46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
sprechen?“
„Es ist mir lieb, wenn die anderen dabei sind.“
„Nun gut. Es gibt im Haus eine Seitentür, durch welche ihr eintreten könnt. Ihr geht durch einige Zimmer und gelangt gerade nach dem Korridor, in welchen die Tür mündet, hinter welcher sich die Offiziere befinden. Die beiden Türen liegen einander gerade gegenüber.“
„Dieser Vorschlag hat sein Bedenkliches, mein lieber Freund.“
„Wieso, Señor?“
„Ich wünsche, wenn ich fort bin, nicht, daß man glaube, ich sei noch immer im Gebäude versteckt. Man soll überhaupt keine Ahnung davon haben, daß ich mit den Baulichkeiten vertraut bin. Vielleicht kann ich aus diesem Umstand bedeutenden Nutzen ziehen. Vielleicht ist es mir gar möglich, diese Herrn Offiziere in ihrem Zimmer gefangenenzunehmen.“
„Das ist möglich, oh, das ist sehr leicht möglich, wenn Ihr nur dann auch genug Truppen hättet, die Soldaten in Schach zu halten“, rief der Haushofmeister ganz begeistert.
„Man wird sich das überlegen. Auf keinen Fall aber darf ich das tun, ohne daß ich vorher mit dem Kommandanten gesprochen habe. Zu dieser Unterredung werde ich frei und offen gehen. Aber im Falle, daß man mich festhalten möchte, würde es mir lieb sein, einen Weg zu kennen, auf dem ich schnell verschwinden könnte.“
„Dieser Weg ist da, Señor“, sagte der Hausmeister.
„Gut! Aber wo?“
„Ihr tretet also offen in das Haus ein und verfügt Euch offen zum Kommandanten?“
„Ja.“
„Ihr sprecht mit ihm, seht aber immer darauf, daß Euch der Weg zur Tür nicht verlegt wird, sondern freibleibt.“
„Das wird nicht schwerfallen.“
„Greift man Euch an, so springt Ihr zur Tür hinaus und dreht hinter Euch den Schlüssel um, so daß man Euch nicht folgen kann. Dann tretet Ihr zu der gerade gegenüberliegenden Tür in eine Reihe von Stuben, aus denen Euch eine Treppe an eine Tür führt, welche an der anderen Seite des Hauses liegt. Während man also vorn nach Euch ruft und sucht, entkommt Ihr hinten unbemerkt.“
„Das wäre sehr günstig. Könnte ich die Zimmer vorher betreten?“
„Um Eures Weges sicher zu sein? Ja, gewiß.“
„So muß ich mich also zu Eurem Bruder begeben?“
„Ja. Ich werde Euch begleiten. Zur größeren Sicherheit könnten wir es auch so machen: Ich halte am hinteren Ausgang Wache und bringe Euch ganz glücklich wieder bis hierher. Mein Bruder aber hält Euch das Zimmer offen, durch welches Ihr verschwinden sollt. Da Ihr die Offiziere einschließt, so öffnet er Ihnen dann die Tür und sagt, daß er Euch auf der vorderen Treppe begegnet sei. Ist es Euch so recht, Señor?“
„Ja, so ist es am allerbesten. Wollen wir gehen?“
„Wenn es Euch gefällig ist, ja, Señor.“
Jetzt wendete sich Sternau an Emilia.
„Ist es Euch noch immer angst um mich, Señorita?“ fragte er.
„Immer noch, wenn auch nicht so sehr wie vorher“, antwortete sie.
„Und darf ich wiederkommen?“
„Ich bitte Euch darum.“
„Ich danke Euch! Es wird dies mit aller Vorsicht geschehen, denn es ist besser, die Franzosen erfahren nicht, daß Ihr im Herzen eine Republikanerin seid. Ihr könnt dem Präsidenten vielleicht noch anderweitige wichtige Dienste leisten.“
„Ihr nehmt doch Eure Waffen mit, Señor?“
„Nur die kleinen: Messer, Tomahawk und die Revolver. Die Büchse aber werde ich hier zurücklassen, wenn Ihr es mir erlaubt.“
„Herzlich gern. Und wollt Ihr mir noch versprechen, Euch möglichst zu schonen?“
„Gewiß! Ich bin das mir und noch anderen Leuten schuldig.“
Er ging, und Emilia blickte ihm nach, bis er hinter der Eingangstür zum Vorzimmer verschwunden war. Dann wandte sie sich wieder zurück, wo der ‚Kleine André‘ saß.
„Welch ein schöner Mann!“ rief sie bewundernd aus.
„Ja“, antwortete er neidlos. „Ich habe nie einen ähnlichen gesehen.“
„Wenn er gefangen oder gar getötet würde!“
„Oh, habt um diesen keine Angst, Señora! Der quetscht zehn Franzosen nur mit den Händen tot. Und bei dieser Stärke so gewandt. Er ist die ganze Strecke von Rio grande del Norte aus bis hierher mit mit in einem Atem geritten.“
„Aber Ihr habt den doppelten Weg gemacht, Señor!“ sagte sie, jetzt nun auch an ihn denkend. „Seid Ihr denn nicht krank davon?“
„O nein, Señorita“, antwortete er. „Übrigens hat das gar nicht so viel zu bedeuten. Señor Sternau hat viel mehr Wesens davon gemacht, als es eigentlich wert ist. Mein Ritt ist gar nicht so etwas Großes.“
„Wirklich
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