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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Geschlechter wirklich höher zu achten sein als der bürgerlich Geborene, so bin ich wenigstens dem Ahnen vollständig ebenbürtig, und das genügt mir.“
    Eine solche Zurechtweisung war dem Reitergeneral noch nie geworden. Er kniff die Augen zusammen und versetzte mit scharfer Stimme:
    „Wie? Was? Antworten wollen Sie? Ah, das muß man sich merken! Sie sind entlassen. Gehen Sie!“
    Kurt salutierte und ging. Sein Weg führte ihn zum Obersten. Hier mußte er fast eine Stunde lang antichambrieren, obgleich sich kein Mensch im Vorzimmer befand. Endlich wurde er eingelassen. Der Oberst saß am Pult und drehte ihm in nachhaltiger Weise den Rücken zu. An einem Seitentisch schrieb Branden, der Adjutant. Dieser letztere warf einen einzigen kalten Blick auf den Eintretenden und schrieb dann weiter fort.
    Es vergingen einige Minuten, ohne daß es schien, als ob Kurts Eintritt bemerkt worden sei. Da hustete er laut und vernehmlich, vielleicht auch ein wenig maliziös, und nun drehte sich der Oberst langsam um.
    „Wer hustet da? Ah, es ist jemand hier! Wer sind Sie?“
    „Leutnant Helmers, zu Ihrem Befehl, Herr Oberst.“
    Da erhob sich der Regimentskommandeur, setzte das Monokel ein und betrachtete den Leutnant mit eisigem Blick. Als er an dem Äußeren desselben nicht das geringste auszusetzen fand, meinte er:
    „Also eingetroffen! Melden Sie Ihre Wohnung auf der Adjutantur. Ich muß Ihnen sagen, daß man bei der Garde anspruchsvoll ist. Kennen Sie die Herren Offiziere bereits?“
    „Nein.“
    „Hm! Werden Sie im Kasino speisen?“
    „Ich wohne und esse bei Bekannten.“
    „Ah so! Hm! Da weiß ich nun allerdings nicht, wie man Sie mit den Herren bekannt machen soll!“
    Kurt verstand, was man meinte, doch antwortete er in höflichem Ton:
    „Ich glaube, es ist Gebrauch, daß die Herren Adjutanten es übernehmen, die Bekanntschaft der Kameraden untereinander zu vermitteln. Ich weiß nicht, ob ich annehmen muß, daß bei der Garde ein anderer Modus gebräuchlich ist.“
    Der Oberst räusperte sich sehr vernehmlich und antwortete:
    „Sie können doch nicht verlangen, daß man beim Gardekorps, welches die Elite des Adels in sich vereinigt, eine so – gelinde gesagt – bürgerliche Gepflogenheit akzeptiert. Einem, der in Folge seiner Geburt außerhalb dieses Kreises steht, ist es nicht leicht, in denselben einzudringen. Ein vernünftiger Gärtner wird niemals der gemeinen Kartoffel einen Platz anweisen neben der vornehmen Kamelie oder Rose –“
    „Und doch bringt diese ‚gemeine‘ Kartoffel vielen Millionen Heil und Segen, während Rose und Kamelie nur für das Auge oder die Nase sind“, fiel Kurt schnell ein. „Ich bin überzeugt, daß selbst die vom Herrn Oberst erwähnte Elite des Adels eine geschmorte Rose oder Kamelie für ein Unding hält, während die so ordinäre Kartoffel längst den vornehmen Kreis, von welchem ich soeben hörte, siegreich gesprengt hat.“
    Der Oberst kniff das Monokel fester ein, warf einen höchst erstaunten Blick auf den Sprecher und sagte in scharfem Ton:
    „Herr Leutnant, ich bin nicht gewohnt, mich unterbrechen zu lassen; merken Sie sich das gefälligst!“ Und sich zum Adjutanten wendend, fragte er: „Mein lieber Branden, werden Sie dieser Tage das Kasino besuchen?“
    „Ich bezweifle es“, antwortete dieser kühl, ohne von seiner Schreiberei aufzublicken. Und mit noch größerer Kälte meinte nun der Oberst zu Kurt:
    „Sie hören es, Leutnant. Es wird Ihrem eigenen Ermessen anheimgestellt bleiben, sich auf irgendeine Weise den Herren Offizieren zu nähern.“
    Kurt nickte sehr gleichgültig und sagte:
    „Ich sehe mich gezwungen, den einzigen Weg zu gehen, den man mir offengelassen hat. Aber ebenso, wie der Herr Oberst gewohnt ist, sich nicht unterbrechen zu lassen, was ich mir merken soll, so habe ich auch meine Gewohnheiten, und zu diesen gehört; daß ich meinen Weg gehe, ohne mich hindern oder gar aufhalten zu lassen, was man sich gefälligst auch merken möge! Darf ich fragen, wann ich mich zur Verfügung zu stellen habe?“
    Bei dieser kühnen Entgegnung hatte sich der Adjutant langsam erhoben; er maß den Sprecher mit einem Blick, in welchem das feindseligste Erstaunen zu lesen war. Das Gesicht des Obersten zeigte sich vom Zorn tief gerötet, doch beherrschte er sich und sagte in gebieterischem Ton:
    „Was kümmern uns Ihre Gewohnheiten! Melden Sie sich morgen punkt neun Uhr vor der Front zum Dienst. Jetzt sind Sie entlassen!“
    Da zog Kurt das Schreiben

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