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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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rühmen.“
    „Doch warum sagte er denn da draußen auf der Fantasia zu mir, daß er nicht von ihr lassen möge, daß er keine andere lieben könne!“
    „So war er verrückt!“
    „Ja, verrückt. Sie hat ihm mit ihren großen, lichten Augen den Verstand genommen. Ich bot ihm meine Schönheit und meine Liebe an, und er wies mich zurück. Ich bot ihm ein Grafentum an, und er wies mich zurück. Ich bot ihm Glück, Reichtum und Ehre an, und er wies mich zurück. Ich drohte ihm, daß seine Amy verloren sei, wenn er nicht von ihr lasse, und er wies mich zurück. Er hatte einen Helfershelfer hinter sich, der mich fangen und demaskieren wollte, und ich bin ihm nur mit Hilfe meines Dolches entgangen. O ja, wir Mexikanerinnen haben Dolche und wissen sie zu gebrauchen. Verdammt sei diese Amy, verdammt und verflucht dreimal, nein, tausendmal! Ich richte sie zugrunde. Wenn nur deine Tochter ihre Pflicht tun wollte. Sie weiß ja, daß ich sie königlich belohnen werde.“
    Sie hatte sich erhoben und stand inmitten des Zimmers, wie eine Furie, mit blitzenden Augen, zusammengekniffenen Lippen und geballten Händen.
    „Sie wird aufpassen, Señorita“, sagte die Dienerin in beruhigendem Ton. „Ihr müßt nur bedenken, daß sie sich zuerst in das Vertrauen dieser kalten Engländerin einzuschmeicheln hat.“
    „Ich weiß das. Aber sie ist lange genug bei ihr und soll mir endlich einmal zeigen, daß ich mich auf sie verlassen kann. Diese Amy muß fallen, muß verschwinden oder sterben. Wenn ich nur zuvor wüßte, was aus Lautreville und seiner Gruppe geworden ist. Da, horch! Ich höre den Vater kommen. Er wird mir die Zeitungen und Neuigkeiten bringen. Du kannst gehen.“
    Die Alte entfernte sich. Sie begegnete Cortejo draußen vor der Tür. Dieser überzeugte sich genau, ob sie auch wirklich verschwunden sei und nicht etwa zum Lauschen zurückkehren werde, dann trat er bei der Tochter ein. Ihr fiel seine vor Freude glänzende und triumphierende Miene auf, und als sie bemerkte, daß er in der Hand einen geöffneten Brief hielt, fragte sie rasch:
    „Einen Brief? Von wem? Ist's die ersehnte Nachricht?“
    „Ja“, antwortete er, tief aufatmend.
    „Wie lautet sie? Zeig her!“
    Sie griff nach dem Schreiben, aber er zog die Hand zurück, hielt sie hoch empor und rief mit einem Ausdruck, in welchem sich der ganze Triumph eines hart gesottenen und herzlosen Bösewichtes aussprach:
    „Gewonnen! Endlich gewonnen! Wir können nun vollständig ruhig sein!“
    „Ah! Ist's wahr? Gib her, gib her!“
    Ihre dünnen Finger zitterten vor Aufregung, als sie sich abermals nach dem verheißungsvollen Schreiben ausstreckten. Der Vater ließ es ihr mit den Worten:
    „Ja, nimm hin und lies! Es ist die größte Freude und Genugtuung meines Lebens, welche mir widerfahren ist.“
    Sie warf einen Blick auf das Papier und sagte einigermaßen enttäuscht:
    „Ah, von deinem Bruder, dem Oheim? Von ihm hatte ich die entscheidende Nachricht nicht erwartet. Ich denke, die soll von hier aus Mexiko kommen, und zwar von Verdoja und Pardero, den beiden Offizieren!“
    „Lies nur mein Kind! Es wird dir dann alles erklärlich sein!“
    Sie konnte sich nicht niedersetzen, die Aufregung trieb sie im Zimmer hin und her, und so las sie im Auf- und Niederschreiten folgendes:
    „Lieber Bruder.
    Endlich, endlich kann ich Dir eine Nachricht geben, welche ungeheuer wertvoll ist. Gestern war Landola bei mir. Er ist um die Südspitze von Amerika herum nach Spanien gekommen. Er hat im Hafen von Guaymas folgende Personen getroffen: Sternau, Mariano, zwei Deutsche namens Helmers und zwei Indianer, von denen der eine ‚Büffelstirn‘ und der andere ‚Bärenherz‘ heißt. Ferner sind bei ihnen gewesen zwei Mädchen, nämlich die Schwester dieses ‚Büffelstirns‘ und sodann Emma, die Tochter des alten Pedro Arbellez, des Haziendero auf del Elina.
    Diese Personen haben nach Acapulco gewollt und den Kapitän nicht gekannt. Er hat sie alle auf sein Schiff genommen, scheinbar, um sie nach dem verlangten Hafen zu bringen. Sie sind von ihm in Fesseln geschlagen worden, und da hat er von den Mädchen erfahren, daß sie dem Kapitän Verdoja glücklich entgangen sind, dem Du den Auftrag gegeben hattest, sie zu vernichten. Am ersten Abend der Fahrt, während alles schlief und nur eine Wache an Deck war, hat Landola eine Lunte an die Pulverkammer gelegt und sich unbemerkt auf dem kleinen Boot davongemacht. Das Schiff ist in die Luft geflogen und mit Mann und Maus zu Grunde

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