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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Leidenschaften zerrissenen Gesichtes zeigten, daß er von indianischer Abstammung sei. Es war der Wüterich, Juan Alvarez, der ‚Panther des Südens‘.
    „O, Señor Alvarez, wie habt Ihr uns erschreckt!“ sagte Josefa. „Wir erwarten Euch bereits seit vorgestern. Seid willkommen!“
    Der Indianer blickte sie mit kaltem Staunen an und sagte zu Cortejo:
    „Ich komme im Dunkel der Nacht, um keinen Zeugen zu haben! Und Ihr gebt mir ein Weib zum Zeugen!“
    „Sie ist meine Tochter“, entschuldigte sich Cortejo.
    „Ist eine Tochter kein Weib?“ klang es scharf zurück.
    Da trat Josefa einen Schritt auf ihn zu. Wenn es sich um solche Dinge, welche das Licht zu scheuen hatten, handelt, so war sie ganz an ihrem Platz. Darum sagte sie in einem stolzen, selbstbewußten Ton:
    „Glaubt Ihr etwa, daß ich mich vor dem ‚Panther des Südens‘ fürchte? Bin ich denn schuld, daß ich ein Weib bin? Gibt es nicht unter den Männern Weiber? Warum soll es nicht unter den Weibern Männer geben? Ein solcher Mann bin ich. Mein Vater vertraut mir alles an, und er hat es noch nie zu bereuen gehabt. Auch Ihr sollt noch heute erfahren, daß ich Eures Vertrauens würdig bin und wie ein Mann zu handeln weiß!“
    Auf die schmalen Lippen des grimmigen Mannes trat ein leises, höhnisch zuckendes Lächeln, und er antwortete:
    „Sie spricht wie ein Mann, Señor Cortejo. Wenn sie aber nicht wie ein Mann handelt, so ist es Euer Schaden. Der ‚Panther des Südens‘ gibt seine Geheimnisse nur so vielen Ohren kund, als es ihm beliebt. Laßt uns von unserer Angelegenheit reden!“
    „Setzt Euch!“ bat Cortejo, indem er dem Gast einen Stuhl hinschob.
    „Nein“, antwortete dieser. Er schlug die Hände über die Brust zusammen, leuchtete den Spanier mit seinen Flammenaugen an und fuhr fort: „Ich werde im Stehen sprechen. Da Ihr eine Mitwisserin habt, ohne mich vorher um Erlaubnis zu fragen, so können wir kurz sein. Habt Ihr das Geld?“
    „Bar allerdings nicht!“
    „So sind wir fertig!“
    Er drehte sich kalt um und wollte gehen. Doch Cortejo ergriff ihn am Arm und bat:
    „Bleibt einen Augenblick, Señor, und hört meine Erklärung. Ich sagte, daß ich das Geld nicht bar habe, denn wer legt in der jetzigen Zeit eine Million leichtsinnig her. Ich habe Besitzungen, von denen jede mehr wert ist als so viel. Soll ich eine verkaufen, so erhaltet Ihr das Geld. Soll ich Euch eine schenken, so tun wir, als hättet Ihr sie gekauft. Was wählt Ihr?“
    Der Indianer hatte ihm halb abgewandt zugehört, jetzt drehte er sich herum und fragte:
    „Habt Ihr das Recht, eine Besitzung zu verkaufen oder zu verschenken?“
    „Ja.“
    „Seid Ihr der Besitzer?“
    „Nein, aber ich bin von dem Grafen Rodriganda ermächtigt, zu tun, was mir beliebt. Ich darf in seinem Namen unterschreiben.“
    „Das ist Eure Sache, ich aber glaube es nicht. Ich will keine Hacienda kaufen oder mir schenken lassen, welche ich früher oder später wieder hergeben muß. Lebt wohl!“
    Er drehte sich wieder um, dieses Mal war es Josefa, welche ihn zurückhielt.
    „Wartet, Señor!“ sagte sie. „Ich werde diese Angelegenheit ordnen.“
    Er lächelte höhnisch wie vorher und sagte in ungeduldigem Ton:
    „Wozu die unnötigen Worte! Wie will ein Weib eine Sache ordnen, zu welcher der Mann, der es tun sollte, kein Geld hat! Und gerade Geld ist es, was ich brauche.“
    „Ihr sollt es haben!“
    „Wann?“ fragte er kalt.
    „Wann Ihr es wollt.“
    „Eine Million?“
    „Nein, sondern fünf Millionen!“
    Jetzt trat er doch erstaunt einen Schritt zurück. Doch sagte er sofort:
    „Diese Señora ist nicht bei Sinnen!“
    Auch ihr Vater blickte in höchster Verwunderung zu ihr hinüber. Sie aber ließ sich nicht irremachen, sondern fuhr fort:
    „Ich will deutlicher sprechen. Mein Vater hat Euch eine Million versprochen, Señor. Er wollte sie Euch auszahlen, hier auf diesen Tisch; Ihr konntet sie einstecken leicht und mühelos. Ich nun biete Euch vier Millionen mehr und mache nur die zwei Bedingungen, daß Ihr sie Euch selbst holt und meinem Vater dennoch Euer Versprechen haltet.“
    „Wo sind sie zu finden?“ fragte er rasch.
    „Das werde ich euch sagen, sobald Ihr mir Euer Wort gegeben habt und wir noch über einen anderen Punkt einig geworden sind.“
    „So redet!“
    Er stellte sich, wie vorher, mit über die Brust gekreuzten Armen vor die beiden hin und richtete seine Augen mit einem wahrhaft durchbohrenden Blick auf das Mädchen, welches fortfuhr:
    „Es gibt zwei

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