45 - Die Banditen von Antares
»Kaff.« Er sagte es in einem angeekelten Tonfall.
Wir ertasteten uns einen Weg. Der ohrenbetäubende Lärm der Verfolgerhorde wurde lauter, erreichte einen Höhepunkt – und nahm, Opaz sei Dank, wieder ab.
Eine Wand tauchte auf, und ich rannte dagegen. Ich fluchte nicht. Statt dessen strich ich mit den Fingern darüber, bis ich eine Klinke fand. Dimpy konnte ich nicht sehen, aber ich hörte seine regelmäßigen Atemzüge. Ganz gut in Form, der junge Dimpy. Ich holte Luft, drückte die Klinke hinunter und stieß die Tür auf.
Der dämmrige rosarote Schein einer abgeschirmten Lampe enthüllte zwei Reihen niedriger Pritschen. Auf jeder lag ein Mann. Sie waren nicht auf dieser Welt. Der Gestank nach Kaff drang mir in die Nase. Sie befanden sich alle im Drogenrausch.
Dimpy huschte wie ein körperloser Schatten zwischen den Pritschenreihen vorbei. Am anderen Ende des Raumes stand eine Tür einen Spaltbreit offen, und wir spähten vorsichtig am Türpfosten vorbei.
Ein ungeschlachter, riesiger Underker las in einem Buch, die Borzoi-Nase in die Luft gestreckt. Er blickte auf, und seine Augen weiteten sich. Ich sprang. Er versank im Schlaf, und ich betete zu Djan, daß er nicht schwer verletzt war.
»Ekelhaftes Zeug, Kaff«, meinte Dimpy. »Du hättest ihm einen härteren Schlag verpassen sollen.«
»Den Leuten, die sich mit so etwas abgeben, gehört unser Mitgefühl. Es ist ihr Begräbnis.«
»Ja. Komm. Es ist nicht mehr weit.«
Wir betraten die von flackernden Fackeln erhellte Straße und schlichen weiter. Dimpy nahm die nächste Abzweigung und blieb ein paar Türen weiter vor einem Laden stehen. Hier wurden Teppiche verkauft.
»Hier sind die Höllenhunde an jenem Tag herausgekommen.«
Ich musterte den Laden. Er war unauffällig, der richtige Ort für Bandenmitglieder, um sich nach dem Aufstieg unters Volk zu mischen. Dimpy versuchte, die Tür zu öffnen. Der Laden lag in völliger Dunkelheit, und die Tür war natürlich verschlossen.
»Einen Augenblick.«
Er arbeitete schnell. Dann öffnete sich die Tür. Wir traten ein.
Ich stolperte über einen Teppich und fluchte. Dimpy holte eine Zunderbüchse hervor, und als wir Licht hatten, konnten wir einander sehen. Dimpy verbrachte einige Zeit damit, den Boden abzutasten. Ich sah seinem Gesicht an, daß er keine guten Neuigkeiten hatte.
»Sie haben sie verriegelt.« Er hörte sich wütend an.
»Das überrascht mich nicht. Du bist verfolgt worden, und sie müssen mit deiner Festnahme gerechnet haben. Du hättest diesen Ort verraten.«
»Dieser Sleed!« Es klang wie ein Fluch.
»Ärgere dich nicht ...«
»Tu ich auch nicht! Komm. Eine Chance haben wir noch.«
Er löschte das Licht, und wir verließen den Laden. Mein neuer, prächtiger, roter Shamlak war maßgeblich an der üblen Lage schuld, in der ich mich befand. Das Rot war sofort mit dem Rot Dokertys gleichgesetzt worden, dem Rot des Stoffetzens, den man in der Hand Jenni Farlangs, der Beschäftigten des Juwelenschmieds, gefunden hatte.
Obwohl ich Dimpy so überlegen den Rat gegeben hatte, sich nicht zu ärgern, kochte ich innerlich vor Enttäuschung und Wut. Es wäre so leicht gewesen, den Weg der Höllenhunde zu benutzen. Ich ließ mir nichts von dieser nutzlosen Wut anmerken. Dimpy hielt sich prächtig, und ich wollte seine Zuversicht nicht untergraben.
Es gab zwei offensichtliche Möglichkeiten, aus dieser Lage zu entkommen.
Ich konnte unter Zuhilfenahme der Fertigkeiten, die Deb-Lu mir beigebracht hatte, mein Gesicht verändern, mir neue Kleidung besorgen und die Braxter wegwerfen. Zwar hätte ich mich nur äußerst ungern von Rapier und Main-Gauche getrennt, aber wenn ich zwischen ihnen und meinem Leben zu wählen hatte, war die Entscheidung klar. Und selbst dann war der Erfolg keineswegs garantiert. Und Dimpy? Wo blieb er in diesem Verwandlungsspiel?
Er war auch der Grund, warum die andere Möglichkeit nicht wünschenswert war. Die Herren der Sterne könnten – ha! – mich aus diesem Schlamassel reißen. Vermutlich würden sie mit mir sprechen und mich disziplinieren wollen. Das kam in letzter Zeit seltener als früher vor. Dann würden sie mich wieder zur Bewachung der Numim-Zwillinge absetzen. Ich wollte auf gar keinen Fall, daß das geschah; ich wollte Dimpy nicht im Stich lassen, der von allen gejagt würde.
Und außerdem, selbst wenn mich die Everoinye wieder auf meinen Posten beförderten, wäre diese Tatsache bald bekannt, und die Garde sähe sich nach mir in Nandishas Palast
Weitere Kostenlose Bücher