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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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antwortete sie mit grollender Stimme. „Meine Gegenwart war ganz und gar unnötig!“
    „Im Gegenteil sehr!“ höhnte er.
    „Ist es gelungen?“
    „Ja, bis jetzt.“
    „Habt Ihr die Kisten alle?“
    „Alle.“
    „So werdet Ihr also Wort halten?“
    „Ich werde mein Wort natürlich nicht brechen, vorausgesetzt, daß es wirklich fünf Millionen sind.“
    Da dachte Josefa daran, daß ihre Spionin nicht von vollen fünf Millionen, sondern von ‚wohl an die fünf Millionen‘ gesprochen hatte. Darum sagte sie:
    „Sollte eine Kleinigkeit fehlen, so kommt es wohl nicht darauf an?“
    „Soll ich etwa auch eine Kleinigkeit an meinem Wort fehlen lassen, Señora?“ spottete er. „Ich kann mein Wort nicht in Teile zerlegen und werde mir also auch nicht die mir garantierte Summe teilen lassen. Ich bin meines Wortes entbunden, sobald ein einziges Goldstück, ein einziger Peso fehlt.“
    „Das wäre schändlich!“ rief sie, fast zu laut für die Vorsicht, welche anzuwenden hier so notwendig war. „In diesem Falle würdet Ihr mich zwingen, zu verraten, wer die Kisten geholt hat.“
    Sie hatte diese Worte in einem drohenden Ton gesprochen. Er lachte in seiner höhnisch kalten Weise und antwortete:
    „Und ich würde in diesem Fall verraten, wer diese Kisten zunächst ausspioniert, mir angeboten und sodann hier Wache gestanden hat. Da bringt man mein Pferd! Lebt wohl, Señora. Ich werde Euch die Summe, welche ich finde, ganz genau wissen lassen.“
    Er stieg auf und ritt davon. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als im Dunkel der Nacht allein nach Hause zu gehen, und dabei ahnte ihr, daß sie diese Millionen auf das Spiel gesetzt habe, ohne das Geringste dabei zu gewinnen. –
    Bereits am frühen Morgen versetzte die Nachricht von dem Verschwinden des Geldes die ganze Stadt Mexiko in die größte Aufregung. Ein solcher Raub (dieser Raub ist eine geschichtliche Tatsache, der Verfasser) war so unerhört, daß man gar nicht begreifen konnte, wie er hatte gelingen können, obgleich die Spuren deutlich genug waren, um daraus zu sehen, in welcher Weise er unternommen worden war. Man fand den losgegangenen Selbstschuß, die beiden Toten, die Laternen, den Bock mit den Brettern und sogar auch den Zettel, welcher die Worte enthielt:
    „So muß es allen Fremden gehen, welche nach Mexiko kommen, um Humanität zu predigen und dabei doch Reichtümer zusammenzuscharren und die Hilfsquellen des Landes zu verstopfen!
    Einer, dem nie seine Rache mißlingt.“
    Der Täter konnte kein gewöhnlicher Mann gewesen sein. Er mußte ungewöhnliche Mittel in Bewegung zu setzen haben und eine Kühnheit besitzen, die ihresgleichen suchte. Aber alle Nachforschungen nach ihm blieben resultatlos.
    Eine weitere Frage war die, wohin Lindsay mit seiner Tochter gekommen sei. Er blieb verschwunden für lange Jahre, und man wußte nichts weiter von den beiden Unglücklichen, als daß sie zu gleicher Zeit mit dem Geld verschwunden seien. Lindsays Aufzeichnungen wiesen nach, daß die geraubte Summe vier und eine halbe Million in Gold und Staatspapieren betrage, und als dies Cortejo und seine Tochter hörten, vermochten sie ihre Wut kaum zu zügeln. Sie hatten den Kontrakt mit dem ‚Panther des Südens‘ umsonst gemacht und waren gezwungen, ihre Enttäuschung zu verbergen. Und als ob es dieser besonderen Mitteilung bedurft hätte, erhielten sie nach einigen Tagen die Zeitungsnummer zugeschickt, in welcher von dem Raub die Rede und die genaue Summe angegeben war. Und am Rande der betreffenden Stelle stand geschrieben:
    „Meines Wortes quitt! Fragt Euch überhaupt, ob Ihr das Zeug zum Präsidenten habt und Señorita Josefa zur Tochter eines solchen!“
    Wie Lindsay mit Amy verschwunden waren, so war es auch mit dem Brief, den sie für den alten Pedro Arbellez nach Deutschland geschrieben hatte. Der Brief gelangte ebensowenig an seine Adresse wie die kostbare Sendung, welcher er beigegeben war. Der Oberrichter hatte alle Vorsichtsmaßregeln getroffen, aber da keine Reklamation einging, indem der Adressat nicht die mindeste Ahnung von der Sendung hatte, so hielt Juarez sich für überzeugt, daß sie richtig an den Mann gekommen sei.
    Mittlerweile war bereits vor Monaten in Erfüllung gegangen, was Rosa ihrem geliebten Sternau mit so innigen, glückatmenden Worten geschrieben hatte: sie war von einem Töchterchen entbunden worden, bei dessen Geburt eine hohe, allgemeine Freude in Rheinswalden eingezogen war.
    Die weiblichen Bewohner des Schlosses hatten

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