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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dieser ziemlichen Strecke zu verstehen ist, schöne Señorita“, sagte er. „Señor André traf uns am Rio grande del Norte, also beinahe fünfzehn geographische Meilen von hier, und diese Strecke ist er in neun Stunden, meist bei Nacht, geritten, worauf er sie mit mir in elf Stunden rückwärts nochmals zurückgelegt hat. Das ist eine fast übermenschliche Leistung. Als er uns erreichte, brach sein Pferd unter ihm zusammen. Er hat sich um die Verurteilten den größten Dank erworben. Ohne diese Leistung wären wir nicht imstande, Hilfe zu bringen.“
    Sie hatte den Sprecher ruhig angehört. Jetzt streckte sie André die Hände entgegen.
    „Ich danke Euch, Señor“, sagte sie, indem ihre Augen feucht schimmerten. „Ihr habt bewiesen, daß ein kleiner Mann ein großes Herz haben kann. Ich werde Euch dies niemals vergessen. Aber nun, darf ich vielleicht fragen, welche Anstalten zur Rettung der Bedrängten getroffen werden müssen?“
    Sternau antwortete:
    „Zunächst sind wir vorausgeritten, um Euch zu sagen, daß die Hilfe naht. Das übrige muß sich aus den Umständen ergeben. Ist Euch der Platz genau bekannt, an welchem die Hinrichtung stattfinden soll?“
    „Ja.“
    „Wo liegt er?“
    „Wenn Ihr von der Straße aus, durch welche Ihr in die Stadt getreten seid, dieselbe verlaßt und an der Stadtgrenze hin rechts nach dem Fluß geht, so macht dieser letztere eine Biegung, welche einem Halbkreis gleicht. Das Feld also bildet an dieser Stelle des Flusses eine Art Halbinsel, und diese ist es, auf welcher die Leute erschossen werden sollen.“
    „Ist der Fluß dort tief?“
    „Tief und reißend. Daher beabsichtigen die Franzosen, die Leichen der Erschossenen in das Wasser zu werfen und sie fortschwemmen zu lassen.“
    „Ist es wahr, was Señor André uns von dem Dekret erzählte?“
    „Es ist volle Wahrheit.“
    „So ist für die Gefangenen keine Gnade, keine Nachsicht zu hoffen?“
    „Nicht die mindeste, zumal Oberst Laramel anwesend ist.“
    „Oberst Laramel? Welch ein Mann ist dieser Offizier?“
    „Er ist berüchtigt wegen seiner Grausamkeit und Erbarmungslosigkeit. Er findet ein Vergnügen an der Ermordung der Feinde, er gibt niemals Pardon und könnte mit Recht der Henker der Republikaner genannt werden.“
    „Das genügt!“
    Er sagte nur diese beiden Worte, aber aus seinem Ton klang heraus, was sie aufhorchen und fragen ließ:
    „Wie meint Ihr das, Señor?“
    „Ich meine, daß ich diesen Mann sehen und sprechen werde.“
    „Natürlich nach dem Kampf, wenn er ihn überlebt?“
    „Wahrscheinlich auch vor dem Kampf.“
    „Das wird unmöglich sein, Señor.“
    „Warum? Wird er nicht beim Kommandanten zu treffen sein?“
    „Gewiß. Ich hatte heute alle Ursache, mich genau zu informieren, und habe gehört, daß die sämtlichen Offiziere beim Kommandanten sitzen, um die Stunde der Hinrichtung bei ihm zu erwarten.“
    „Ah, das ist gut! Ich werde sie also alle beisammen sehen.“
    „Wie? Ihr wollt doch nicht hin?“ fragte sie aufs Heftigste erschrocken.
    „Allerdings“, antwortete er ruhig.
    „Das dürft Ihr nicht! Ihr wäret ja verloren!“
    „Das glaube ich nicht. Ich komme ja als Beauftragter von Juarez und darf also freies Geleit erwarten.“
    „Ihr täuscht Euch, Señor! Man wird Euch sagen, daß Juarez ein Verräter sei und Ihr infolgedessen auch. Man wird Euch sagen, daß man weder mit Juarez, noch mit einem Vertreter von ihm unterhandele, da er ein Republikaner, ein Bandit sei. Ihr liefert Euch selbst an das Messer!“
    Da erhob er sich von seinem Sitz, blickte an sich herab und fragte:
    „Señorita, sehe ich etwa aus wie einer, nach dem man nur die Hand auszustrecken braucht, um ihn festnehmen und erschießen zu können?“
    Ihr Blick ruhte mit aufrichtiger Bewunderung auf ihm, indem sie sagte:
    „O nein! Ihr kommt mir vor, wie eine jener Gestalten, von denen uns die alten Heldensagen erzählen. Aber was ist der stärkste Riese gegen eine kleine, heimtückische Flintenoder Pistolenkugel?“
    „Solche Bedenken können mich nicht beeinflussen. Ich habe Juarez mein Wort gegeben, zum Kommandanten zu gehen, und werde es halten.“
    „Aber man wird Euch festnehmen!“
    „Ich werde mich wehren.“
    „Man wird Euch mit erschießen!“
    „Meine Freunde werden dies zu verhindern wissen.“
    „Man wird Euch vielleicht sofort töten!“
    „Meine Freunde werden mich rächen. Übrigens werden erst viele Feinde fallen, ehe es ihnen gelingt, mich zu töten!“
    „So werdet Ihr

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