46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Franzosen helfen. Beide stehen sich also als Feinde gegenüber; ihre Gebiete stoßen hier in der Nähe zusammen, und an den Grenzen hat man sich stets am meisten vorzusehen. Ich bleibe bei dem Rat, den ich gegeben habe. Was sagt ‚Büffelstirn‘ dazu?“
„Mein weißer Bruder hat recht!“ sagte der Gefragte einfach.
Bei diesen Worten wendete er sein Pferd zur Seite und sprengte davon.
„Wohin reitet er?“ fragte Emma ängstlich.
„Keine Sorge, Señora“, antwortete Sternau. „Der Häuptling der Mixtekas beweist mir seine Zustimmung durch die Tat. Er geht einfach fort, um einen Platz zu suchen, welcher sich zum Nachtlager eignet.“
„Aber konnte er das nicht vorher sagen?“
„Der Präriemann ist gewohnt, viel zu tun und wenig zu sagen. Warten wir einfach, bis er wiederkommt.“
Sie hielten an und warteten. Bald kehrte ‚Büffelstirn‘ zurück und winkte den übrigen. Sie ritten auf ihn zu, und nun geleitete er sie an eine Einbuchtung der Savanne, welche rings von Büschen so umgeben war, daß man recht gut ein helles Feuer brennen konnte, ohne daß es von anderen bemerkt wurde.
Hier stieg der Häuptling der Mixtekas, ohne ein Wort zu sagen, vom Pferd, ließ sein Tier grasen und schickte sich an, dürre Äste zur Feuerung zu suchen. Dieses wortlose, bestimmte Wesen ist einem jeden guten Jäger eigen. Es macht stets einen tiefen Eindruck auf den Neuling und Unerfahrenen und hat ein unwillkürliches rückhaltloses Vertrauen zur sicheren Folge.
Als die Flamme zu lodern begann, machten es sich die Reisenden im Kreis bequem. Sternau patrouillierte der Sicherheit halber die Umgebung ab und bestimmte dann die Reihenfolge der Wachen, von welcher die Damen natürlich ausgeschlossen waren.
Hier an diesem wohlverwahrten Ort wäre es den Apachen jedenfalls nicht so leicht geworden, die Franzosen zu überfallen und zu vernichten, wie drinnen in der Schlucht des Passes. –
Am anderen Morgen gab es ein ausgezeichnetes, wunderschönes Wetter. Als die Sonne aufging, blitzten die Tautropfen an den Halmen und Blättern wie Abermillionen Karfunkel. Der Himmel war rein, und die Blumen der Erde dufteten ein herrliches Morgengebet zu ihrem Schöpfer empor.
Señor Pirnero hatte sich vom Lager erhoben und wurde von dem schönen Wetter, was bei ihm selten geschah, hinaus vor seine Wohnung gelockt.
Er schritt langsam die kurze Straße hinab, trat durch das Palisadentor und sah nun die Fluten des Puercosflusses vor sich, an welchem Fort Guadeloupe liegt.
Er blickte erst abwärts und dann aufwärts des Wasserlaufes. Während er sich in seiner Weise an der Herrlichkeit des Morgens erfreute, bemerkte er auf dem Wasser unterhalb des Forts einen Punkt der sich langsam näherte. Dieser Punkt war dunkel; er warf auf beiden Seiten glitzernde Strahlen von sich.
„Ah, ein Boot!“ brummte Pirnero verwundert. „Was rechts und links so glitzert und flimmert, das ist das Wasser, welches von den Rudern läuft.“
Er wartete, bis es näher kam. Da nahm sein Gesicht den Ausdruck doppelten Erstaunens an. Er räusperte sich, als ob er vor einem großen Ereignis stehe und brummte weiter:
„Ein Rindenkanu, wie es die Indianer und Trapper haben! Das ist hier eine ungeheure Seltenheit. Es sitzt nur ein Mann darin. Wer mag es sein!“
Jetzt, als das Kanu in größere Nähe kam, bemerkte man erst, daß es eine außerordentliche Schnelligkeit entwickelte. Der Mann, welcher darin saß, mußte nicht nur eine außerordentliche Körperkraft, sondern eine noch viel größere Geschicklichkeit in der Führung eines solchen Fahrzeuges besitzen.
Jetzt war er ganz nahe. Er erblickte Pirnero und lenkte sein Kanu dem Ufer zu. Dort sprang er heraus und zog es mit einem gewandten Ruck aus dem Wasser an das Ufer hinauf. Er war fast ganz unbekleidet. Er trug jetzt nur eine alte, halb zerrissene Hose und eine Weste, an welcher sich keine Knöpfe befanden. Da er ohne Hemd war, so ließ er seine Brust und die braunen, sehnigen Arme vollständig sehen.
Nun aber nahm er einen ledernen Jagdrock und zog ihn an. Dieses Kleidungsstück war allerdings früher ein Rock gewesen, jetzt aber hatte es das Aussehen eines ledernen Schlauches, welcher Jahre lang in einem Teich gelegen hat und jetzt halb faul geworden ist. Dazu langte er sich noch eine Mütze heraus, welche früher einmal ein Hut gewesen zu sein schien; jetzt aber glich sie einem alten, zerfetzten Tabaksbeutel, den man auf den Schädel stülpte.
Im Gürtel trug der Mann zwei Revolver, ein Messer
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