46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
gesprochen.“
„Das glaube ich. Wir sind zerfallen.“
„Ah! Wie schade! Weshalb?“
„Eines Mädchens wegen. Ich hatte es lieb und er auch; es zog mich vor, und da ging er in die Fremde. Wir haben einander einige Male geschrieben, aber ganz kurz, das allernötigste; dabei ist es denn auch geblieben.“
„So waren Sie verheiratet?“
„Nein. Sie wurde mir untreu. Der Teufel hole die Liebe! Nun ging ich auch in die Fremde. Schließlich kam ich als Brauer nach Amerika: aber es klappte nicht. Da nahm ich den Schießprügel und wurde Jäger. Das ist mein ganzer Lebenslauf. Jetzt habe ich Ihnen alles gesagt, und ich muß fort, denn ich darf keine Zeit verlieren.“
Er stand auf und ging zu seinem Pferd. Auch die anderen erhoben sich, es wurde Abschied genommen. Das Zusammentreffen mit dem kleinen, einfachen Jäger hatte für Sternau verschiedenes Nützliche gebracht, darunter auch die Hoffnung, über gewisse Dunkelheiten bereits recht bald einige Aufklärung zu erhalten.
In der Prärie wird man schneller bekannt und vertraut, als in den Salons der Großstädte. Als André den anderen die Hand reichte, war es allen, als ob ein alter Bekannter Abschied nehme, und sie sahen ihm nach, bis er am Horizont verschwunden war.
Jetzt stiegen die Reiter und Reiterinnen wieder zu Pferd.
„Es wird gut sein, unsere Tiere jetzt anzustrengen“, sagte Sternau. „Wenn wir die Fährte der Apachen finden wollen, so gilt es, sie noch bei Tageslicht zu erreichen; dann können wir ausruhen. Also Galopp, bitte ich!“
Da setzte sich ‚Bärenherz‘ an die Spitze. Obgleich er kein Wort sagte, wußten nun doch alle, daß diese Gegend ihm bekannt sei und er die Führung daher übernehmen wolle.
So ging es im raschesten Tempo bis zur Mündung des Rio Conchas. Dort wurde über den Rio Grande del Norte gesetzt, und dann ging es in unverminderter Eile weiter.
Eine Stunde nach Mittag wurde den Tieren einige Ruhe gegönnt. Sobald sie sich aber einigermaßen erholt hatten, nahm man den Weg mit gleicher Schnelligkeit wieder auf.
Die Pferde jener Gegenden leisten beinahe unglaubliches. So kam es, daß sie fast bis gegen Abend aushielten, als man die Sierra del Cháñate erreicht hatte.
Da wo diese Sierra mit den Teufelsbergen zusammenstößt, liegt jener Paß, in welchem die französische Kompanie vernichtet worden war. Noch war dieser Paß nicht erreicht, sondern man sah nur die Öffnung, welche er im Westen nach der Prärie bildet, da hielt ‚Bärenherz‘ sein Pferd an und beugte sich beobachtend zum Boden herab.
„Uff!“ sagte er.
Sternau ritt heran und beobachtete das Gras. Es war niedergetreten. Es gab hier eine Fährte, so schmal, als ob nur ein einziger Reiter geritten sei; aber erfahrene Westmänner konnten sich dadurch nicht täuschen lassen.
„Der Weg der Apachen“, sagte Sternau.
„Hier sind meine Krieger geritten“, bestätigte ‚Bärenherz‘, indem sein Auge aufleuchtete.
„Was wird mein Bruder tun?“ fragte Sternau.
„Er wird der Stimme seines Herzens folgen“, sprach der Apachenhäuptling.
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, zog er sein Pferd herum und sprengte im Galopp davon, nach Süden zu, der Fährte nach, welche sich hart am Fuß der Sierra hinzog.
„Wo geht er hin?“ fragte Graf Ferdinande besorgt.
„Er folgt seinen Apachen“, antwortete Sternau.
„Ah, sie sind hier geritten?“
„Ja.“
„Aber wir werden ihn verlieren!“
„Ihn? ‚Bärenherz‘? Unmöglich!“
„Sie meinen, daß wir ihm nachreiten?“
„Nein. Wir werden uns nach dem Fort Guadeloupe begeben, zuvor aber an irgend einem Platz übernachten.“
„Und ‚Bärenherz‘?“
„Lassen Sie ihn! Er ist ein Indianer und kennt unsere Lage. Er wird sich ganz sicher auf irgend einer Weise wieder zu uns finden.“
Dieses Wort beruhigte die anderen, und so ritt man weiter.
Als sie sich der Öffnung des Passes näherten, hielt Sternau an und sagte:
„Hier ist jedenfalls der Übergang über die Sierra. Dies gibt jedenfalls einen Paß, welcher vielleicht länger ist, als wir denken. In einem Paß aber soll man niemals das Nachtlager aufschlagen, da ein Überfall da stets doppelt gefährlich ist. Ich schlage vor, unseren Ruheplatz diesseits zu suchen und nicht jenseits.“
„Aber es ist noch nicht Nacht“, bemerkte der alte Graf.
„Die Nacht würde uns vielleicht im Paß überraschen.“
„Was schadet das? Wer wird uns überfallen?“
„Wir haben gehört, daß die Apachen den Mexikanern, die Comanchen aber den
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