45 - Die Banditen von Antares
Brannomar, nach Tom der mächtigste Mann im Königreich, hielt sich mit seinen Äußerungen zurück. Er wußte, daß ich Dray Prescot war. Als er mein Gesicht in der Menge entdeckte, warf er mir einen Blick und ein flüchtiges Lächeln zu und wandte sich dann ab.
Die Rangelei ging weiter. Ich scharrte mit den Füßen, zu Tode gelangweilt. Was jedoch das anging, sollte ich mich irren, wie schon bei so vielen Gelegenheiten auf Kregen.
Ganz vorn in der Schar von Prinz Ortygs Anhängern stand der streitlustige Jiktar Nath ti Fangenun und starrte uns böse an. Groß, rotgesichtig und mit dem Kreuz eines Ochsen ausgestattet, sah er aus wie der personifizierte Ärger – was er auch war, wie wir zu unserem Leidwesen hatten erfahren müssen.
Schließlich war die Zeit für den privaten Teil der Zusammenkunft gekommen. Wir Anhänger eilten hinaus, und es wurde viel gedrängelt und geschubst, da jeder das Recht zu haben glaubte, der erste sein zu dürfen. Das Protokoll und die Unumgänglichkeit, dem Rang nach behandelt worden zu sein, waren für das Leben dieser Hochwohlgeborenen und ihres Gefolges von entscheidender Bedeutung.
Mir war es völlig gleichgültig, wo mein Platz in der hinausdrängenden Menge war. »Wir werden den uns zustehenden Platz einnehmen, Drajak«, sagte Ranaj knapp. »Das schulden wir der Ehre unserer Herrin.«
Nun, bei Krun, das konnte man nicht trefflicher ausdrücken.
Draußen blieben die Gruppen erst einmal stehen. Jiktar Nath ti Fangenun schlenderte auf uns zu. Er musterte uns alle, dann konzentrierte sich sein Blick auf mich.
»Wir sind noch nicht fertig miteinander, Blintz.«
Fweygo neben mir zuckte mit keiner Wimper. Ranaj wollte etwas sagen, doch ich kam ihm zuvor. »Du und deine Männer haben gute Kameraden von uns getötet«, sagte ich scharf. »Wenn du etwas von uns willst, geh hinaus in den Garten. Ich stehe zu deiner Verfügung.« Er trug Rapier und Dolch.
Er schüttelte den Kopf, doch auf seinen Wangen brannten rote Flecken.
»Nein, ich denke nicht.«
»Dann«, knurrte Ranaj, »schtump! Verschwinde, Blintz.«
Ein viel angenehmeres Wiedersehen fand mit Duven statt. Er sah gesund aus und barst förmlich vor Energie, jedes seiner Worte unterstrich seine absolute Hingabe an Cymbaro. Ich beglückwünschte ihn zu seinen mutigen Taten während des Erdbebens, achtete allerdings darauf, mich keiner blumigen, sentimentalen Redeweise zu bedienen, sondern sprach mit knappen, soldatischen Worten. Er verkündete, daß alles nur zum Wohle Cymbaros geschehen war, der ihm die Stärke und Willenskraft gegeben hatte.
»Du warst nur kurze Zeit in Farinsee«, sagte ich.
»Oh«, erwiderte er, »ich habe einen Schweber genommen.«
»Und Tiri?«
»Unglücklicherweise hatte ich nicht das Vergnügen.«
»Wie schade.«
Er entschuldigte sich und war noch nicht außer Sichtweite, als ein schlankes, zartes Mädchen an meine Seite tänzelte. Es war keine Sklavin, wie leicht an dem enthüllenden dunkelgrünen Shamlak und den Blumengewinden in ihrem strohblonden Haar zu erkennen war. Die junge Dame drückte mir im vorbeigehen einen Zettel in die Hand. Dann war sie auch schon wieder weg, und das Licht der Sonnen brachte ihre langen, bezaubernden Beine zur richtigen Geltung.
Als jemand, der leider nur zu gut mit ermüdenden Intrigen vertraut war, wartete ich, bis ich mich unbeobachtet fühlte, bevor ich den Zettel las. Er kam von Hyr Kov Brannomar. Er verlangte ein Treffen, und zwar in der Schenke Zur Goldenen Zorca, einem sehr verschwiegenen und vornehmen Etablissement.
Und so fand ich mich von meiner eigenen Varter geschleudert, wie man in Clishdrin sagt – und zu Recht, hatte ich doch eben noch damit geprahlt, wie geschickt ich, Dray Prescot, in diesem ganzen Intrigengeschäft war. Ich entfernte mich von der Menge, ging durch das verzierte Tor und betrat den kleinen, von einer Mauer eingegrenzten Garten. Da fiel von oben ein Netz über mich. Ich wurde brutal wie ein Fang Fische kopfüber in die Höhe gerissen und zu Boden geschleudert. Das Tor hinter mir donnerte zu.
»Also, du Blintz!« ertönte die Stimme von Nath ti Fangenun. »Du hast mich gebeten, in den Garten zu kommen.« Ich wand mich hilflos in den Maschen des Netzes. »Hier bin ich!«
18
Er war nicht allein.
Nun, bei diesem Cramph konnte es auch nicht anders sein.
Netze sind teuflisch; wie ich nur zu gut weiß, ist es äußerst schwierig, sich rasch aus ihnen zu befreien. Sinnlos, das Messer zu ziehen und sich freizuschneiden.
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