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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sagte:
    „Kurt, weißt du, was es gibt?“
    „Nun?“ fragte er.
    „Ein Duell!“
    „Röschen!“ rief er erschrocken.
    „Kurt, ich sehe es deutlich. Tief da drunten in deinem Auge liegt etwas, was du hast verbergen wollen; ich aber habe es gesehen und sehe es noch. Das sieht aus wie eine stolze, trotzige Entschlossenheit. Willst du mir etwa die Unwahrheit sagen, lieber Kurt?“
    „Nein! Nie!“ versicherte er.
    „Nun, so sage, ob mein Herz recht vermutet!“
    „Versprichst du mir, verschwiegen zu sein?“
    „Das versteht sich!“ sagte sie eifrig. „In solchen Ehrensachen dürfen wir einander nicht verraten.“
    Sie war geradezu hinreißend in dieser kindlichen Naivität. Er hätte vor ihr niedersinken mögen, um sie anzubeten, aber er antwortete ruhig:
    „Du hast es erraten, Röschen.“
    „Also ein Duell, wirklich ein Duell. Kurt, ich habe es gewußt, ich habe es erraten, ich habe es gefühlt und geahnt. Glaubst du nun, daß ich dich lieb habe?“
    Sie blickte ihm dabei so innig, so aufrichtig entgegen, daß er ihre Hand an seine Lippen zog und leise und bebend antwortete:
    „Es ist mein größtes Glück, daß ich dies glauben darf.“
    „Ja, es ist ein großes Glück, wenn man sich recht von Herzen gut ist, und wenn man ein wahres Vertrauen zueinander hat. Ein solches Vertrauen habe ich zu dir. Denkst du etwa, daß mich dein Duell beunruhigt?“
    „Nicht?“
    „Nein, nicht im geringsten. Du wirst deinen Gegner vollständig besiegen. Aber Mama hatte Sorge, und weil sie denkt, daß du mir alles sagen wirst, und weil sie weiß, daß Duelle keine Zeitversäumnis vertragen, so bat sie mich, dich noch heute abend aufzusuchen.“
    Seine Augen leuchteten stolz auf, als er von diesem Vertrauen hörte. Er hätte für Millionen dieses ihr Wort nicht hingegeben.
    „Hast du auch zu anderen von deiner Ahnung gesprochen?“ fragte er.
    „Nein, nur zu Mama. Die anderen durften nichts wissen. Sie hätten dich vielleicht gehindert, deinen Feind zu züchtigen, und das mußt du tun!“
    „Röschen, du bist eine Heldin!“ rief er begeistert.
    „Oh, nur wenn es sich um dich handelt, lieber Kurt. Für andere kann ich recht sehr zittern, von dir aber weiß ich, daß du allen überlegen bist. Ja, als du in den Krieg zogst, da habe ich gebebt, denn gegen diese Kugeln konntest du dich nicht wehren; bei einem Duell aber kommt es nur auf die Geschicklichkeit und auf die Ruhe an, und da hast du keinen zu fürchten. Darf ich fragen, wer dein Gegner ist?“
    „Es sind deren zwei!“
    „Zwei Duelle?“ fragte sie erstaunt. „Gut, das ist doppelte Gelegenheit, dich in Respekt zu setzen. Ich könnte mich darüber freuen, wenn du mir nur eine kleine Bitte erfüllen wolltest.“
    „Wenn ich kann, so werde ich sie dir sicher erfüllen, liebes Röschen.“
    „Nun gut. Züchtige die beiden Menschen, aber töte sie nicht. Wie stolz ist das, wenn man dem Feind sagen darf: ‚Ich konnte dich töten, aber ich habe dir großmütig das Leben geschenkt.‘ Willst du?“
    „Gern, ich verspreche es dir.“
    „Das freut mich Kurt. Zum Dank sollst du mir auch die Hand küssen dürfen, wie du vorhin tatest. Hier ist sie.“
    Sie hielt ihm das Händchen entgegen und lächelte und nickte ihm freundlich zu, als er es an seine Lippen zog.
    „So haben es die Ritterfräuleins früher gemacht, und darum darf ich dich auch so belohnen“, meinte sie. „Wenn Mama es sähe, würde sie darüber lachen. Nun aber mußt du mir noch sagen, wer deine Gegner sind.“
    „Der erste ist mein Oberst.“
    „Ah! Der könnte doch froh sein, daß er so einen Leutnant bekommt! Und der zweite?“
    „Es ist der Leutnant von Ravenow.“
    „Der! Der gegen uns so ungezogen war! Kurt, ich ahne, daß ihr euch meinetwegen schlagt. Sage mir die Wahrheit.“
    „Du hast es erraten“, antwortete er.
    Es war dies keine Prahlerei von ihm. Es kam ihm nicht in den Sinn, sie durch dieses Geständnis sich zu verpflichten. Er war ein lauterer Charakter und hatte ihr auf ihre offene, vertrauensvolle Frage um alles in der Welt nicht eine Lüge sagen können.
    „Siehst du, wie ich dir alles am Auge ablese!“ meinte sie in glücklichem Selbstbewußtsein. „Nun bist du endlich mein wahrer Ritter geworden. Du wirst dein Röschen rächen, und dafür wird sie dir voller Huld die Hand zum Kuß reichen und dir noch ein Andenken geben, was, das muß ich mir erst überlegen. Jetzt weiß ich alles, und nun kann ich zu Mama zurückkehren.“
    „Was wirst du ihr sagen?“
    „Alles.

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