während meiner ganzen unruhigen Karriere auf Kregen niemals eine bestimmte Lieblingswaffe den anderen vorgezogen. Ein kampferprobter Veteran benutzt jede Waffe, die gerade zur Hand ist. Beispielsweise hatte Tiris Handtasche in einem Kampf ein prächtiges Schlaginstrument abgegeben. Nein, ich würde über Botschafter Larghos Invordun veranlassen, daß man mir aus Vallia ein vernünftiges Schwert zusandte. Ein großes Krozair-Langschwert in meiner Faust – aye, bei Zair! Das würde ein paar Augen zum Tränen bringen.
Andererseits, wenn ich ganz ehrlich bin, muß ich natürlich zugeben, daß ich letztendlich selbst schuld war. Ich hatte einfach zu fest zugeschlagen.
Im Verlauf des restlichen Tages ließ Ranaj ein Werstingrudel kommen. Sein Führer war Hikdar Nalan C'Cardieth, dessen letzter Arbeitgeber zu einer gefährlichen heiligen Pilgerreise nach Übersee aufgebrochen war, deren Ziel der Geburtsort von Bengsa Prodacta war, einem der Schutzheiligen aller Sandalenmacher. Er hatte dem Hikdar ein begeistertes Zeugnis ausgestellt. Wir mußten schnell feststellen, daß C'Cardieth als jüngster Sohn einer berühmten Familie außerordentlich stolz auf seinen Doppelinitialen-Namen war. Fweygo und ich unterließen es, ihn deswegen aufzuziehen.
Wie dem auch sei, sein Rudel Werstings war eine wilde Horde. Die vierbeinigen, schwarzweiß gestreiften, hinterhältigen und nie zur Ruhe kommenden Jagdhunde waren zweifellos eine äußerst wirkungsvolle Abschreckung gegen weitere Entführungsversuche. Es waren Hunde, doch ich wußte, daß sie genau wie die Hyänen der Erde bereits mit Reißzähnen geboren wurden, und sie kämpften sofort, nachdem das Muttertier sie nach der Geburt gesäubert hatte, wild untereinander um die Vorherrschaft. Es war gut zu wissen, daß Hikdar Nalan und seine Helfer die Tiere an starken Leinen führten.
Am nächsten Morgen wurde ein neuer Mord berichtet. Man hatte Tansi der Lilie die Kehle durchgeschnitten und ihr dann den Leib aufgeschlitzt, und zwar mitten auf den Stufen des Tempels des scharlachroten Blutgottes – des Tempels von Dokerty.
17
An diesem Tag ließ Naghan Raerdu die Nachricht überbringen, daß etwa fünfzig Schritt von dem Haus, in dem der Ibmanzy für solchen Aufruhr gesorgt hatte, zufällig die Leiche eines gewöhnlichen Mannes in der Gosse entdeckt worden war. Der Bursche war völlig ausgezehrt, als hätte ihm etwas die Lebenskraft geraubt. Er trug ein rotes Gewand. Unter seinen Fingernägeln befanden sich Hautstücke, und er war blutverschmiert.
Unten in den Gräben, wo das Leben nicht viel wert war, nahm niemand von einer weiteren Leiche im Rinnstein
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