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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Zellen erblickten. Als sie zu den beiden Leichen kamen, sprach keiner ein Wort. Sie fühlten, daß hier Gottes Strafgericht gewaltet habe.
    Da ertönte ein entsetzlicher, lang gezogener Schrei.
    „Was ist das?“ fragte ‚Donnerpfeil‘.
    „Verdoja ist's“, antwortete Mariano.
    „Fürchterlich!“ meinte Sternau. „Ich muß ihn sehen!“
    Sie schritten vorwärts, und nur die beiden Mädchen blieben zagend zurück und baten den Steuermann, bei ihnen zu bleiben.
    Gerade als sie an den Brunnen traten, ertönte ein neuer Schrei. Es gibt kein Tier, welches einen solchen Laut ausstoßen könnte. Er durchzitterte die Männer, welche oben am Rand standen, so daß sie sich schüttelten.
    „Und er hat nicht sagen wollen, wie die Türen geöffnet werden?“ fragte Sternau.
    „Nein. Wir sollten zugrunde gehen.“
    „So ist er wirklich ein Teufel. Ich gehe hinab zu ihm!“
    Er rollte sein Lasso los und ließ sich diejenigen von ‚Büffelstirn‘ und ‚Bärenherz‘ geben. Er band sich fest, nahm die Laterne und wurde hinabgelassen.
    Als er unten ankam, ließ er das Licht auf den Zerschmetterten fallen. Dieser öffnete die blutunterlaufenen Augen, starrte auf ihn, wie auf ein Gespenst, und rief:
    „Hund, bist du es?“
    „Ja, ich bin es“, sagte Sternau. „Du Teufel in Menschengestalt sollst erfahren, daß deine Pläne zu Schanden geworden sind. Wir sind gekommen, deine Gefangenen zu befreien; die Türen sind offen, sie sind erlöst.“
    „So verdamme Euch –“
    Er wollte sich vor Wut aufrichten, aber diese Bewegung verursachte ihm solche Schmerzen, daß er seinen Fluch nicht aussprechen konnte, sondern einen seiner entsetzlichen Schreie ausstieß.
    „Du stehst an der Schwelle des Todes, du stehst vor dem ewigen Gericht“, sagte Sternau, „bitte Gott um Erbarmen, statt zu fluchen!“
    Verdoja wollte die Hände ballen, aber es ging nicht. Er knirschte mit den Zähnen, fletschte sie wie ein Raubtier und schrie:
    „Fort! Ich mag keine Gnade.“
    Diese Gottlosigkeit ertötete jeden Funken von Mitgefühl in Sternaus Brust. „Nun gut, so sollst du auch keine Gnade haben“, sagte er, „wenigstens bei mir nicht. Gott hat dich gestraft, und diese Strafe sollst du auskosten bis zum letzten Tropfen. Du gehörst in die Hölle und sollst eine Hölle haben, eine Hölle voll unbeschreiblicher Qualen und Schmerzen bereits hier auf Erden. Ich werde dich untersuchen und dann alles tun, dich mitsamt deinen Schmerzen am Leben zu erhalten.“
    Er bückte sich nieder und begann seine Untersuchung. Er gab sich keine Mühe, zart und behutsam zu sein, und so entfuhr dem Mund des Verruchten ein Schmerzgeheul, welches geradezu unmenschlich war.
    Endlich war Sternau fertig.
    „Das ist Gottes Gericht“, sagte er. „Du bist zermalmt am ganzen Leib, deine Glieder sind gebrochen und können nie wieder vereinigt werden; aber dennoch ist dies alles nicht tödlich. Deine Eingeweide sind unverletzt und kräftig, du wirst leben, aber den Schmerz, der dich jetzt zerfrißt, nie los werden. Eine solche Strafe kann nur Gott, oder der Teufel ersinnen, und du, du sollst sie leiden, dafür will ich sorgen.“
    Er band sich von den Lassos los und befestigte den Zerschmetterten daran, ohne Rücksicht auf dessen Zustand zu nehmen. Dann gab er das Zeichen. Die Männer oben zogen an, in dem Glauben, daß es Sternau sei, aber bald sagte ihnen ein näherkommendes Qualgebrüll, wen sie emporzogen. Als er oben war, legten sie ihn in den Gang, knüpften ihn ab und ließen die Lassos wieder in den Brunnen hinab. Sternau kletterte jetzt selbst daran empor.
    „Aber was soll mit diesem Menschen werden?“ fragte ‚Donnerpfeil‘.
    „Er soll nicht sterben, denn sein Tod wäre ja eine Belohnung für ihn. Er soll leben, aber dabei keinen Augenblick frei von Schmerzen sein.“
    „Das ist recht!“ stimmte ‚Bärenherz‘ bei. „Der große Geist ist gerecht!“
    „Er hat es verdient“, meinte ‚Büffelstirn‘ einfach; dann wandte er sich ab.
    „Ich werde einige Apachen senden“, sagte Sternau, „die ihn nach dem vordersten Gang schaffen, dort soll er liegen, so lange es mir gefällt. Jetzt aber laßt uns an das Licht des Tages zurückkehren!“
    Sie gingen zu den Frauen und führten sie durch die jetzt aufgesprengten Türen nach dem Ausgang. Als Emma dort anlangte, blieb sie wie geblendet stehen. Dann füllten sich ihre Augen mit Tränen und sie breitete ihre Arme aus, um Sternau zu umfassen.
    „Wenn ich Ihnen dies vergesse, Señor, so möge mir die

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