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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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allmächtig nennen mag. Er bringt fertig, was kein anderer vermag. Er weiß, was für ein Schicksal unser bei Verdoja und Pardero erwartet, und wird alles wagen und tun, um uns zu finden und zu retten.“
    „Aber wer soll ihm sagen, daß wir uns hier befinden?“
    „Dafür lassen Sie Gott und ihn sorgen. Er findet uns, ich bin überzeugt.“
    „Aber wenn ihm selbst ein Unfall widerfährt?“
    „Ihm geschieht nichts Böses. Er weiß, was für uns davon abhängt, daß er in keine Fährlichkeit gerät, und wird vorsichtig sein. Vielleicht ist gerade diese Vorsicht schuld, daß wir warten müssen. Es sind ja erst zwei Tage verflossen; es ist ja sehr leicht möglich, daß er jetzt erst in dieser Gegend eintrifft. Nun wird er nach Spuren suchen; er wird sie finden. Er wird auch ein Mittel entdecken, zu uns zu gelangen. Es ist mir, als – horch!“
    Sie lauschten, hörten aber nichts.
    „Was war es?“ fragte Emma.
    „Es war mir, als ob ich ein leises Rollen hörte, fast wie fernen Donner.“
    „Das war eine Täuschung, Señor. In diese Tiefe dringt kein lebendiger Ton!“
    Es trat wieder eine Stille ein, bis der Steuermann aus seinem Grübeln auffuhr: „Hol's der Teufel, ich finde nichts!“
    „Was suchen Sie?“ fragte Mariano.
    „Nach einem Mittel, diese verteufelte Pyramide in die Luft zu sprengen, aber natürlich so, daß wir unbeschädigt sitzen bleiben.“
    „Geben Sie sich keine Mühe, es ist alles vergeblich. Wir können nur von außen Hilfe erwarten.“
    „Nun, dann mag sie bald kommen, nicht um meinetwillen, denn ich halte etwas aus, sondern um dieser Señoritas willen, die so etwas nicht verdient haben. Es muß ein miserabler Tod sein, hier unten so langsam – horch!“
    Jetzt horchten sie alle auf, denn alle hatten einen Donner vernommen.
    „Das war ganz wie vorhin, aber stärker“, sagte Mariano. „Es gibt doch jetzt kein Gewitter! Und wie sollte man hier unten den Donner hören können?“
    „Das war kein Donner“, erklärte der Steuermann; „das war ein Schuß.“
    „Es ist ganz unmöglich, es hier unten zu hören, wenn ein Schuß fällt“, sagte Emma.
    „Aber wenn der Schuß nun hier unten gefallen wäre?“ fragte Helmers.
    „Wer sollte da schießen?“
    „Weiß ich es? Ich weiß nur so viel, daß ich als Seemann den Donner von einem Schuß sehr genau unterscheiden kann. Es war ein Schuß. Wäre er aber gefallen, so müßte es ein Kanonenschuß gewesen sein, und ich bezweifle, ob man selbst einen solchen hier hören würde. Wir haben ihn aber gehört, folglich ist er unten abgefeuert worden.“
    „Aber es hat keine Pistole und keine Büchse einen solchen Klang. Und wozu sollte man hier unten schießen? Etwa, um uns ein Zeichen zu geben? Sternau weiß ja, daß wir nicht antworten können.“
    Auf diese Worte Emmas schüttelte der Steuermann den Kopf.
    „Ja, eine Büchse hat keinen solchen Klang“, sagte er, „aber wissen Sie, was genauso klingen würde?“
    „Was?“
    „Ein Sprengschuß!“
    „Allmächtiger! Sie glauben –?“
    Er nickte und antwortete:
    „Ich glaube, daß Sternau da ist; es war ein Sprengschuß. Ich kenne meinen Herrn Sternau genau. Ihm ist nichts zu schwer. Vielleicht ist er gar auf die Idee gekommen, die Türen aufzusprengen, weil er sie nicht öffnen kann.“
    Diese Worte waren in einem so zuversichtlichen Ton gesprochen, daß Emma mit vor Hoffnung leuchtenden Augen sagte:
    „Sie geben mir Trost, Señor Helmers. Es ist mir, als ob ich jetzt an eine Rettung glauben dürfte. O mein Vater, mein armer, guter Vater! Werde ich dich einmal wiedersehen dürfen?“
    Sie weinte, aber es waren doch Tränen des Schmerzes und nicht der Hoffnung, die sie vergoß. Da ertönte mitten in ihr Schluchzen hinein ein gewaltiger Knall. Sie fühlten, wie der Boden und die Wände des Ganges zitterten. Und als auf diesen Knall ein dumpfes Prasseln erscholl, da sprang der Steuermann in die Höhe.
    „Hurra! Hurra! Sternau ist da, ist wirklich da!“ rief er. „Das war ein Sprengschuß, wie er leibt und lebt, und dahinter prasselte die Mauer ein. Die Rettung ist da, juchhe, sie ist da!“
    Auch Emma wollte sich erheben, aber sie wankte und sank wieder in die Knie. „Wär's möglich“, hauchte sie.
    „Ich glaube selbst, daß Señor Helmers recht hat“, sagte Mariano. „Was glauben Sie, Señorita Karja?“
    Die Indianerin schlug langsam die geschlossen gewesenen Augen auf und sagte:
    „Es ist Sternau, ich wußte, daß er kommen würde.“
    Da fiel Emma der Sprecherin um

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