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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wir gezwungen sind, Stellung gegen ihn zu nehmen. Besser ist es auf jeden Fall, wir versammeln uns hier vollzählig und zeigen ihm sofort offen, was er von uns zu erwarten hat.“
    Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen, und so zog sich gegen den jungen Ankömmling ein Gewitter herauf, von welchem er keine Ahnung hatte.
    Er befand sich in Berlin. Der Herzog von Olsunna hatte Gründe gefunden, seine Einsamkeit auf Schloß Rheinswalden zuweilen zu unterbrechen und sich darum in Berlin das Palais gekauft, um einige Wochen hier zuzubringen. Er befand sich seit einer Woche zum ersten Mal in der Residenz, begleitet von seiner Gemahlin, der früheren Frau Sternau. Gestern war Otto von Rodenstein mit seiner Frau, der Tochter des Herzogs angekommen, und beide hatten Röschen mitgebracht! Erst heute morgen war es Kurt Helmers möglich gewesen, von Darmstadt nach Berlin zu kommen. Er war kurz vorher im Palais abgestiegen, ehe die Herzogin mit Röschen von ihrer Spazierfahrt zurückgekehrt war.
    Wir werden baldigst erfahren, wie sich das Leben der so befreundeten Familien in Rheinswalden gebildet hatte, und müssen nur erwähnen, daß Kurt sehr oft zu militärischen Reisen attachiert worden war und seit einigen Jahren Röschen gar nicht gesehen hatte. Er war erst vor einigen Tagen aus der Türkei zurückgekehrt und hatte, von dienstlichen Pflichten zurückgehalten, noch nicht einmal Zeit gefunden, nach Rheinswalden zu kommen. Und als er dann die Mutter und seinen alten Hauptmann von Rodenstein besuchte, hörte er, daß Röschen bereits nach Berlin abgereist sei.
    Jetzt stand er in seinem Zimmer im Palais des Herzogs und legte die Paradeuniform an, um seine dienstlichen Besuche zu beginnen. Der Husarenanzug stand ihm ausgezeichnet. Aus dem vielversprechenden Knaben war ein prächtiger junger Mann geworden. Zwar besaß seine Gestalt keine allzu große Ausdehnung in die Länge oder Breite, aber man sah es den kraftvollen Formen an, daß seine Muskeln und Nerven sich in einer ungewöhnlichen Schulung befunden hatten. Von dem tief gebräunten unteren Teil seines Gesichtes stach die hohe, breite, elfenbeinweiße Stirn in eigentümlicher, aber keineswegs unschöner Weise ab, und wenn seine Oberlippe auch erst nur den Anflug eines Bärtchens zeigte, so lag über seinen Zügen doch ein hoher, männlicher Ernst ausgebreitet, welcher ganz geeignet war, vor dem jugendlichen Offizier Respekt einzuflößen. Wer in seine offenen, intelligenten Augen blickte, kam sicherlich zu der Überzeugung, daß er keinen gewöhnlichen Durchschnittsmenschen sondern einen Jüngling vor sich habe, welcher alle Eigenschaften besaß, als Mann ungewöhnliches zu leisten.
    Da rollte die Equipage vor das Tor. Kurt trat schnell an das Fenster, um einen Blick hinauszuwerfen, aber er konnte nur noch den Schatten der im Eingang verschwindenden Damen erkennen.
    „Röschen“, sagte er, indem ein glückliches Lächeln sich über seine Züge verbreitete. „Ah, wie lange habe ich sie nicht gesehen! Eine ganze Ewigkeit! Sie steht in dem Alter, in welchem man sich in Wochen mehr verändert als in Jahren. Wie werde ich sie sehen? Ich muß doch sogleich hinab!“
    Er stieg die Treppe hinab in den Salon, in welchem sich der Herzog befand, um die beiden Damen bei ihrer Rückkehr zu empfangen. Hier im freien Raum des Zimmers, wo Röschens Erscheinung noch viel mehr zur Geltung kommen konnte als im engen Wagen, machte sie allerdings noch einen ganz anderen Eindruck. Sternau, ihr Vater war ja eine hohe, mächtige, männlich schöne Gestalt gewesen, und Rosa de Rodriganda, ihre Mutter, hatte sich in Beziehung auf Reiz und Schönheit getrost mit jeder anderen messen können. So war es also zu erwarten gewesen, daß die Tochter dieser beiden die vorzüglichen Eigenschaften ihrer Eltern in sich vereinigen werde. Und wirklich war die nordisch blonde Erscheinung Sternaus und die südlich dunkle Persönlichkeit Rosas in Röschen zu einer Gestaltung zusammengeflossen, deren fast wunderbarer Zauber jedes Herz gefangen nehmen mußte. Sie war das verkörperte Bild einer Juno, einer Hebe und einer Kleopatra zu gleicher Zeit.
    Kurt blieb entzückt am Eingang stehen. Zwar hatte er gedacht, daß sie sich sehr zu ihrem Vorteil entwickeln werde, aber jetzt war es ihm, als sei dieses Wesen von einer Strahlenkrone umleuchtet, von deren Glanz sein Auge geblendet werde. Sie hatte sich nach ihm umgedreht und ihn sofort erkannt.
    „Das ist ja Kurt, unser guter Kurt!“ rief sie, indem sie auf

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