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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auch!“
    „Das glaube ich. Was habt ihr denn geladen?“
    „Verschiedenes, nebst einer hübschen Fracht nach Guaymas.“
    „Nach Guaymas? Hm! Vielleicht könnte man mit euch fahren. Wir wollen auch nach Guaymas. Wo ist der Kapitän?“
    „Der ist an Land, wird aber bald wiederkommen. Ah, dort kommt er!“
    „Welcher? Der Kleine?“
    „Ja, der die Hände in den Hosentaschen hat!“
    Die beiden stellten sich am Ufer auf und blickten dem Nahenden entgegen. Er war ein kleiner, dürrer Mann, und aus seinen geröteten Wangen, dem wankenden Gang und den wässerigen Augen konnte man leicht schließen, daß er heute einen Schluck zuviel getrunken habe.
    „Holla, Coq, mach los! Ich komme!“ rief er bereits von weitem dem Jungen zu.
    „Nicht so schnell Sir“, antwortete dieser.
    „Nicht? Ah, warum nicht schnell? Wenn ich komme, so muß es schnell gehen; dreißig Knoten in einer Viertelstunde. Das merke dir!“
    „Aber jetzt nicht, denn diese Gentlemen wollen mit Ihnen reden.“
    „Mit mir? Hm! Mit mir? Wer sind sie denn?“
    Er betrachtete sich die beiden mit gemütlicher Naivität, lachte dann ein wenig, schnipste mit den Fingern und sagte:
    „Landratten! Nicht?“
    Die Männer hatten die Hüte tief gezogen und standen in demütiger Haltung vor ihm, als ob er ihnen Audienz erteile. Der Lange sagte dabei:
    „Verzeihung, Capitano. Ich bin der Theaterdirektor Guzman, und dieser ist mein Regisseur, Martínez.“
    „Schauspieler? Hm, gemütliche Leute, spaßhafte Leute! Was wollt ihr von mir?“
    „Wir hören, daß Sie nach Guaymas segeln. Auch ich will nach Guaymas, mit meiner ganzen Gesellschaft.“
    „Donnerwetter, wie viele Personen sind es?“
    „Sechs Herren und fünf Damen, alle jung, schön und munter, Señor!“
    „Alle Wetter, das gäbe einen Spaß!“ lachte der Kapitän. „Könnt ihr denn auch zahlen, he?“
    „Wenn's nicht zu viel ist!“
    „Fünf Dollar pro Person, aber nur die Fuhre. Alles andere ist eure Sache!“
    „Dies macht fünfundfünfzig Dollars. Geht es mit fünfzig, Señor?“
    „Fünfzig? Hm, eigentlich nicht. Aber weil ihr Künstler seid und Damen bei euch habt, so mag es sein. Gezahlt wird sofort beim Besteigen des Bords, sonst werfe ich euch ins Wasser.“
    „Wann geht es fort?“
    „Heute abend noch. Der Flutwechsel ist um neun Uhr; um elf geht's fort.“
    „Wir danken sehr, Señor, für Ihre freundliche Bereitwilligkeit! Halb zehn werden wir an Bord sein.“
    Sie verbeugten sich tief und entfernten sich. Er blickte ihnen vergnügt lächelnd nach und stieg dann in das Boot.
    Die beiden Künstler schlenderten ein wenig durch den Ort, gingen dann mehr landeinwärts und kamen da an ein einstöckiges Gebäude, welches außerordentlich verfallen aussah. Es war eine Schenke, und so hatten die beiden Männer wohl kein Bedenken, einzutreten. Sie schienen überhaupt hier nicht unbekannt zu sein, denn sie wurden von einigen Kerls, welche am zerbrochenen Tisch, bei dem Saft der Agave saßen, mit Freude begrüßt.
    „Nun, Direktor, noch nichts?“ fragte der eine.
    „Doch, heute endlich!“ antwortete der Direktor.
    „Es wird Zeit. Aber wie?“
    „Schauspieler, sechs Herren und fünf Damen.“
    „Schön! Hahaha! Das wird doch mal ein Witz.“
    Der Direktor trank ein einziges Glas und verließ dann die Schenke wieder, und zwar mit der Bemerkung, daß er die Gesellschaft abholen werde.
    Der Tag verging; der Abend brach an, und die ‚Lady‘ machte sich segelfertig. Es war bereits neun Uhr vorüber, und die Matrosen lugten über Bord nach den Passagieren. Da endlich kamen sie, elf Personen, eine immer hinter der anderen. Da sie nicht in das kleine Boot gingen, so mußte es zweimal fahren; es nahm erst die Herren und dann die Damen.
    Kapitän Wilkers stand an der Schiffstreppe und streckte die Hand aus; der Direktor bezahlte, und der Kapitän begab sich auf das Hinterdeck; das war die ganze Zeremonie. Nach einem Paß oder sonstiger Legitimationen wurde nicht gefragt; ein Platz für sich oder ihre Sachen wurde ihnen nicht angewiesen, aber sonderbar, sie zogen sich zusammen, sie machten sich klein, und wo sie etwas hintaten oder sich selbst hinsetzten oder stellten, da waren sie sicherlich nicht im Wege, darum sagten die Matrosen bereits nach einer Stunde, daß diese Gentlemen und Ladies doch recht anständige Leute seien.
    „Aber ob's die Ladies aushalten!“ meinte einer. „Es ist eine hohe See und da kommt die dumme Seekrankheit stets darein.“
    Er hatte sich umsonst gesorgt,

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