46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
sollte ich das nicht sein? Warum sollte ich Euch die Unwahrheit gesagt haben?“
„Oh, man hat jetzt gar viele Gründe dazu, anders zu sagen, als man denkt. Es ist jetzt allerdings am vorteilhaftesten, entweder ein Franzose oder ein Deutscher zu sein.“
„Ich bin das Letztere wirklich.“
„Dann wundere ich mich allerdings über – über – – –“
„Ihr wundert Euch allerdings über meine Verwunderung, wollt Ihr sagen?“
„Ja.“
„Nun, da gibt es gar keine Verwunderung. Ihr habt nur nicht daran gedacht, daß ein Deutscher noch lange kein Österreicher zu sein braucht.“
„Ah, ist da ein Unterschied vorhanden?“
„Allerdings, und zwar ein sehr großer.“
„So seid Ihr kein Österreicher?“
„Nein. Ich bin ein Bayer.“
„Ein Bavariano.“
„Ja.“
„Oh, dann seid Ihr wohl gar nicht französisch oder österreichisch gesinnt?“
„Fragt, wen Ihr wollt, aber mich nicht! Ich will Euch sagen, daß ich eines jeden braven Kerls Freund bin, er mag nun Franzose oder Hottentotte sein. Ist er aber nicht brav, so mag ihn der Teufel holen. Das ist meine Ansicht von der Sache.“
„Ganz so bin auch ich gesinnt, Señor.“
„Nun, so haben wir ja dieselben Ansichten. Nun fragt es sich, ob die Herren Franzosen und ihre Anhänger sich eben brav gegen Euch benehmen.“
„Oh, Señor“, flüsterte der Wirt, „sie lassen da viel zu wünschen übrig.“
„Ah, wirklich?“
„Ja. Wenn man nur wüßte, daß man Euch Vertrauen schenken darf.“
„Hört, Master, ich bin kein Hundsfott. Merkt Euch das. Ich pflege das, was man mir anvertraut, nicht mit Kanonen in die Welt hinauszudonnern.“
„Das ist es, was ich wünsche. Solche Leute kann man gebrauchen. Also Ihr seid kein Freund der Franzosen?“
„Hört einmal, wir kommen da auf ein schlüpfriges Gebiet. Es gibt jedenfalls unter den Franzosen sehr anständige Kerle; denen wünsche ich alles Gute; was aber die anderen anbelangt, die kann, wie ich bereits gesagt habe, der Teufel holen. Es fragt sich, welche von ihnen sich in Mexiko befinden, die Anständigen oder die anderen.“
„Nun, das werdet Ihr gleich hören. Nennt Ihr es anständig, sich um anderer Leute Sachen, welche einen gar nichts angehen, zu kümmern?“
„Nein, das tun nur die Markt- und Fischweiber.“
„Nun, das tun die Franzosen. Die Angelegenheiten Mexikos gehen sie gar nichts an, und doch machen sie dieselben zu den ihrigen. Nennt Ihr es anständig, Unschuldige zu bestrafen, die Schuldigen aber laufenzulassen?“
„Nein, das tut nur ein Hundsfott.“
„Die Franzosen tun dies. Die Miramon, Santa Anna und ähnliche Gelichter haben unser Land ausgesogen und ungeheure Schulden gemacht. Statt diese nun bei ihnen einzukassieren, bekleben sie Miramon und andere mit ungeheuren Ehren und kommen in das Land, um das unschuldige Volk vollends auszubeuten. Nennt Ihr es ferner anständig, wenn man für einen anderen Gelder erhebt, den größten Teil derselben aber in seine eigene Tasche steckt?“
„Nein, das tut nur ein Lump, ein Gauner, ein Spitzbube.“
„Nun, das haben die Franzosen getan.“
„Unmöglich! Sie marschieren doch an der Spitze der Zivilisation, wie sie selber sagen.“
„Soll ich es Euch beweisen?“
„Tut das, wenn Ihr es könnt.“
„Nun, Miramon hat von einem Geldmann sieben Millionen Francs geborgt und dafür, obgleich er nur drei Millionen bar erhielt, einen Schuldschein über fünfundsiebzig Millionen ausgestellt. Jetzt wollen die Franzosen uns zwingen, diese achtundsechzig oder eigentlich zweiundsiebzig Schwindel- und Wuchermillionen zu bezahlen.“
„Donnerwetter, das ist stark.“
„Ferner haben sie auf Mexiko zwei Anleihen kontrahiert. Fünfhundert Millionen haben sie in ihre eigene Tasche gesteckt, während wir nur vierzig erhielten, von denen aber auch kein Mexikaner einen Pfennig gesehen hat.“
„Da schlage doch der Teufel drein.“
„Ja, wir alle wünschen, daß er recht bald komme und dreinschlage. Und denkt Euch, diese Franzosen kommen in das Land, rechtlos und gewalttätig, und verlangen, daß wir die Kosten dieses Massenspazierganges bezahlen, hunderte von Millionen stark. Dieser gute Emperador Maximilian, welcher ein ganz braver Mann ist, hat sich verpflichtet, diese Summen zu bezahlen, wir aber, wir müssen sie aufbringen. Das Land geht dabei zugrunde.“
„Hm, Señor, ich bedaure Euch. Gewöhnlich pflegt man, wenn man einem armen Teufel auf die Beine helfen will, das Geld mitzubringen, nicht aber es von ihm
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